Modesty Blaise 12: Die Lady läßt es blitzen
Blaise.«
»Ich weiß.« Sie drehte sich zu Danny Chavasse. »Ich kann nicht mehr länger Gastgeberin für dich spielen, Danny. Es tut mir leid, daß ich dir deinen Urlaub verderbe, aber ich habe jetzt viel zu tun. Du kannst gern das Landhaus benützen oder die Villa in Tanger, wenn dir das lieber ist.«
Er stand auf. »Laß mich bitte dableiben und helfen. Wenn die Sache brutal wird, werde ich nicht viel tun können, aber ich werde dich in keiner Weise behindern, und vielleicht könnte ich ganz nützlich sein.« Er sah sie mit einem leichten, ernsten Lächeln an. »Ich habe schon früher für dich gearbeitet, Mam’selle. Es könnte so sein wie früher.«
Sie antwortete ruhig: »Danke. Ich bin froh, jemanden zu haben, der es gewohnt ist, mit mir zu arbeiten, auch wenn es nur um Kommunikationstätigkeiten geht.« Sie blickte auf das Tablett. »Schenk uns Tee ein, Danny. Ich hole jetzt eine Liste von Verbindungsleuten aus meinem Kämmerchen, und dann können wir den Abend mit Telefonaten verbringen. Es gibt zwei Leitungen, wir können uns also die Arbeit teilen.« Er fragte: »Willst du dich nur auf das Inland beschränken?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Zuerst werden wir die hiesigen Kontakte durchgehen, aber ich möchte das Netz weiter spannen.«
Ihr Schlafzimmer war in Hellgrün, Elfenbein und Silbergrau gehalten. Eine der Wandverkleidungen ließ sich öffnen, indem man die Schubladen des Toilettentischchens in eine bestimmte Stellung brachte. Hinter der Wandverkleidung befand sich ein winziger, eineinhalb Quadratmeter großer Raum, der eine Vielzahl von Waffen und anderen Gegenständen enthielt. Auf einer Seite befanden sich Regale mit Reihen sorgfältig beschriftete Ordner. Modesty drehte das Licht an, ließ ihre Hand über eines der Regale gleiten und nahm einen Ordner heraus. Die Spannung war nun von ihr gewichen. Durch eine gezielte mentale Übung hatte sie die Angst verdrängt und aus ihrem Bewußtsein gelöscht.
Sie drehte das Licht ab, schloß die Wandverkleidung und ging zu Danny Chavasse zurück. »Wir müssen es Dinah und Steve sagen«, sagte sie, als sie sich neben ihn setzte und die Tasse Tee nahm, die er ihr reichte.
»Glaubst du, daß Dinah helfen könnte?« fragte Danny. »Ich meine, sie hat mich damals aufgespürt, nicht?«
»Ja, das hat sie getan.« Modesty hielt die Tasse auf dem Schoß und hatte den Blick gesenkt. »Aber das war etwas anderes, es bestand keine emotionelle Bindung. Ich bezweifle, daß sie uns bei Willie helfen kann … aber sie wird es versuchen, Danny. Sie wird es versuchen.«
Die Dohle flatterte im Käfig herum und ließ sich schließlich auf der Sitzstange nieder. Dr. Thaddeus Pilgrim schnitt ein Stück von dem Omelett ab, das nun kalt und zäh war, und schob es in den Mund. »… und natürlich sollte es nicht in irgendeiner Weise als Kritik an jenen ausgelegt werden, deren Geschmack sich von meinem unterscheidet«, sagte er verträumt, »wenn ich meiner Unfähigkeit Ausdruck verleihe, den – äh –
Genuß
zu verstehen, mit dem die Nichtvegetarier Fleisch verspeisen. Ich meine natürlich das Fleisch der niedrigeren Ordnung der Schöpfung.« Irgendwo in den dunklen Gefilden seines Wesens, wo sein wahres Ich beheimatet war, erinnerte er sich flüchtig und heiter an das Fleisch, das er in Ausübung seines Satanskultes rituell verzehrt hatte. Dieser Glaube hatte ihm genauso wenig gegeben wie alle anderen. »Jedenfalls«, fuhr er fort, »ist es dumm, wenn ich den Konvertierten Vegetarismus predige, Mrs. Ram. Lassen Sie uns zum Geschäftlichen kommen, zum Geschäftlichen. Wie hat sich unser Besucher eingelebt? Er ist schon drei Tage hier, nicht wahr?«
Mrs. Ram studierte die Zettel auf ihrem Manuskripthalter. »Ja, Dr. Pilgrim, genau drei Tage, und Dr. Tyl ist mit Fortschritt zufrieden. Das Subjekt war bei Ankunft betäubt, und bis jetzt hat Dr. Tyl sein Narkohypnosesystem angewendet, um vorübergehende, aber vollständige Amnesie herbeizuführen. Als man Mr. Garvin erlaubte, Bewußtsein wiederzuerlangen, sagte man ihm seinen Namen und daß er schwere Gehirnerschütterung davongetragen hätte, während er verzweifelt versucht habe, einen Angriff auf das Leben von Modesty Blaise zu vereiteln. Er hat das akzeptiert, da es in Einklang mit einer für sein Unterbewußtsein durchaus denkbaren Möglichkeit steht.«
»Sie meinen …? Ach ja. Es hätte geschehen können. Bitte fahren Sie fort, Mrs. Ram.«
»Mr. Garvin glaubt, daß der Versuch geglückt ist und
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