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Mönchsgesang

Mönchsgesang

Titel: Mönchsgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Krieger
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»Dann reite, so schnell du kannst, und frag dich durch. Nicht alle Tage sieht man einen einsamen Reiter, der ein schwarzes Mondkalb bei sich hat.«
    »Jawohl.«
    »Was, wenn man ihn an den Toren der pestverseuchten Stadt abweist?«, gab Friedrich zu bedenken.
    »Dann«, Mathäus kramte eine Hand voll Münzen hervor und reichte sie dem Diener, »bestichst du eben die Wächter.«
    »Kein Problem, Herr.«
    »Wie soll ich dir das jemals danken, Dietrich?«
    Dietrich wich seinem Blick einmal mehr verlegen aus. In diesem Augenblick wurde Mathäus klar, dass der Diener wohl in Kürze auf seine Hilfe angewiesen sein würde – aus welchen Gründen auch immer.
    »Ich mache mich jetzt auf den Weg, Herr!«
    »Gut. Aber sei so nett und reite vorher noch bei der alten Sibylle vorbei. Gib ihr das!« Der Dorfherr wühlte in seinem Gewand und zückte ein zu einem Bündel gebundenes Tuch heraus. »Bitte sie, das für mich zu untersuchen. Sie wird sich denken können, was ich von ihr wissen möchte.«
    Der Diener nickte, griff nach dem Bündel und verließ hastig die Kastellanslaube.
    Friedrich sah den Dorfherrn fragend an. »Seid Ihr sicher, dass der gute Dietrich den Verlockungen der Geldstücke, die Ihr ihm gabt, widerstehen kann?«
    »Ja.«
    »Und Ihr glaubt auch, dass Euer Freund Heinrich die Lösung für Euer Dilemma ist?«
    »Ja.«
    »Paulus kann ihn ausstehen wie Bauchschmerzen.«
    »Das macht nichts. Ich werde Heinrich nach Kloster Schwarzenbroich schicken«, erklärte Mathäus, der sich plötzlich sehr müde fühlte. »Dort soll er einen Verbrecher für mich aufspüren.«
    Der Kastellan pfiff durch die Zähne.
    »Ich bin sowieso mit meinem Latein am Ende. Hier ein Attentäter, dort ein Mönchsmörder – und überall nur vage Anhaltspunkte.«
    »Ich bitte Euch, Mathäus«, sagte Friedrich süßlich, »ein heller Kopf wie Ihr wird doch nicht aufgeben wollen. Wenn ich bedenke, mit welcher Raffinesse Ihr die Mädchenmorde im vergangenen Sommer aufgeklärt habt …« Mathäus lächelte matt. »Überschätzt mich nicht, Friedrich. Den größten Anteil an der Lösung der Fälle hatte mein Freund Heinrich.«
    Der Kastellan hob ungläubig eine Augenbraue. »Wirklich?«
    »Wirklich!« Mathäus erhob sich von seinem Hocker und schritt zur Tür.
    »Wie wollt Ihr nun vorgehen?«, fragte Friedrich, der neugierig hinter ihm hertippelte.
    »Zuerst einmal werde ich nach Hause reiten, denn ich habe Hunger wie ein Bär. Außerdem …«, er seufzte leise, »… außerdem ist mein alter Herr bei mir zu Besuch.«
    »Da hat er sich aber einen denkbar schlechten Zeitpunkt ausgesucht!«
    »Das kann man wohl sagen. Aber vielleicht hat er ja inzwischen sowieso wutentbrannt das Weite gesucht.«
    Draußen ließ Mathäus sich sein Pferd bringen. Ein von zwei Schimmeln gezogener Planwagen, der in den Burghof rumpelte, erregte seine Aufmerksamkeit. Vorne, auf dem Kutschbock, saß neben dem schnalzenden Kutscher ein hakennasiger Mann, der mit unbewegter Miene nach vorne starrte. Die hervorstehenden Backenknochen und ein sorgsam gestutzter Kinnbart verliehen ihm eine strenge Würde.
    »Wer zum Henker ist das denn?«, fragte Mathäus den Kastellan flüsternd.
    »Das ist Meister Cornelius, Medicus aus Düren. Frau Elisabeth hat ihn eigens herbestellt, damit er ihren Gatten behandelt.«
    »Warum lässt sie nicht gleich den heiligen Antonius kommen?« Mathäus schwang sich in den Sattel. Nachdenklich verließ er die Burg über die Brücke des Wassergrabens. Er versuchte, die tausend Fragen, die durch seinen Kopf geisterten, für einen Augenblick zu verdrängen. Außerdem gestand er sich ein, dass er mitnichten hoffte, sein Vater habe das Weite gesucht. Es wäre wie ein Relikt aus seiner Kindheit: Er kommt nach Hause, und Vater erwartet ihn! Nur Mutter – Mathäus empfand es einmal mehr wie einen plötzlichen Dolchstoß – Mutter war tot, ihr Leben unwiederbringlich dahin.
    Mathäus war erleichtert, als er die alte Mähre seines Vaters stumpfsinnig vor seinem Haus stehen sah. Er brachte sein Pferd in den Stall, bevor es irgendwelche Bosheiten aushecken konnte, betrat dann mit klopfendem Herzen die Stube.
    Richmond Dreyling saß am Tisch und sah überrascht auf. In seinen Händen hielt er einen Würfelbecher. Offenbar hatte er versucht, sich die Zeit zu vertreiben. »Sieh da, der verlorene Sohn!« Er mühte sich redlich, seine Freude in Grenzen zu halten.
    »Ich hoffe, du verzeihst mir, Vater. Aber …«
    »Ich weiß, ich weiß: die Pflichten!« Er

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