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Möbel zu Hause, aber kein Geld für Alkohol: Kreuzberger Szenen (German Edition)

Möbel zu Hause, aber kein Geld für Alkohol: Kreuzberger Szenen (German Edition)

Titel: Möbel zu Hause, aber kein Geld für Alkohol: Kreuzberger Szenen (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Bittermann
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seinem Kinderwagen heraus unverwandt an. Der Berber lächelt verbindlich.
    Na gut, der Witz ist schon mal gründlich krepiert. Die Kuaför-Familie, die den Friseurraum bevölkert hat, verzieht sich schweigend nach hinten in die Privaträume, und mir wird ein bisschen mulmig, denn ich habe das ja schon häufig genug in Filmen gesehen, dass es nichts Gutes bedeutet, wenn Leute schweigend den Raum verlassen und man plötzlich allein ist mit einem anderen Mann, und wenn es nur ein Berber ist.
    Ich setze mich in den Friseurstuhl. Der Berber greift zum Rasierapparat mit zwei Einstellungen und fährt mir damit ziellos über den Kopf. Ich hab ja gesagt, dass es nichts Gutes bedeutet. Danach sehe ich irgendwie rattig aus. Meint jedenfalls Nadja. Ich muss jetzt immer ein paar Meter hinter ihr her laufen, was unsere Kommunikation ziemlich schwierig gestaltet.

Modernes Theater
    Wir gehen ins Theater. Irgendwas Experimentelles im HAU Drei. Im HAU Zwei müssen wir uns erklären lassen, wo das HAU Drei ist. »Wenn wir das HAU Drei nicht finden, können wir immer noch zu Thomas Meinecke gehen«, sage ich aus Spaß. Thomas Meinecke ist groß im HAU Zwei angekündigt. Damit soll es aber nun mal gut sein mit dem Werbespot für das HAU.
    Die Zuschauertribüne des HAU Drei ist so steil wie im Westfalenstadion, was ich sehr gut finde. Die Sicht auf die Bühne ist prima. Und die ist fast so groß wie ein Fußballfeld. Wir werden von drei Schauspielern mit großen Tierköpfen begrüßt, bzw. gucken sie gestenreich zu, wie sich die Zuschauer auf die Sitze verteilen, sie heben entschuldigend die Hände, deuten irgendwohin und tun so, als würden sie sich fragen, was tun die eigentlich alle da. Vielleicht wäre Thomas Meinecke doch die bessere Alternative gewesen.
    Ein Schauspieler verrät zu Beginn die Handlung und erzählt recht ausführlich, worum es geht. Trotzdem verstehe ich das Stück nicht. Einige reden deutsch, die anderen portugiesisch. Wenn portugiesisch gesprochen wird, dann erscheint die Übersetzung oben auf einer großen Pappwand, hinter der die Schauspieler ab und zu verschwinden. Man muss schnell lesen, wenn man alles mitbekommen will, kriegt dann aber nicht so viel vom Schauspiel mit. Das besteht hauptsächlich darin, dass die Schauspieler die gesamte Spielfläche nutzen, indem sie viel hin und her laufen. Wie im modernen Profifußball. Ein richtiges Action-Theater mit Action-Painting und sogar einem Action-Kampf, wenn es sowas gibt. Dabei halten sich die Schauspieler häufig eine Maske vor das Gesicht, grobe S/W-Reproduktionen von Angela Merkel, Bertold Brecht, Che Guevara, Adolf Hitler und Marighella, was ich aber nur weiß, weil ein Schauspieler ein Namensschild schwenkt. Das Stück ist was Unvollendetes von Brecht mit dem Titel »Fatzer«. Der Name gefällt mir. Der würde auch gut zu Fup passen. Ich finde, Spitznamen kann man gar nicht genug haben.

Literatur und Politik
    Eigentlich will ich der Ausstellungseröffnungsrede des Ex- Titanic -Chefs und nunmehrigen Partei-Vorsitzenden Martin Sonneborn in der »Marheinike Markthalle« lauschen, aber da ruft mich mein Anwalt an, weil Martin Walser und der Rowohlt Verlag von mir zwanzigtausend Euro wollen, wenn ich weiterhin behaupte, dass Walser … Tja, das würden Sie jetzt gerne wissen, aber das ist mir ein bisschen zu teuer, und selbstverständlich bin ich für zwanzigtausend Euro bereit, auch das Gegenteil dessen zu behaupten, was ich hier an dieser Stelle leider nicht ausplaudern darf. Mein Anwalt findet, dass ich die Sache auf die leichte Schulter nehme, aber ich kann nun mal niemanden ernst nehmen, der in einem seiner letzten Romane geschrieben hat: »Fickst du mich richtig durch. – Ich ficke dich richtig durch. – Besorgst du’s mir wirklich. – Ich besorg es dir wirklich. – Ist deine Fotze scharf auf meinen Schwanz. – Meine Fotze ist scharf auf deinen Schwanz. – Bist du nichts als eine geile Fotze. – Ich bin nichts als eine geile Fotze …«
    Huch! In welches Fahrwasser bin ich denn da auf einmal geraten? Eigentlich wollte ich nur sagen, dass mich das Gespräch mit meinem Anwalt davon abgehalten hat, Martin Sonneborn zuzuhören. Ich kriege noch mit, dass Martin Sonneborn sich über die Grünen lustig macht, die in Berlin ihren Wählern tausend Arbeitsplätze versprechen. DIE PARTEI hingegen, deren Vorsitzender Martin Sonneborn ist, verspricht, tausend Arbeitsplätze abzuschaffen. Das hört sich gut an.
    Nach seiner Rede fragt mich Sonneborn, ob ich

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