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Moerder Im Gespensterwald

Moerder Im Gespensterwald

Titel: Moerder Im Gespensterwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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Leute nicht alle zu Hause bleiben – hatte nicht Blaise Pascal gesagt, das Elend des Menschen begänne damit, dass er vor die Tür trete? Na, bitte! Bleibe zu Hause und nähre dich redlich …
    Das Edvard-Munch-Haus befand sich südlich der Brücke und damit in einem weniger überlaufenen Bereich, ein weißer Bau mit Rundgiebel und einer grünen Veranda auf einem der hier typischen schlauchförmigen Grundstücke. Es war unmöglich, seine Tiefe abzuschätzen, dazu hätte es eines Hubschraubers bedurft. Ohnehin umgab das Gebäude ein großes Geheimnis: Barbara hatte versucht, im Internet Näheres über Veranstaltungen und Stipendiaten in Erfahrung zu bringen, doch die Website war seit Jahren nicht mehr aktualisiert worden. Was sie auf Rostocks Tourismus-Seiten gelesen hatte, deutete darauf hin, dass Schmalhans Küchenmeister war. Bei Öffnungszeiten auf telefonische Anfrage konnte eine Kriminalistin eigentlich nur mit Karteileichen im Keller rechnen.
    Obwohl die Hanse Sail eine gute Gelegenheit geboten hätte, ein großes Publikum anzulocken, war die Tür verschlossen. Barbara drückte ihr Gesicht an ein Verandafenster – und erschrak. Wider Erwarten sah sie einen Menschen.
    Es war ein Mann im Rentenalter, der einen Blaumann trug und etwas ratlos herumzustehen schien. Als sie an die Scheibe klopfte, schaute er auf und kam zur Tür.
    »Geschlossen«, sagte er norddeutsch knapp.
    Barbara zeigte ihren Dienstausweis.
    »Ja?«
    »Was machen Sie hier?«
    »Nach dem Rechten sehen. Die eine oder andere Reparatur. Wäre doch schade, wenn’s verkommt.«
    »Sie gehören zum Verein?«
    »Nee, ich wohne in der Nachbarschaft. Vorruhestand, jetzt Rente. Man will sich doch nützlich machen.«
    »Und da haben Sie Ihre Hilfe angeboten?«
    Er nickte.
    »Wie lange machen Sie das schon?«
    »Zehn, zwölf Jahre?«
    »Das ist gut.«
    Er runzelte die Stirn. »Wieso ist das gut?«
    »Weil Sie dann vielleicht einen der ausländischen Stipendiaten kennen. Einen Norweger …«
    »Natürlich aus Norwegen! Das Haus dient ja der deutsch-norwegischen Freundschaft.« Er grinste. »Die deutsch-sowjetische gibt’s schließlich nicht mehr. Na ja, die deutsch-norwegische ist auch am Einschlafen. Wie heißt er denn, der Norweger?«
    »Magnus Eidsvag.«
    »Ach, der! Zu dem hatte ich einen guten Draht. War ein Netter. Und hinter den Weibern war der her, Mann Gottes! Hat den halben Förderverein … die Frauen natürlich nur … Sie wissen schon! Das war nicht fein.«
    »Warum nicht?«
    »Na, was meinen Sie, was es da für Dramen gab. Neid, Eifersucht. Die einen haben gelitten, weil er nach ihnen mit einer anderen was angefangen hat, und der Rest, weil er sie nicht angeguckt hat. War ganz schön was los! Nee, der Magnus!« Er schüttelte den Kopf. »Mit mir wollte er immer einen trinken gehen. Am liebsten ins Vereinshaus der Kleingartenanlage Am Moor . Das mochte er: sich unter die Leute mischen. Ja, und ich hab da auch eine Parzelle, wir haben manchmal abends gegrillt. Der konnte ganz schön wegstecken, sage ich Ihnen. Ein Skandinavier eben. Die kriegen ja zu Hause kaum Alkohol, nur in so Spezialläden, und teuer ist es.«
    »Wie haben Sie sich verständigt?«
    »Mit der Zeit konnte er ganz gut Deutsch, sogar ein bisschen Platt. Und ich bin früher zur See gefahren, auf einem Fang-und Verarbeitungsschiff vom Fischkombinat. Ich war ganz froh, mal wieder Englisch sprechen zu können.«
    »Haben Sie sich auch über früher unterhalten?«
    »Klar. Aber warum wollen Sie das alles wissen?«
    »Wir suchen ihn als Zeugen.«
    »Was für ein Fall?«
    »Tötungsdelikt.«
    »Nee!« Der Mann machte große Augen. »Doch nicht dat Ding im Gespensterwald?«
    »Woher wissen Sie davon?«
    Wortlos deutete er auf ein tragbares Radio neben sich.
    »Ja, es handelt sich um dieses Verbrechen«, bestätigte Barbara.
    »Vier Schweden? Eltern und Kinder?« In seinen Augen glitzerte sie, die Sensationslust, gepaart mit Entsetzen und ein wenig Schadenfreude.
    »Das kann ich nicht bestätigen. Was haben Sie und Eidsvag denn so gesprochen – über die Vergangenheit?«
    »Er wollte etwas über das Leben in der DDR wissen. Wie das war, mit Partei und Stasi und so weiter. Wie es sich lebte in einer Diktatur. Komisch, ich habe das gar nicht so empfunden, als Diktatur. Ich meine, das war alles schwierig, mit dem Seefahrtsbuch und der ewigen Überprüfung und dass man als Seemann keine Westverwandten haben durfte … Kommen Sie aus’m Osten?«
    »Ja.«
    »Rostock?«
    »Grevesmühlen.« An

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