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Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock)

Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock)

Titel: Mörder im Chat - Ostsee-Krimi : (Aus Rostock) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hinstorff-Verlag
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große Wut sitzen, die jederzeit an die Oberfläche brechen konnte. Uplegger fragte sich manchmal, wie viele Dauergereizte und Dauerwütende wohl durch Deutschlands Straßen laufen mochten. Aber eigentlich wollte er darauf gar keine Antwort.
    Bei der Konfrontation mit dem Foto der Ermordeten war Drewniok erbleicht. Sollte das auf eine Wunde deuten, dann stocherte Uplegger seit geraumer Zeit in ihr herum, zeigte wieder und wieder das Bild, wollte immer wieder »die Wahrheit« wissen. Doch Drewniok hielt sich bedeckt. Er behauptete, Lena Schultz nicht zu kennen, und seine Blässe begründete er mit einer plötzlichen Übelkeit, verursacht durch den Alkohol am Vorabend. Uplegger bohrte weiter. »Sie sind doch, wenn ich das so sagen darf, ein geschulter Trinker. Dann kennen Sie doch bestimmt das vielgerühmte Heilmittel.«
    »Morgens anfangen, wo man abends aufgehört hat?« Drewnioks Augen wurden schmal. »Riecht man was?«
    »Nein, nein. Aber das ist doch sicher Ihre Methode, oder? Wer mag schon Würgen und Übelkeit auf nüchternen Magen …«
    Drewniok fiel ihm ins Wort: »Das nennt man Trocken-kotzen.«
    »Oh, das wusste ich nicht, danke. Also Trockenkotzen, klar, das hat man nach dem Aufstehen. Aber wenn man zwei, drei Flachmänner einpfeift«, Uplegger dachte an die Dampframme , »dann geht es bergauf, stimmt’s? Wieso sollte Ihnen dann jetzt noch schlecht werden?«
    »Vielleicht, weil ich Nachschub brauche?« Allmählich überzog sich Drewnioks Gesicht mit Röte. Offenbar war es Wut gewesen, die seine Augen verschmälert hatte – Uplegger sah sie deutlich an die Oberfläche kommen. Sein Ziel, den Mann so weit zu bringen, dass er etwas Unüberlegtes von sich gab, schien näher zu rücken. Noch bevor er zu einer neuen gebetsmühlenartigen Fragerunde ansetzen konnte, platzte Drewniok heraus: »Zum letzten Mal, ich kenne dieses Mädchen nicht. Sie sagen, dass Sie im Nebenhaus wohnt? Okay, auf der Straße sind wir uns vielleicht einmal begegnet, aber ich kann mich nicht daran erinnern. Und mehr habe ich nicht dazu zu sagen.«
    »Nun, gut.« Upleggers Finger spazierten über die Aktenberge, während er seine Aufzeichnungen überflog. »Wechseln wir das Thema. Regi, Dieter, Würstchen, Carol, Mäckie gehören zum Kern Ihres Freundeskreises; so will ich das mal ausdrücken.«
    »Mittelpunkt!«, entgegnete Christian Drewniok.
    »Bitte?«
    »Ein Kreis hat einen Mittelpunkt und keinen Kern.« Dumm war er also doch nicht, der Herr Gewalttäter. Und er hörte genau zu.
    »Okay, zum Mittelpunkt Ihres Freundeskreises. Haben diese Menschen auch richtige Namen?«
    »Sicher.« Drewniok lehnte sich entspannt zurück. Jetzt hatte er wieder Oberwasser.
    »Und lüften Sie dieses Geheimnis?«
    »Regi zum Beispiel heißt Reginald.«
    »Und weiter?«
    »Den Nachnamen weiß ich nicht.«
    »Aber ich.« Uplegger öffnete eine Akte, überflog das Inhaltsverzeichnis und schlug die Seite 122 auf. Dort begann der Bericht der Lichtenhäger Revierkriminalisten. »Reginald Burwitz, wohnhaft Turkuer Straße 28. Mäckie, das ist wohl Martin Mack aus der Rigaer 11?« Drewniok zuckte mit den Achseln. »Ach, jetzt kommt wieder die Nummer, dass man Ihnen alles aus der Nase ziehen muss? Ich denke, Sie wollen schnell Nachschub holen?«
    »Na, gut.« Er machte aus den fünf Buchstaben zwei sehr lange Wörter. »Ob Reginald so heißt, keine Ahnung. Aber mit Mäckie haben Sie Recht: Martin Mack. Wer war noch gefragt? Ach so, Würstchen. Der heißt Frantz. Frantz mit tz. Vorname Jürgen. Carol heißt Carol Berger. Und dann?«
    »Dieter.«
    »Der hat einen tollen Nachnamen, echt! Der heißt Erd-vogel.«
    »Ach?« Uplegger horchte auf und schaute in die Akte. Dieser Name tauchte bisher nicht auf.
    »Ja, genau: Dieter Erdvogel. Der hat so richtig ’n Haufen Ärger am Hacken. Dank den Bullen … Entschuldigung! Dank der Polizei.«
    »Ich weiß. Sein Sohn wurde wegen vierfachen Mordes verhaftet.« Dass er selbst es gewesen war, der den Jungen festgenommen hatte, verschwieg er.
    »Ja, ’ne wirklich schlimme Sache, aber das wissen Sie bestimmt. Und dann ist dem Dieter auch noch seine Frau abgehauen. Die konnte das alles nicht mehr aushalten: keine Arbeit, Suff, Sohn im Knast. Sie ist zu einer Freundin oder Schwester. Weiß der Fuchs, jedenfalls nach Sachsen. Leipzig, genau! Und da ist sie dann vor’n Zug gehopst …«
    Es traf Uplegger wie ein Schlag in den Magen, sein Herz verkrampfte. Den Impuls, sofort aufzuspringen, konnte er unterdrücken, aber er musste

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