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Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock)

Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock)

Titel: Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinstorff-Verlag
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Leute krachen.« Das kam so freimütig und klang so ehrlich, dass jemand anderes sich damit zufrieden gegeben hätte. Barbara war aber gerade erst warm geworden.
    »Und wenn sie Sex haben?«, wollte sie wissen.
    »Das habe ich noch nie gesehen. Also schon mal ein Küsschen auf dem Sofa, das ja. Aber Sex haben wohl alle im Dunkeln.«
    ***
    Der Ausblick aus dem Fünfgeschosser in der Krusenstern-Straße musste exklusiv sein, vor allem aus den oberen Geschossen. Ohne es zu überprüfen, war es Barbara klar: Zweifellos konnte man über den recht neuen Park an der Warnow und über den Fluss bis zum Seehafen schauen, sah man die dort liegenden großen Pötte, die Frachtschiffe und die Fähren. In der Dunkelheit mussten die zahlreichen Lichter beeindruckend sein.
    Doch Jonas Uplegger und Barbara Riedbiester waren nicht hier, um über Sichtachsen zu spekulieren. Bei der sorgfältigen Prüfung der Kontounterlagen hatte Ann-Kathrin Hölzel entdeckt, dass Lena Schultz noch für eine zweite Wohnung Miete zahlte. Ein Anruf bei der Wohnungsgesellschaft Schmarler Bach hatte genügt, die Adresse zu ermitteln, ein weiterer, um herauszufinden, dass die junge Frau Zweitwohnungssteuer gezahlt hatte.
    Barbara bewegte sich in Richtung Haustür. Am Klingelbrett stand tatsächlich der wenig auffällige Name SCHULTZ.
    Ihre Vernehmung hatte sie rasch beendet, nachdem sie von dieser überraschenden Entdeckung erfahren hatte. Uplegger war während der Fahrt wortkarg gewesen, nur mühsam hatte sie ihm den Wurm aus der Nase ziehen können, der an seiner Leber nagte. So erfuhr sie, dass auch er die Vernehmung von Drewniok abgebrochen hatte. Aus ihrer Sicht war es kein Beinbruch, dass die beiden Befragten damit Zeit zum Nachdenken gewonnen hatten; viele Täter glaubten, mit immer üppiger ausgemalten Lügen Treffer zu landen, zogen damit aber vor allem Nieten.
    Das Klingelbrett hatte eine einheitliche Beschriftung, alle Namen waren in Großbuchstaben und in Arial Fett . Warum nur hatte Lena Schultz eine zweite Wohnung? Wegen der schönen Aussicht sicher nicht.
    Bei KOLLMORGEN passierte nichts, ebenso wenig bei FRIEDRICHS oder A.+K.+M. SZIMBORSKI. Barbara wies auf YILMAZ und meinte, das sei sicher der einzige Türke, der es in Rostock aushalte.
    »Oder Kurde«, bemerkte Uplegger noch, dann summte der Türöffner.
    Familie Yılmaz wohnte im dritten Stock. Das Schild an der Tür enthüllte etwas, das die Versalien am Klingelschild nicht verraten hatten: Der Name wurde mit einem i ohne Punkt geschrieben. Uplegger wusste, dass es sich um ein diakritisches Zeichen handelte, wenn auch nicht, wie man es aussprach. Barbara fand schon dieses Wissen beachtlich.
    Dass in der Wohnung geraucht wurde, ließ sich schon im Treppenhaus vermuten. Als ein Mann von Mitte 40 die Tür öffnete, enstand Gewissheit: An ihm vorbei konnte Barbara in ein blaugerauchtes Wohnzimmer sehen. Uplegger zeigte den Dienstausweis und bat um ein Gespräch. Der Mann nickte, blickte auf die Schuhe und hob zu einer Bemerkung an, aber da hatte Uplegger seine Fußbekleidung schon abgestreift. Schon wieder war Barbara beeindruckt: Es war direkt eine Ehre, mit einem solchen Mann von Welt zusammenzuarbeiten. Weniger ehrenvoll fand sie, dass sie selbst ebenfalls die Schuhe ausziehen musste.
    Herr Yılmaz führte seine Besucher in das verräucherte Zimmer, in dem eine Couchgarnitur, eine Schrankwand und ein Fernsehgerät standen, vor dem Fenster aber auch ein Schreibtisch und rechts davon ein großes, vollgestopftes Bücherregal, sodass man von einem Wohnarbeitsraum sprechen konnte. Yılmaz, in dessen dunkle Krause sich viel Grau geschlichen hatte und dessen Gesicht ziemlich faltig war, bot ihnen Platz an. Doch Barbara machte erst einmal eine – wenig höfliche – große Runde durch das Zimmer, damit sie auf den Schreibtisch schauen konnte. Was ihr sofort ins Auge fiel, war ein Arabisches Wörterbuch für die Schriftsprache der Gegenwart .
    »Sind Sie denn Araber?«, fragte sie neugierig.
    »Aber nein, ich stamme aus der Türkei. Aus Şanlıurfa im Südosten der Türkei. Eine Provinzhauptstadt. Die Provinz heißt auch Şanlıurfa. Darf ich Ihnen etwas anbieten? Tee? Kaffee?«
    »Sie müssen sich keine Umstände machen«, sagte Uplegger.
    Yılmaz lächelte. »Die macht sich meine Frau.«
    »Ich würde einen Kaffee nehmen«, sagte Barbara.
    »Und Sie?«
    Auch Uplegger wollte Kaffee. Yılmaz verließ das Zimmer, man hörte ihn mit jemandem sprechen, und nach einer Minute war er wieder

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