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Möhrchenprinz - Roman

Möhrchenprinz - Roman

Titel: Möhrchenprinz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Tür auf. Die Damentoilette, in der ich mich befand, konnte es vom Luxusfaktor sicher mit dem Bad eines Fünfeinhalb-Sterne-Nobelhotels aufnehmen, aber das interessierte mich momentan überhaupt nicht. Ich wankte in eine der Kabinen, ließ mich auf die Klobrille sinken und hockte dort ungefähr eine Viertelstunde lang, während meine Innereien sich offenbar der Reihe nach verflüssigten und den Körper verließen.
    Als ich endlich wieder aufstehen konnte, war ich in kalten Schweiß gebadet und sah so aus, wie ich mich fühlte: Wievon einem Krokodil gefressen und wegen Unverdaulichkeit wieder ausgespuckt.
    Ich trank etwas Wasser, blieb noch eine Weile im Bad, weil ich nicht sicher war, ob das Wasser drinbleiben würde, und wankte schließlich zurück zu Henks Büro. Es war leer.
    »Die Herren sind essen gegangen«, erklärte mir die Asiatin, die lautlos hinter mir aufgetaucht war. »Sie sollten sich etwas hinlegen. Kommen Sie.«
    Ich hatte Ferienjobs und Praktika in diversen Unternehmen gemacht, die alle einen sogenannten Erste-Hilfe-Raum hatten, in dem auch eine Liege stand. So etwas erwartete ich nun am anderen Ende des Korridors, aber da hatte ich mich getäuscht. Ich wurde in einen Aufzug geführt, wir fuhren nach oben und dann betrat ich den unglaublichsten Dachgarten, den ich je gesehen hatte. Nicht, dass ich besonders viele Dachgärten gesehen hätte, aber selbst ein ausgewiesener Dachgartenexperte hätte hier noch etwas zum Staunen gefunden. Zum Beispiel den Pool, der bis an die Kante des Gebäudes ging, sodass es aussah, als könne man einfach immer weiter in die flimmernde Luft schwimmen. Oder die Palmen, die hier wuchsen, ebenso wie die Bananenstauden, die etwa einen Meter hohe Düne aus rotem Sand oder die Ananas, deren Anblick mir gleich wieder den Magen hob.
    Die Asiatin führte mich in eine Ecke, in der mehrere Sonnensegel über einem Springbrunnen eine schattige Oase bildeten, deutete auf eine Liege, die sich als sehr bequem herausstellte, rückte eine Klingel in Reichweite, und verschwand. Ich schlief fast augenblicklich ein.
    Ich wachte auf, weil mich jemand leicht am Arm zog. Es war Philip, der auf der Kante meiner Liege hockte und mich angrinste.
    »Gut geschlafen?«
    Ich rappelte mich auf, bemerkte den feuchten Fleck auf meiner Wange, wischte mir den Sabber aus dem Mundwinkel und nickte. Tatsächlich hatte ich tief und fest geschlafen. Ein Blick an mir herab zeigte, dass meine Klamotten verknittert waren. Meine Augen waren verklebt und meine Wange fühlte sich an, als hätte sich das Muster des groben Leinenkissens hineingedrückt.
    »Damit hast du den ersten Geschäftstermin dieser Reise ja schmerzlos hinter dich gebracht«, sagte PS.
    »Schmerzlos trifft die Sachlage nicht ganz«, murmelte ich verschämt.
    Er lachte. »Bisher war mir nicht aufgefallen, dass du einen empfindlichen Magen hast. Im Gegenteil.«
    Wenn er darauf anspielte, dass ich futtern konnte wie ein kanadischer Holzfäller nach einem Zwölf-Stunden-Tag, dann hatte er wohl recht.
    »Aber mit Fruchtsäuren und Enzymen haben schon einige Leute Schwierigkeiten gehabt. Man muss sich daran gewöhnen.«
    Ich hatte nicht vor, mich daran zu gewöhnen, sondern wollte Obst in jeder Zubereitungsart meiden, wo immer es ging. Noch so einen Ausfalltag konnte ich mir nicht leisten.
    »Komm, unser Flieger steht bereit. Wir wollen zum Abendessen doch nicht zu spät kommen.«
    Flieger? Schon wieder? Wir waren doch eben erst aus dem Flugzeug gestiegen. Ich seufzte – mein Magen unterlegte den Ton mit einem tiefen Brummen. Erst in diesem Moment bemerkte ich, dass ich riesigen Hunger hatte. Kein Wunder. Ich hatte seit dem Frühstück nichts mehr gegessen und mein Verdauungssystem war vermutlich komplett restentleert.
    »Wie lange dauert es denn noch bis zum Abendessen?«, fragte ich.
    »Vier Stunden etwa.«
    Das würde ich nicht überleben. »Ob ich wohl einen Zwieback bekommen könnte?«, fragte ich leise.
    Philip blickte mich fassungslos an.
    Ich zuckte mit den Schultern. »Ich habe ja heute praktisch noch nichts … jedenfalls nicht bei mir behalten.«
    »Komm, wir fragen Mai.«
    Er nahm meine Hand, was mir eigentlich ganz gut gefiel, mir aber auch peinlich war, weil meine Hände genauso verschwitzt waren wie alles an mir, und brachte mich zurück zu Henks Assistentin. Sie lächelte mich ein wenig herablassend an und besorgte auf Nachfrage einige trockene Kekse, die sie mir mit leiser Verachtung überreichte. Ich dankte mit gesenktem Kopf.
    Am

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