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Moerder Im Gespensterwald

Moerder Im Gespensterwald

Titel: Moerder Im Gespensterwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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ins Gestern ist? Ich fühle mich nämlich wie ein Stück Gestern. Nein, ein Stück Vorgestern. Seit der Wende werde ich mit DDR-Literatur überschüttet. Mit Friede im Osten und Kippenberg könnte ich einen ganzen Winter heizen, wenn ich noch einen Ofen hätte. Puh, das war aber auch schlechtes Zeugs!« Er schüttelte sich. »Na, was kann ich heute für Sie tun?«
    »Es handelt sich wieder um Münzen.«
    »Wie schön!« Er strahlte wie ein Kind. »Münzen, neben Büchern und Platt meine dritte Leidenschaft! Früher gehörten auch die Frauen dazu, aber … Je älter man wird, desto jüngere Frauen möchte man, aber die Deerns nehmen nur Männer mit Geld. Geld macht jung, wussten Sie das? Ein Achtzigjähriger mit Porsche ist viel jünger als ein Zwanzigjähriger mit Golf.«
    »Sie sind doch nicht 80!«, rief Barbara.
    »Nee.« Er lächelte spitzbübisch. »Ich bin die Generation 80+. Kurzum, 82.«
    »Glaub ich nicht.«
    »Danke. Solange ich den Laden habe, egal wie schlecht er läuft, kann ich nicht sterben. Ich werde eines Tages verschrumpelt sein wie eine Riesenschildkröte, aber ich werde immer noch hier sein. Die alten Bücher, die halten mich frisch. Was für Münzen?«
    »Leider habe ich keine Originale.« Barbara zog die Bilder aus der Tasche und reichte sie dem Antiquar. Der betrachtete sie ausgiebig mit gerunzelter Stirn, schüttelte dann den Kopf.
    »Schwierig«, sagte er. »Sie hätten mir die Münzen bringen sollen.«
    »Das kann ich nicht. Und ich darf Ihnen nicht sagen, warum.«
    »Nun, ja. Dieser Haufen da auf dem Sprelacart-Tisch, was ist das? Ein Schatz?«
    »Ein Hortfund.«
    »Teilweise schlechter Zustand. Vielleicht hilft eine Lupe. Aber dieser Abdruck, den erkenne ich sofort. Das ist ein Wismarer Dukat von siebzehnhundert und ein paar Zerquetschte. Warten Sie!« Hübner verschwand in seinem Gelass. Barbaras Herzschlag verstärkte sich. Auf jeden Fall befand sich Wismar näher an Lübeck als Stralsund.
    Während Hübner nach der Lupe suchte, stöberte sie ein wenig. Sie stieß auf mehrere grünlich-graue Wälzer im Zeitungsformat, und als sie einen Deckel anhob, erkannte sie, dass es sich um eingebundene Ausgaben der Ostsee-Zeitung aus dem Jahr 2005 handelte. Ein Stempel verriet, dass sie aus dem Besitz eines Dipl.-Journalisten namens Hans-Peter Schöler stammten, und sie glaubte sich zu erinnern, dass er vor Jahren Lokalreporter des Blattes gewesen war. Vielleicht war er inzwischen gestorben oder hatte sich von seinem Privatarchiv getrennt, weil ihn die Karriere an einen anderen Ort oder zu einem anderen Blatt verschlagen hatte.
    Hübner kehrte mit ein paar Münzkatalogen zurück und legte sie auf einen Berg alter Schulbücher, deren Gipfel eine Kurze englische Sprachlehre bildete, mit der auch Barbara gelernt hatte. Einen Katalog behielt er in der Hand, blätterte in ihm, nickte vor sich hin.
    »Hier!«, rief er schließlich. »Dukat von 1743, geprägt unter Friedrich I. von Schweden. Drei Komma vier vier Gramm Gold. Verziertes Stadtwappen und gekrönter Doppeladler. Nur etwa 594 Exemplare geprägt.« Er nahm einen weiteren Katalog, blätterte erneut. »Es war die letzte Dukatenprägung der Stadt, ausgegeben anlässlich einer Huldigung Wismars für den Schwedenkönig am 4. Dezember 1743. Die Stempel fertigte der Goldschmiedemeister Johann Friedrich Rahm.«
    »Was ist er wert?«, wollte Barbara wissen.
    »Na ja, meine Kataloge sind nicht die neuesten. Hier steht: 5000 Mark. Sie könnten sich an ein Münzauktionshaus wenden.«
    »5 000 D-Mark, das wären ungefähr 2 500 Euro?«
    »Mark der DDR!«
    »Oh, dann sind die Kataloge ja selber Antiquitäten.« Barbara musste grinsen. »Trotzdem schönen Dank. Mit den anderen Fotos können Sie wirklich nichts anfangen?«
    »Wenn Sie mir etwas Zeit geben … Ich finde meine Lupen nicht. Sie sehen ja, wie es bei mir aussieht. Viel Hoffnung kann ich Ihnen aber nicht machen.«
    »Es eilt nicht so sehr, außerdem werde ich den Tipp mit dem Auktionshaus aufgreifen. Oder ich schaue ins Internet; ich weiß ja jetzt, was ich suchen muss: Wismarer Dukat von 1743.«
    »Gibt es ein Buch, mit dem ich Ihnen eine Freude machen kann?«
    Barbara nickte. »Ich nehme die Kurze englische Sprachlehre . Was kostet die?«
    »Einen Euro.«
    Barbara gab drei. Dafür wurde sie gezwungen, die Zeitungsbände mitzunehmen. Keine Widerrede half, Hübner bestand darauf, da sie sich doch, wie er sich noch erinnerte, für Geschichte interessiere. Barbara wies ihn nicht darauf hin, dass es

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