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Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock)

Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock)

Titel: Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinstorff-Verlag
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in den drei Hochhäusern vier Vorbestrafte ohne Alibi gibt …«
    »Vier plus zwei, wie sich der Lorbass ausdrückte.«
    »Damit spielt er doch auf ein wichtiges politisches Ereignis an? Die Verhandlungen von DDR, BRD und den vier alliierten Besatzungsmächten?«
    »Alliierte Besatzungsmächte hätten Sie vor 1989 nicht gesagt. Zumindest die Sowjetunion hätten Sie ausgeschlossen.«
    »Wir leben aber nach 1989, und das schon eine Weile.« Der Lautverschieber war heute wieder ein wahrer Beckmesser, und witzig wollte er auch sein.
    »Womit soll ich fortfahren?«
    »Mit Pluszwei.«
    Bisher war Barbara ziemlich diszipliniert gefahren und hatte sich an das Tempolimit gehalten. Als sie sich aber der Lichtsignalanlage am Ende des Dierkower Damms näherte und diese auf Gelb umschaltete, um sie zu ärgern, beschleunigte sie. Sie kam mit Karacho um die Kurve, hängte auf diese Weise aber Uplegger ab, denn der stoppte natürlich. Wahrscheinlich hatte er schon Rot, aber bei Gelb hätte er auch gehalten – er konnte einfach nicht vernünftig fahren. Barbara musste jetzt allerdings auch bremsen, denn auf der Vorpommernbrücke leuchtete das grelle Rotlicht des Wagens vor ihr. Sie biss die Zähne zusammen, denn eigentlich war sie zu schnell. Trotzdem brachte sie den Wagen zum Stehen, bevor es krachte.
    »Das war knapp«, sagte Uplegger.
    Barbara ärgerte sich, dass er ihr heikles Manöver mitbekommen hatte, suchte ein schönes letztes Wort und fand sogar ein tiefsinniges: »Knapp ist relativ, mein Bester. Aus dem Makrobereich betrachtet ist ein Zentimeter wenig, aber wenn Sie aus dem Nanobereich kommen, halten Sie ihn für eine Quasi-Unendlichkeit.«
    »Himmel, an Ihnen ist eine Philosophiestudentin verlo-ren gegangen«, frotzelte er. »Und wie einfühlsam Sie – gerade Sie! – über Kleinwüchsige sprechen. Zwerg wäre diskriminierend, aber Nanobereich? Superkorrekt!«
    Bis zum Hof der Dienststelle musste Barbara warten, denn weil sie ihn abgehängt hatte, verweigerte Uplegger ihr wieder einmal die Teilhabe an seinem Herrschaftswissen. Dabei wurde Teilhabe in Deutschland groß geschrieben. Selbst Zwerge hatten ein Anrecht auf Teilhabe, also galt das für Geistesgrößen wie Barbara umso mehr.
    »Bitte, wer ist Pluszwei, bitte, bitte, bitte!«, bettelte sie thea-tralisch, während sie sich der Hoftür näherten.
    »Dombrowskis.«
    »Hä?«
    »Nach Angaben des Lorbass sind sie potenzielle Vorbestrafte«, erläuterte Uplegger. Er öffnete die Hoftür und hielt sie für Barbara auf, die sich mit einem schwerfälligen Knicks revanchierte. »Bei der Revierkriminalstelle lacht man sich tot über sie. Aber Straftat ist Straftat.«
    Sie hatten die altersschwachen Aufzüge erreicht, die ihre Arbeit nur noch unter lautem Ächzen und Stöhnen erledigten – und manchmal gar nicht. Barbara fragte: »Was haben sie denn getan?«
    »Anscheinend sind die beiden Quartalstrinker.« Er drückte einen Knopf, der seit Jahren lose war. »Ich weiß gar nicht, mit welchem griechischen Buchstaben man diese Form des Alkoholismus bezeichnet …«
    »Epsilon.«
    »Es geht bis Epsilon?« Uplegger war wirklich überrascht.
    »Ja. Das phasenweise Auftreten von Kontrollverlust, wie es zum Beispiel auch bei unserem Nationaldichter Reuter vorkam, nennt man Epsilon-Alkoholismus. Quartalstrinken ist nicht korrekt, weil der Erkrankte weder einmal im Quartal saufen muss noch ein ganzes Quartal durchsäuft.«
    »Da haben Sie doch bei Ihrer Therapie was gelernt.«
    »Das habe ich schon vorher gewusst«, sagte Barbara in säuerlichem Ton. »Pascal und Viktoria sind …«
    »Vanessa.«
    »Pascal und Vanessa sind also Quartalssäufer?« Sie grinste.
    »Ab und zu ziehen sie für mehrere Tage um die Blöcke. Manchmal lassen sie die Kinder dann zu Hause, ohne sie zu vernachlässigen, denn irgendwie schaffen sie es gerade noch, sie zu versorgen. Jedenfalls mit Lebensmitteln, nicht unbedingt mit Zuneigung. Gelegentlich nehmen sie die beiden Kleinen aber auch mit auf ihren Fischzug. Denn wenn sie voll im Tee sind, klauen sie. Sie mit ihren fluchtverhindernden Körpermassen – pardon, aber es ist nun mal so – stiehlt, er steht Schmiere. Dreimal ist das bisher vorgekommen, und weil sie quasi zurechnungsunfähig sind, wurden sie stets noch am Tatort festgenommen.«
    Der Fahrstuhl kam nicht. Da Barbara unter keinen Umständen Treppen steigen würde, hämmerte sie auf den Rufknopf.
    »Und was stehlen sie?«
    »Tja, im Grunde genommen wollen sie Geld, um sich noch ein paar Pullen

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