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Moerder Im Gespensterwald

Moerder Im Gespensterwald

Titel: Moerder Im Gespensterwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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sich um ältere Geschichte handelte und ihr Interesse im
19. Jahrhundert endete. Nun besaß sie also alle Ostsee-Zeitungen aus dem Jahre 2005 und musste sich ein Taxi rufen.
     
    Uplegger hatte die Dünnfelder-Villa fast erreicht, als jemand nach ihm rief. Sich umdrehend, sah er Weidemann gemächlichen Schrittes näherkommen. Ein weiterer kleiner Aufschub vor dem traurigen Gespräch mit den Eltern.
    »Es gibt nur einen einzigen Hummer-Fahrer in Nienhagen«, sagte der Doberaner Polizist. »Ulf Jähnicke, Baujahr 1958 und vor kurzem 54 Jahre alt geworden. Ich hätte es eigentlich gleich wissen müssen …« Er zuckte mit den Schultern und tippte sich zugleich an den Kopf. »Dieser Jähnicke ist bekannt dafür, dass er häufiger die Polizei ruft, meist wegen Ruhestörung. Wenn in seiner Nachbarschaft die Flöhe husten, wählt er bereits die 110. Außerdem klagt er gern. Vor vier Jahren haben seine unmittelbaren Grundstücksnachbarn abends gegrillt. Er fühlte sich vom Rauch und von den Gesprächen belästigt, also griff er zum Telefon. Vier Kollegen rückten an, mit zwei Streifenwagen, weil er offenbar extrem übertrieben hatte. Aber es war noch nicht einmal zehn Uhr, da hatten sie keine Handhabe zum Eingreifen; außerdem schätzten sie die Belästigung als gering ein. Dieser Jähnicke wurde so wütend, dass er sich hinreißen ließ zu sagen: ›Bei euch geht es ja zu wie bei der Gestapo!‹ Alle vier Kollegen stellten Strafantrag, und er bekam einen Zahlungsbefehl über 400 Euro. Den focht er an. Er glaubte sich tatsächlich durch das Recht auf freie Meinungsäußerung gedeckt. Das Amtsgericht bestätigte die Strafe, er ging in Berufung,
also: Verhandlung vor dem Landgericht. Dort erließ man ihm 100 Euro, bestätigte aber ansonsten das Urteil. Anstatt endlich Ruhe zu geben, reichte Jähnicke Verfassungsbeschwerde ein. Die wurde nun aber abgeschmettert. Weil er 400 Euro nicht zahlen wollte, stand er am Ende vermutlich mit dem Zehnfachen da!«
    »Er hat offenbar einen schlechten Anwalt.«
    »Er hat gar keinen. Ein Mensch wie er hat immer Recht, wozu braucht er da einen Anwalt? Momentan klagt er wohl gegen die Gemeinde, aber ich weiß nichts Genaues.«
    »Ein notorischer Querulant«, meinte Uplegger nachdenklich. »Ich frage mich, wie so jemand einen Waffenschein besitzen kann?«
    »So etwas frage ich mich längst nicht mehr.«
    »Na, gut. Oder schlecht. Was ist er von Beruf?«
    »Fischer.«
    »In Nienhagen?«
    »Ich weiß gar nicht, ob es hier noch welche gibt. Nein, in Warnemünde.«
    »Fischer also. Ich dachte immer, denen geht es wirtschaftlich nicht gut? Wie mag er sich ein so teures Auto leisten können?«
    Weidemann zuckte abermals mit den Schultern. »Vielleicht vermietet er. Das macht in Nienhagen doch jeder, der noch ein Kabuff über hat.«
    »Ob Sie das für mich herausfinden könnten?«
    »Aber gern.« Weidemann war sichtlich stolz, in die Ermittlungen eines Mordfalles einbezogen zu werden.
    Uplegger dankte ihm, dann wischte er sich unsichtbare Fusseln von seinem Jackett und atmete ein paar Mal tief durch. Schließlich klingelte er. Fast sofort erklang eine Männerstimme. Dünnfelder.
    »Uplegger von der Kripo.«
    Es summte, der Kommissar schob das Tor auf. Langsam ging er auf die Haustür zu, in der Dünnfelder erschien. Karinas Vater sah nicht mehr so smart aus wie bei der ersten Begegnung; er trug eine Trainingshose, ein weißes T-Shirt mit einem Fettfleck auf der Brust und Sandalen mit Klettverschluss. Tiefschwarze Augenringe zeugten von einer durchwachten Nacht.
    »Haben Sie etwas?«, fragte er sofort. Unpersönlich. Nicht Karina, nicht meine Tochter, sondern etwas.
    »Können wir hineingehen?«
    »Natürlich.« Dünnfelder übernahm die Führung und geleitete seinen Besucher wieder ins Arbeitszimmer, wo er sich auf die Ledercouch fallen ließ. Uplegger machte ein paar Schritte, ging auf die Pinnwand zu, studierte den Spruch.
    »Ist nur ein Gag«, rechtfertigte sich Dünnfelder. »Ich meine das natürlich nicht ernst. Aber als Steuerzahler fühle ich mich schon manchmal von all den Faulpelzen ausgenutzt, die gemütlich von Transferleistungen leben.«
    »Na ja, gemütlich? Und wenn man wirklich keine Arbeit findet?«
    »Ach, was! Wer will, findet welche. Aber die Leute sind zu anspruchsvoll. Der Weg ist zu weit, das Wetter zu schlecht, der Chef zu fordernd, die Kollegen sind gemein … Lamento, Lamento!«
    Uplegger zeigte auf die Bücherwände. »Sie lieben die Antike?«
    »Und ob! In meinem nächsten

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