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Mönchsgesang

Mönchsgesang

Titel: Mönchsgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Krieger
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Norbert ab. »Nicht die Perücke ist neu, sondern die Frau.« Er begann laut zu lachen, so dass es von den steinernen Wänden dröhnend widerhallte. Mathäus verdrehte die Augen und verließ das Gästehaus. Er verzichtete darauf, sich bei dem Ritter noch einmal für die Rettung seines Lebens zu bedanken, denn dieser schien sich vor Lachen nicht mehr halten zu können.
    Dietrich stand mit den Pferden bereit; schnaubend begrüßte Julius seinen Herrn. Die Männer hievten sich in die Sättel und begannen ihren Ritt. Das Tor war verschlossen, deshalb ritten sie darum herum. Mathäus wartete auf eine spöttische Bemerkung des Dieners, doch der blieb stumm. Was ist bloß mit dem Jungen los?, fragte sich der Dorfherr. Und was zum Teufel ist los auf Burg Merode? Sie galoppierten durch den Wald, wo die Bäume im herbstlichen Wind träge hin und her schaukelten. Nach einer knappen halben Stunde hatten sie den Ortsrand von Merode bereits erreicht. Hier ließen sie ihre Pferde in einen Trab fallen. Als sie den Hahndorn erreichten, versperrte ihnen eine leicht gebückte Gestalt, die aufgeregt mit den Armen fuchtelte, den Weg. Vor ihnen stand Lazarus, der irre Knecht, der einst vom Blitz getroffen worden war und seitdem ein Leben in geistiger Verwirrung führte.
    Mit schielendem Blick starrte er auf die beiden Reiter, deren Pferde nervös zur Seite tänzelten.
    »Ich grüße dich, Lazarus«, sagte der Dorfherr, sich zu einem freundlichen Lächeln zwingend. »Was gibt's denn?«
    »Gott schwingt seinen Hammer!«, krächzte der Knecht.
    »Tatsächlich? Aber warum sollte er das tun, Lazarus?«
    »Er bestraft die Bösen. Gott schwingt seinen Hammer.« Dietrich schnalzte ungeduldig mit der Zunge. »Geh zur Seite, Lazarus. Wir haben es eilig.«
    »Gott haut die Bösen mit seinem großen Hammer!«, beharrte der vom Schicksal Gebeutelte.
    Mathäus angelte ein Geldstück hervor und warf es Lazarus zu. »Hier, trink bei Leo einen Becher auf unser aller Wohl. Auf dass Gott nicht uns mit seinem Hammer den Schädel zertrümmert.«
    Der irre Knecht fing die Münze mit einer erstaunlich geschickten Bewegung auf, die man ihm aufgrund seiner sonst sehr groben Motorik nicht zugetraut hätte. »Trinken, trinken!«, krähte er und hüpfte davon.
    Mathäus und Dietrich ritten weiter. Sie erreichten schließlich das Torhaus der Burg, wo ein Knecht ihre Pferde in Empfang nahm. Aus seiner Kaschemme stürmte Friedrich, der Kastellan, nervös fuchtelnd auf den Dorfherrn zu. »Gut, dass Ihr da seid!«, rief er schon von weitem. »Frau Elisabeth wartet schon voller Ungeduld auf Euch.«
    Mathäus winkte den Kastellan zu sich heran. »Was in Herrgottsnamen will diese Gewitterziege eigentlich von mir?«, flüsterte er.
    »Oh, es ist etwas Schreckliches geschehen.«
    »Das weiß ich inzwischen auch schon. Würde mir gütigst jemand berichten, was denn so Schreckliches passiert ist?«
    »Folgt mir!« Der Kastellan führte den Dorfherrn durch ein wappengeschmücktes Portal in den Westflügel der Burg. Ein paar aufgeregte Mägde huschten beiseite, um ihnen Platz zu machen.
    »Sind wenigstens die Knechte aus Schwarzenbroich eingetroffen, die ich hierher geschickt habe?«, wollte Mathäus wissen.
    »Wie? Ach, die! Ja, ja. Sie können vorläufig in den Stallungen arbeiten.«
    Sie stiegen eine Treppe empor, durchquerten einen langen Korridor und erreichten schließlich eine Tür, vor der ein bewaffneter Diener Wache hielt.
    »Platz da«, maulte Friedrich und klopfte sachte gegen das Holz der Tür. Nach ein paar Augenblicken öffnete sich diese, und das entrüstete Gesicht einer etwa dreißigjährigen Frau kam zum Vorschein. Elisabeth von Grafschaft, Gattin des Konrad von Merode, war durchaus nicht unattraktiv, doch die harten Züge um ihren Mund verliehen ihr eine unnahbare Strenge.
    »Gut. Verschwindet«, raunte sie dem Kastellan zu, der ihrem Befehl nach einer hastigen Verbeugung Folge leistete. Den Dorfherrn aber winkte sie mit einer flüchtigen Handbewegung hinein.
    Mathäus betrat den Raum; es war das Schlafgemach der beiden Eheleute. Das Erste, was er wahrnahm, war das jämmerliche Stöhnen eines Mannes: In einem wuchtigen Bett, unter einem roten Baldachin aus kostbarer Seide, lag Konrad von Merode. Sein Kopf war mit einem weißen Wickel verbunden, und eine Zofe, die neben ihm kniete, war unablässig damit beschäftigt, seine Stirn mit einem feuchten Tuch abzutupfen.
    »Seht Euch das an«, sagte Elisabeth und deutete auf den Kranken.
    Mathäus versuchte, ein

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