Mönchsgesang
der Bauern und Knechte hatte sich längst in ein Häuflein Elend verwandelt. Die Bäuerinnen im Hintergrund, allen voran Kunigunde, hatten sich längst aus dem Staub gemacht. Bauer Rudolf machte sich zum Wortführer seiner Genossen, zumindest versuchte er es. »Es … es tut uns wirklich Leid«, stammelte er unbeholfen. Die anderen nickten beschämt.
»Verzieht euch!« Mathäus ließ dumpfen Zorn in seiner Stimme mitschwingen. Die Männer sollten durchaus spüren, dass sie diesmal zu weit gegangen waren. »Habt ihr nicht gehört? Ihr sollt euch verziehen! Oder habt ihr zu Hause nichts zu tun?«
Murmelnd löste sich der Haufen auf.
Mathäus seufzte erleichtert, fasste seinen Vater und Dietrich an der Schulter und schob sie in das Haus zurück.
»Böse Männer?«, wollte die kleine Maria wissen.
Mathäus schüttelte den Kopf. »Nein, nicht böse, Kleines. Nur etwas starrsinnig!«
»Was ist starrsinnig?«
»Starrsinnig? Nun …« Mathäus wiegte sein Kinn. »Starrsinnig ist jemand, der …«
»Jemand, der so ist wie ich!«, erklärte Dreyling zur Überraschung aller mit lauter Stimme. »Zumindest war ich starrsinnig«, fügte er leiser hinzu.
Mathäus sah ihn an wie einen Geist. »Was meinst du?«
Der Vater verschränkte die Arme hinter seinem Rücken und schritt durch die Stube. Vor dem Fenster blieb er schließlich stehen. Er öffnete den Verschlag und sah nachsinnend hinaus. »Ich habe endlich begriffen, dass du hier glücklich bist, mein Sohn.«
Mathäus schluckte. »Trotz halsstarriger Bauern?«, fragte er mit einem ungläubigen Lächeln.
Dreyling schien die Frage seines Sohnes nicht vernommen zu haben. Noch immer starrte er aus dem Fenster. »Und vor allem habe ich begriffen, dass es einen bedeutsamen Grund für dich gibt, hier zu bleiben. Eine Frau wie deine Jutta ist das Beste, was einem Mann passieren kann.« Er drehte sich langsam um und suchte den Blick der jungen Frau, die ihm verlegen zulächelte. Dann wandte er sich wieder an seinen Sohn. »Du wärst ein Idiot, wenn du sie nicht heiraten würdest.«
Maria gefiel das Wort, das ihr da zu Ohren gekommen war. »Idiot, Idiot«, schnaubte sie vergnügt, erntete jedoch ein unwilliges Kopfschütteln seitens ihrer jungen Pflegemutter.
Dreyling war mit seinen Ausführungen noch nicht am Ende. Seine Augen hatten einen fahlen Glanz angenommen. »Ich habe gemerkt, dass ihr füreinander geschaffen seid«, sprach er weiter. »Eure Liebe ist nahezu spürbar. Ihr vertraut euch blind, ihr …«
»Schon gut, Vater«, fiel Mathäus ihm ins Wort. Er befürchtete, die Sentimentalitäten seines Vaters könnten ins Uferlose driften, außerdem war es ihm peinlich, dass in Gegenwart des Dieners solch rührselige Worte fielen. Trotzdem bedachte er den Vater mit einem dankbaren Blick. Dann, um das Thema zu wechseln, packte er Dietrich an der Schulter und fragte ihn: »Und du? Wirst du nun deiner Roswitha folgen?«
Der Diener nickte ernst. »Gleich morgen früh reite ich los, Herr.«
»Bist du dir bewusst, dass dies ein endgültiger Abschied von Burg Merode sein wird?«
»Ja, Herr. Und ich möchte Euch bitten, niemandem über meinen Verbleib Auskunft zu geben.«
Der Dorfherr atmete tief durch. »Keine Sorge, Dietrich. Dein Geheimnis ist bei mir gut aufgehoben. Aber du wirst mir fehlen.«
Dietrich senkte den Kopf. »Es gibt auch noch andere schnelle Reiter auf Burg Merode«, sagte er leise.
»Du hast mich nicht verstanden, Junge. Ich werde nicht nur den Reiter Dietrich vermissen, sondern vor allem den Menschen. Aber sei's drum!« Mit einem stillen Seufzer wandte er sich an Jutta und seinen Vater. »Auch mich treibt's jetzt weiter«, erklärte er. »Zunächst einmal habe ich Frau Elisabeth von Grafschaft eine wichtige Mitteilung zu machen. Anschließend werde ich im Galopp nach Kloster Schwarzenbroich reiten. Betet, dass Heinrich inzwischen nicht selbst ein Opfer des Mordbrenners geworden ist.«
Jutta nickte verständnisvoll. »Wann wirst du zurück sein?«
»Frühestens morgen. Es wird bald dunkel, deshalb werde ich in jedem Fall im Gästehaus des Klosters übernachten. Wartet nicht auf mich.«
Jutta reckte sich zu ihm hoch und küsste ihn auf den Mund. »Bitte, sei vorsichtig«, hauchte sie.
Er versprach es ihr. Dann sah er seinen Vater an. »Bis morgen, Vater. So Gott will«, sagte er.
Dreyling schüttelte den Kopf. »Morgen früh reise ich ab«, erklärte er versonnen.
»Du reist ab?« Mathäus griff fassungslos nach dem Arm des Vaters, als wolle er
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