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Moerder Im Gespensterwald

Moerder Im Gespensterwald

Titel: Moerder Im Gespensterwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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Uplegger ging die Aufforderung zum Eintritt in diese Organisation vorbei, er war seit Jahren Mitglied.
    Vor einigen Minuten hatte er Pagels von der Pforte abgeholt, denn der Bereich der Mordkommission war für den Publikumsverkehr gesperrt, und weder Zeugen noch Beschuldigte durften sich hier unbegleitet aufhalten. Zum ersten Mal hatte er Pagels sozusagen in Zivil gesehen, und er war erstaunt darüber, dass der junge Mann nicht Tarnhosen, Springerstiefel und einschlägiges Kapuzenshirt trug, sondern einen grauen Anzug mit hellblauem Oberhemd. Zwar pflegten manche Vorgeladene durchaus, sich in ihren Sonntagsstaat zu werfen, aber das waren zumeist ältere Menschen – Barbara nannte sie gern Bürger alter Schule – aber dieser Jüngling hier?
    Während sie der Fahrstuhl in die Höhe rüttelte, fragte er nicht ohne ironischen Unterton, ob Pagels später in ein klassisches Konzert wolle.
    »In so was geh ich nicht«, wurde ihm beschieden. »Mein Bruder feiert heute seinen Junggesellenabschied. Im OSTeRIA , der Edelkneipe vom Radisson Blu . Er besteht auf anständigen Klamotten.« Pagels betrachtete die Anzeige auf dem Tastenfeld und fügte verächtlich hinzu: »Itakerfraß!«
    »Mögen Sie nicht?«
    »Gibt zu viel davon. Überall Spaghettis, Griechen, Fidschis … Deutsche Küche muss man suchen.«
    »Ihr Bruder hat mit der Kameradschaft Mecklenburger Heimatschutz wohl nichts am Hut?«
    »Der ist SPD, Mann! Und echt überzeugt von diesem Scheiß. Hat sogar beim Wahlkampf mitgemacht.«
    »Dann müssen Sie ihn ja als einen der Ersten aufknüpfen.«
    Mit einer heftigen Erschütterung kam der Fahrstuhl zum Stehen, und die Türen öffneten sich.
    »Sie kapieren’s nicht, oder?« Pagels stieg aus, Uplegger folgte sofort. »Ich knüpfe niemanden auf. Wir sind nur bei Kinderschändern für die Todesstrafe.«
    »Wir sprechen gleich darüber.« Uplegger deutete in einen langen Flur. Für die Todesstrafe bei Kinderschändern waren nicht nur nationale Sozialisten, sondern jeder zweite Stammtisch. Irgendwo hatte er schon NPD-Aufkleber gesehen, die sie forderten und damit zweifellos allgemeinere Sympathien gewinnen wollten. Noch stand der Rechtsstaat davor, aber der war bekanntlich eine sehr empfindliche Sache, die schnell zusammenbrach, wenn die Volksseele kochte. Alles schon dagewesen, dachte Uplegger, man konnte nur hoffen, dass sich in diesem Fall die Geschichte nicht wiederholte, nicht einmal als Farce.
    Auf dem Flur betrachtete Pagels schweigend die abblätternde Wandfarbe und die abgestoßenen Türen, und VR 2 schien ihn regelrecht zu erschüttern, denn er schüttelte den Kopf. Vielleicht, aber so viel Geist traute Uplegger ihm nicht zu, würde er seinen Kameraden demnächst eine bessere Ausstattung der dann völkisch-nationalen Polizei als Kampfziel vorschlagen.
    »Nehmen Sie Platz!« Uplegger nahm rasch die Akte an sich, die er schon auf den Tisch gelegt hatte, Pagels setzte sich. Er öffnete das Jackett und schlug die Beine übereinander.
    »Wir kauen noch einmal den gestrigen Tag durch«, kündigte Uplegger an.
    »Da gibt es nicht mehr viel zu sagen.«
    »Herr Pagels, das meinen Sie!«
    Elina Gundlach hatte ein Glas Wasser getrunken, die von Uplegger beschafften Baguettes aber nicht angerührt. Dass der Aufenthalt in der Rechtsmedizin ihr zugesetzt hatte, verrieten ihre gekrümmte Haltung ebenso wie der verzweifelte Blick: Jetzt, da sie die Leichen gesehen hatte, musste sie den Tod ihrer Angehörigen unwideruflich akzeptieren. Barbara wollte die Vernehmung so kurz wie irgend möglich machen, also legte sie gleich los und bat die Frau, sich möglichst vieler Einzelheiten ihrer Reise zu erinnern: »Gab es etwas Auffälliges oder Ungewöhnliches?«
    Elina überlegte, Barbara schenkte ihr Wasser nach. Nach einer Weile sagte sie: »Mir fällt nichts ein.«
    »Wann sind Sie denn aufgebrochen?«
    »På tisdag. Dienstag. Ganz früh, vier Uhr.« Ein kurzes, liebevolles Lächeln: »Maj war noch ganz müde. Robert musste sie zum Wagen tragen. Da konnte sie weiterschlafen … hätte sie können, aber dann wollte sie doch gucken.«
    »Und wie fuhren Sie?«
    »Immer E 4. Über Södertälje, Nyköping, Norrköping, Linköping, Jönköping, Helsingborg, Malmö.«
    Für Barbara waren das alles böhmisch-schwedische Dörfer, aber vor allem verwirrte sie die Aussprache, wurde doch das K vor dem Ö als stimmloses Ch gesprochen.
    »Und Sie fuhren bis …«
    »Wie?« Frau Gundlach war nicht bei der Sache. »Ja, ach, Trelleborg.«
    »Wie

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