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Möhrchenprinz - Roman

Möhrchenprinz - Roman

Titel: Möhrchenprinz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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denn gewollt hätte. Ich wollte eigentlich gar nicht. Ich hätte alles darum gegeben, dass PS mir von der bevorstehenden Reise erzählt hätte. Aber er vertiefte sich in geschäftliche Unterlagen und ließ mich Filme gucken, wobei mir die Auswahl nicht ganz leicht fiel, weil ich mich beobachtet fühlte.
    Ich mag gut gemachte Actionfilme, in denen die Helden echte Helden sind, aber einen gehörigen Schuss Selbstironie aufbringen können. Diese Leidenschaft ist mir peinlich, deshalb halte ich sie üblicherweise geheim. Außerdem liebe ich rührselige Liebesfilme, bei denen ich allerdings immer heulen muss. Das Heulen ist mir auch peinlich, weshalb ich auch auf diese Art Film lieber verzichtete. Was ich gar nicht mag sind Dramen und alberne Männerkomödien. Die Auswahl war also eher beschränkt.
    Während ich mich noch durch die endlose Liste der Bordunterhaltung klickte, forderte der ungewohnt reichhaltige Alkoholgenuss seinen Tribut: Ich fiel von einem Moment auf den anderen in einen komatösen Schlaf. Im aufrecht stehenden Sitz mit den dicken Schuhen an den Füßen. Entsprechend mies fühlte ich mich dann auch, als ich wieder aufwachte. Meine Füße waren dick und heiß, mein Rücken tat weh und mein Nacken war verdreht und steif. Um mich herum schliefen alle anderen Fluggäste mehr oder weniger geräuscharm. Kein Wunder bei einem Nachtflug. Allerdings ärgerlich, wenn man selbst nicht mehr einschlafen kann. Ich zog die Schuhe aus, ging ins Bad und legte mich ins Bett, das eine bemühte Stewardess für mich umgebaut hatte, während ich mir die Zähne geputzt und mich gewaschen hatte. Dann lag ich wach und starrte an die Kabinendecke, malte mir aus, wie ich PS begrüßen würde, wenn er aufwachte, wie wir gemeinsam durch die Wildnis reisen, an Wasserlöchern in der Abenddämmerung die Tierebeobachten und in romantischen Baumhäusern schlafen würden. Diese wunderbaren Wachträume gingen nach einigen Stunden endlich in echte Träume über, in denen ein gefährliches Tier immer wieder an dem Stamm unseres Baumhauses sägte. Das Geräusch kam von dem korpulenten Herrn in der Reihe hinter mir, dessen Schnarchen im Verlauf der Nacht beängstigende Dimensionen angenommen hatte. Mein Unterbewusstsein war immer schon sehr gut darin gewesen, Geräusche oder Gerüche, die mich umgaben, in meine Träume einzubauen.
    Als ich nach einem unruhigen Schlummer aufwachte, war ich übermüdet und hatte Kopfschmerzen. Die hätte ich schon allein von der schlechten Kabinenluft bekommen, denn Luft aus der Klimaanlage führte bei mir immer zu einem Brummschädel, aber auch die vier oder fünf Gläser Champagner hatten sicher noch dazu beigetragen. Um mich herum waren bereits alle wach, hatten die Betten wieder in Sitze verwandelt und ließen sich das Frühstück servieren. Ich beeilte mich im Bad und bestellte dann Kaffee, Rührei mit Speck, Toast, Orangensaft, Obst und eine Kopfschmerztablette. PS grinste, als er das Tablett sah, das die nette Stewardess vor mir abstellte.
    »Was hast du diese Nacht geleistet, dass du so viel Energie nachtanken musst?«, fragte er.
    Ich zuckte mit den Schultern. Sprechen wollte ich mit vollem Mund lieber nicht.
    Da ich keinen Fensterplatz hatte, bekam ich einen ersten Eindruck von Namibia, als ich aus dem Flugzeug trat. Es war hell. Die Sonne war so intensiv, dass ich die Augen kaum offen halten konnte. In dem Moment fiel mir auch ein, was ich vergessen hatte: Meine Sonnenbrille. Mein Gott, wie konnte man nur so dämlich sein? Alle Passagiereverließen die Maschine mit Sonnenbrillen auf der Nase. Auch PS. Dadurch wurde sein Gesichtsausdruck für mich noch undurchsichtiger.
    Natürlich gab es wieder einen VIP-Service, der unser Gepäck vom Band holte und uns in eine stark klimatisierte Lounge brachte, Champagner (den ich dankend ablehnte) und Fruchtsäfte (von denen ich drei Gläser trank). Wir machten uns nochmals frisch, PS telefonierte mehrmals und lang und dann wurde uns mitgeteilt, dass unser Auto da sei.
    Das Auto war eine Stretchlimousine mit Chauffeur. Wieder lag Champagner in einem Kübel voller Eis, aber jetzt wollte auch PS nichts mehr trinken. In meinem Bauch grummelte der Fruchtsaft.
    »Diese ganzen Enzyme aus der Ananas und der Papaya sind nicht für alle Menschen so gut verträglich«, erklärte PS mir gedankenverloren, nachdem mein Bauch ein lautes, glucksendes Geräusch von sich gegeben hatte. »Hoffentlich bekommst du keinen Durchfall.«
    »Diese Warnung kommt ein bisschen spät«, gab

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