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Mönchsgesang

Mönchsgesang

Titel: Mönchsgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter Krieger
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brandete lauter Beifall auf. Der Rätselmeister aber bat mit erhobener Hand um Ruhe.
    »Scheinbar zweifelt dieser Mann daran, dass es sich um die Knochen des heiligen Petrus handelt«, bemerkte er kühl.
    »Ja, das tue ich. Zeig mal her!«
    Der Rätselmeister reichte ihm widerwillig die Schachtel. »Aber sei vorsichtig damit«, brummte er.
    Heinrich öffnete die Schachtel und sah prüfend hinein. »Diese Knochen sind nie und nimmer tausend Jahre alt«, erklärte er kopfschüttelnd. »Wahrscheinlich stammen sie von einem armen Sünder, den du irgendwo am Galgen baumeln sahest. Und dieser hier …«, er fischte einen dürren Knochen hervor, »… könnte ebenso gut von einem alten Gockel stammen.«
    Schallendes Gelächter breitete sich aus.
    »Wenn das so ist«, rief der Rätselmeister in die Runde, »dann hat er das Rätsel nicht gelöst. Dann hätte er halt sagen müssen, es befänden sich Hühnerknochen in der Schachtel.«
    »Quatsch nicht so dämlich daher!«, maulte ein hünenhafter Steinmetz, der die Schultern eines Ochsen zu haben schien. »Er hat das Rätsel gelöst, nun gib ihm seinen Preis.« Die Blicke der anderen stimmten ihm zu.
    Der Rätselmeister zögerte zunächst. Seine funkelnden Augen schweiften umher. Als er sah, wie der Mann mit der Ochsenschulter eine drohende Haltung einnahm, zückte er den Silbergulden, warf ihn auf den Tisch und verließ mit schnellem Schritt die Wirtsstube.
    Wieder begannen die Männer zu applaudieren. Heinrich bedankte sich mit einem artigen Kopfnicken. Das Schankmädchen warf ihm eine Kusshand zu und klimperte mit ihren Augenlidern. Kurze Zeit später hatte sich das Treiben in der Schenke wieder normalisiert.
    Heinrich trank seinen Bierbecher leer. Der Mann mit dem Ochsenkreuz linste verstohlen zu ihm herüber. Dann wandte er sich an seinen Sitznachbarn, einem blatternarbigen Gesellen mit fehlenden Schneidezähnen, raunte ihm ein paar schnelle Worte zu. Der Blatternarbige nickte grinsend. Gleich darauf erhoben sich die beiden und schlenderten auf Heinrichs Tisch zu.
    »Grüß dich, Meisterrater«, sagte der Hüne.
    Heinrich nickte ihnen zu und seufzte innerlich auf. Er schien zu wissen, was nun folgen würde.
    »Dürfen wir uns zu dir setzen?«
    »Wenn's denn sein muss.«
    Die beiden ließen sich auf einen Hocker sinken. »Wir haben nämlich noch nie einen echten Rheinischen Silbergulden aus der Nähe gesehen«, erklärte der Blatternarbige mit einem gierigen Blick auf die Münze, die immer noch mitten auf dem Tisch lag.
    Heinrich schob sie zu ihm hinüber. »Nur zu«, sagte er matt. »Seht sie euch ruhig an.«
    Die beiden betrachteten das Geldstück abwechselnd von allen Seiten, wiegten es prüfend in ihren Händen und bissen zu guter Letzt hinein. Mit einem schmalen Grinsen schob der Hüne es wieder in die Mitte des Tisches zurück. »Spielst du gern?«, fragte er unvermittelt.
    »Nein!«
    Die beiden Steinmetze wechselten einen spöttischen Blick. »Ein Mann, der nicht gerne spielt«, lachte der Blatternarbige. »Bist du etwa ein Bußprediger?«
    »Nein!«
    »Na also!« Sie zauberten drei Würfelbecher aus ihren Kitteln hervor. Einen davon reichten sie Heinrich. Der aber schüttelte mit dem Kopf.
    »Ich sagte, ich spiele nicht!«, sagte er fest.
    »Ich sagte, ich spiele nicht«, äffte der Hüne ihn nach. »Hast wohl Angst, du könntest verlieren, wie?«
    »Ich habe keine Angst. Ich habe nur keine Lust, mich von euch betrügen zu lassen!«
    Die Steinmetze setzten ein erzürntes Gesicht auf. »Du nennst uns Betrüger?«, riefen sie im Chor.
    In der Schenke wurde es wieder still.
    Heinrich blieb ruhig und streckte eine Hand aus. »Zeigt mir doch mal eure Würfel!«
    »Was willst du mit unseren Würfeln?«, fragte der Blatternarbige schluckend.
    »Ganz einfach, ich will beweisen, dass ihr Betrüger seid!«
    Der Hüne erhob sich gefährlich langsam von seinem Hocker und beugte sich über den Tisch. Mit einer ansatzlosen Bewegung packte er Heinrich beim Kragen. »Das nimmst du zurück, Freundchen, sonst reiß ich dir die Eingeweide raus.«
    Heinrich zuckte mit keiner Wimper. »Lass mich los!«, sagte er ruhig. »Sofort!«
    »Ich sagte, das nimmst du zurück!«
    »Und ich sagte, lass mich los!«
    Die Männer an den Tischen beobachteten die Szene neugierig. Der Hüne war sich seines Publikums bewusst und versuchte, ein unterhaltsames Schauspiel zu inszenieren. Sein Kopf beugte sich noch weiter vor, so dass er sich fast mit dem von Heinrich berührte. »Ich zerquetsche dich wie

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