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Mönchsgesang

Mönchsgesang

Titel: Mönchsgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Krieger
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rüttelte seine Würfel. »Ach, bevor ich's vergesse: Eine seltsame Bauernmatrone war hier und beschwerte sich lauthals darüber, dass ein Schwein mitten in das Backhaus geschissen habe.«
    Mathäus winkte ab. »Bitte, verschon mich damit, Vater. Ich habe im Moment ganz andere Sorgen.«
    »So? Welche denn?«
    Mathäus erklärte ihm in knappen Sätzen die Vorfälle auf Schwarzenbroich und Burg Merode, während er sich am Herd zu schaffen machte. Allerdings verschwieg er ihm, in welcher Gefahr er selbst geschwebt hatte.
    Dreyling schob seine Unterlippe nach vorne. »Alle Wetter! Hier ist ja tatsächlich was los. Und was hast du da am Unterarm?«
    »Verbrannt!«, erwiderte Mathäus lakonisch. Mit einem Suppenkübel und zwei Tellern kehrte er zum Tisch zurück. Die Männer sprachen ein Gebet und begannen zu essen.
    »Ich hoffe, du hast dich nicht allzu sehr gelangweilt, Vater«, bemerkte Mathäus zwischen zwei Löffeln Suppe.
    Dreyling zog eine Schnute. »Es ging so. Das Wirtshaus hier jedenfalls lässt zu wünschen übrig.«
    Sein Sohn sah lauernd auf. »Du warst im ›Carolus Magnus‹?«
    »›Carolus Magnus‹«, lachte Dreyling verächtlich. »Karl der Große würde sich im Grab umdrehen, wenn er wüsste, dass dieser Schuppen nach ihm benannt ist. Und der Wein dort schmeckt nach Jauche.«
    »Und wie ich dich kenne, hast du Leo, dem Wirt, dies auch unmissverständlich klar gemacht.«
    »Warum nicht? Soll ich ihn etwa belügen?«
    Mathäus versuchte seinen Ärger zu schlucken. Er hatte keine Lust auf neue Streitgespräche mit seinem Vater. Stumm löffelte er seine Suppe weiter.
    »Übrigens habe ich auch deine – wie nennst du sie? – Gefährtin kennen gelernt.«
    Fast hätte Mathäus die Suppe wieder ausgespuckt. »Jutta war hier?«, prustete er.
    »Ja. Und das Kind war auch bei ihr.«
    Mathäus sah seinen Vater in einer Mischung aus Unwohlsein und Neugierde an. Doch Dreyling widmete sich gleichgültig seinem Essen.
    »Und?«, fragte Mathäus.
    »Was, und?«
    »Was hältst du von ihr?«
    Der Alte hob seine Schultern. »Was soll ich schon von ihr halten«, gab er unwirsch zurück. »Du musst wissen, was du tust.«
    »Keine Sorge, das weiß ich. Ich hoffe nur, dass du sie nicht mit ähnlichen Nettigkeiten bedacht hast wie den Wirt.«
    »Reg dich ab, Junge. Ich habe ihr keine Schimpfwörter an den Kopf geschmissen.« Er machte eine kurze Pause, bevor er beiläufig hinzufügte: »Und ihren Eltern auch nicht.«
    Mathäus fiel die Kinnlade herunter. »Was soll das heißen?«
    Der Vater sah ihn an, als verstünde er den Sinn dieser Frage nicht. »Ich habe sie besucht in … Na, wie heißt das Nest?«
    »Schlich«, hauchte der Sohn.
    »Genau, in Schlich.«
    »Warum hast du das getan?«
    »Ich wollte sehen, wie und wo das Mädchen lebt, in das mein Sohn sich so unsterblich verliebt hat. Ist das ein Verbrechen?«
    »Abgesehen davon, dass es dich nichts angeht …«
    »Und ob mich das etwas angeht!«, unterbrach Dreyling ihn aufbrausend. Er ließ eine geballte Faust auf den Tisch krachen. »Ich bin mehr als nur dein Erzeuger, ich bin dein Vater, verstehst du? Weißt du überhaupt, was es heißt, eine Familie zu haben und für sie zu sorgen? Weißt du, was es heißt, seinen Sohn in …« Seine Wut stockte.
    »Sprich nur weiter, Vater«, forderte Mathäus ihn mit funkelnden Augen auf.
    »Weißt du, was es heißt, seinen Sohn in einem Nest wie diesem hier versauern zu sehen?«, vollendete er leise und mied dabei den Blick seines Sohnes.
    Mathäus schüttelte resignierend den Kopf. »Warum verstehst du mich nicht, Vater?«
    »Vielleicht muss ich lernen, dich zu verstehen.«
    Dieser leise dahingemurmelte Satz ließ den Sohn aufhorchen. Er mag Jutta, wurde ihm plötzlich klar. Er mag Jutta, und er mag die kleine Maria. Auch Heilwig und Johann haben Eindruck auf ihn gemacht. Allerdings würde er das niemals mir gegenüber zugeben. Vielleicht weiß er selbst noch nicht, dass er sie mag!
    Mit einem Mal verspürte Mathäus ein Gefühl der Gelassenheit in sich aufkeimen. Die Müdigkeit, die ihn eben auf der Burg noch heimgesucht hatte, war wie weggeblasen. Er erhob sich, griff nach seinem Übergewand und grüßte den Vater mit einem kurzen Nicken.
    »Wo gehst du denn jetzt schon wieder hin?«, brummte Dreyling.
    »Ich habe dir ja erzählt, was auf der Burg geschehen ist. Jetzt muss ich den Tatort besichtigen und eine Art Verhör führen.« Er rollte mit den Augen, um dem Vater anzudeuten, wie unerfreulich er diese Pflichten

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