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Moerder Im Gespensterwald

Moerder Im Gespensterwald

Titel: Moerder Im Gespensterwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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ihre Kindheit erinnerte sich Barbara nicht gern.
    »Und, war die DDR nun eine Diktatur?«
    »Diktatur des Proletariats, das haben wir doch in der Schule gelernt. Im Übrigen mögen das die Historiker beurteilen. Hat Eidsvag selbst auch von seiner Vergangenheit erzählt?«
    »Kaum. Er meinte immer, das Leben im demokratischen Sozialstaat Norwegen wäre todlangweilig. Allen ginge es so gut, dass sie am liebsten von morgens bis abends saufen würden vor lauter Glück. Die einzige Abwechslung würde darin bestehen, einander zu bespitzeln und zu denunzieren. Wenn mal einer mit seinem Boot auf einen See rudert und dabei ein Bier trinkt, wird er sofort von den Nachbarn angezeigt, weil das verboten ist. Magnus hat gesagt: In Norwegen ist fast jeder ein informeller Mitarbeiter des Staates, freiwillig und ohne Verpflichtungserklärung. Und ich dachte immer, es wäre schön da.«
    »Damit ist wohl die Landschaft gemeint.« Barbara lenkte das Gespräch zurück: »Hat Eidsvag seine Vorstrafe erwähnt?«
    »Seine was?«
    »Er hat ein paar Jahre Haft hinter sich.«
    »Quatsch!« Das kam dermaßen überzeugt, dass Barbara annahm, der Mann hege väterliche Gefühle für den jüngeren Künstler.
    »Überhaupt nicht. Er wurde wegen Verkaufs von gefälschten Kunstwerken verurteilt. Nicht als Hehler, die Fälschungen hat er selbst angefertigt.«
    »Ach, deshalb.« Ihm war anzusehen, dass ein gewaltiger Groschen fiel. »Magnus hat mir erzählt, dass er versucht hat, wie Munch zu malen. Ich habe ihn gefragt, warum man so etwas macht. Als künstlerische Übung. Das Kopieren großer Meister gehört wohl sogar zur Ausbildung. Man lernt dabei Techniken … Farbe, Komposition … Ich weiß nicht mehr genau, ist ja schon lange her.«
    »Haben Sie Werke von ihm gesehen?«
    »Ja, was er hier gemacht hat. Das war ein ziemlich unheimliches Bild, paar Berge hinten, vorn Leute, mehr Farbflecken, und dann war da in der Mitte ein hell erleuchtetes Haus. Ein Baum im Sturm … ja, ich glaube, so hieß das auch. Der Sturm . War wohl eine von diesen nachgeahmten Sachen. Nach Munch. Und dann diese … wie nennt man das? Ich muss immer an Gas-Wasser-Schiete denken …«
    Barbara brach in lautes Gelächter aus.
    »Sie meinen eine Installation?«
    »Genau. Komisches Ding. Kann ich nix mit anfangen. Er hat das für den Verein gemacht, als Geschenk.«
    »Existiert es noch?«
    »Weiß ich nicht. Irgendjemand hat es wohl mitgenommen.«
    »Ist Ihnen bekannt, dass Eidsvag eine Rostockerin geheiratet hat?«
    »Na, das wird mir wohl bekannt sein. Ich hab die beiden ja miteinander bekannt gemacht. Als mein Sohn … er hat als Lehrer an der Hundertwasserschule gearbeitet, aber er ist dann in den Westen, weil Lehrer dort mehr verdienen. Mit Kind und Kegel, hm? War nicht einfach für meine Frau und mich. Er hatte ja auch gebaut, nicht? Kurz und gut, das Haus musste verkauft werden. Die Immobilienhändlerin, Frau Barfuss, die kam ab und zu in unseren Garten – man war irgendwie dann schon privat. Tja, so hat Magnus sie kennengelernt. Das war Liebe auf den ersten Blick.«
    »Sehr romantisch.« Barbara rümpfte ganz leicht die Nase. »Ist Frau Barfuss denn auch vermögend?«
    »Damals hieß es, sie würde nicht nur gute Geschäfte machen, sondern hätte auch geerbt.« Er senkte die Stimme und schaute sich um, als erwarte er norwegische Spione in der Nähe.
    »Liebe auf den ersten Blick«, sagte Barbara nur und notierte Namen und Anschrift des Mannes. Sie bedankte sich und gab ihm die Hand, was sie selten tat, dann machte sie sich auf den Weg zur nächsten Station ihrer persönlichen Hanse Sail .
     
    Timothy Dustin Hoffmann wurde von seiner Mutter begleitet, einer hageren Frau von Ende 20, auf deren Stirn noch Akne blühte. Der Achtjährige machte einen schüchternen Eindruck, aber als Vater wusste Uplegger, dass das täuschen konnte; Timothy konnte durchaus ein durchtriebener Rabauke sein. Er trug ein orangefarbenes weites T-Shirt mit zwei weißen Lämmchen auf der Brust, eine knielange Jeans und blaue Turnschuhe mit vier Streifen, also aus dem Supermarkt. Seine braunen Haare waren so lang, dass Uplegger zweimal hinschauen musste, um sich zu vergewissern, dass das Kind kein Mädchen war.
    »Hauptkommissar Uplegger«, stellte er sich vor.
    »Hast du eine Pistole?«
    »Man sagt nicht Du zur Polizei!«, fuhr ihn die Mutter an. Uplegger zuckte zusammen. An das Ende seiner Sause mit der Dampframme hatte er nur äußerst vage Erinnerungen, aber plötzlich entsann er sich eines

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