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Moerder Im Gespensterwald

Moerder Im Gespensterwald

Titel: Moerder Im Gespensterwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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nicht so. Also den mag keiner, weil der so eingebildet ist und alles weiß und so.«
    »So? Keine Mädchen?«
    »Weiber?« Der Achtjährige blickte Uplegger voll Entrüstung an. Der hatte in diesem Alter ebenfalls das weibliche Geschlecht brüsk zurückgewiesen, wenn es auch bereits – und seit längerem – ein großes geheimes Interesse für die verbotene Zone der Mädchen gegeben hatte; aber es gab eben Jungensspiele und Jungsabenteuer, bei denen sie nichts zu suchen hatten. Der Bau einer Waldhütte gehörte zweifellos dazu.
    »Weiber sagt man nicht.« Frau Hoffmann erzog reflexartig.
    »Sind aber welche«, maulte der Zurechtgewiesene.
    Uplegger fragte: »Kennst du eine Karina?«
    »Klar. Die wohnt Strandstraße. In der großen Villa.«
    »Und woher kennst du sie?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Die kennt doch jeder.«
    »Hast du sie schon mal im Gespensterwald gesehen?«
    »Hm. Die fährt da manchmal mit dem Fahrrad rum. Cooles Teil.« Unruhiges Hin und Her auf dem Stuhl. »Und mit ihrer Freundin. Die heißt Ulli. Der ihr Vater ist Schriftsteller.« Das sagte er mit einer gewissen Verachtung, die er womöglich von seinen Eltern übernommen hatte, schließlich hielten manche Menschen Schriftsteller und Künstler für Leute, die Geld für etwas bekamen, das man kaum als Arbeit bezeichnen konnte.
    »Hast du sie gestern gesehen?«
    »Nee.«
    »Wann denn?«
    »Letzte Woche? Da kamen die zu unserer Hütte und haben zugeguckt.«
    »Und ihr? Was habt ihr gemacht?«
    »Verjagt.«
    »Wie?«
    »Na, wir haben paar Knüppel genommen und sind auf sie los. Da waren die ganz schnell weg.« Timothy grinste. Uplegger blickte zum Lorbass, dessen Miene wie versteinert war.
    »Woher kommen die Kippen bei eurer Hütte?«
    »Kippen?«
    »Zigarettenstummel.«
    »Was?« Die Mutter riss die Augen auf und packte den Jungen am T-Shirt. »Ihr raucht dort? Timothy Dustin Hoffmann, sag die Wahrheit!«
    »Aber wir doch nicht, Mama.« Kleinlaut.
    »Wer dann?«
    »Die großen Jungs.«
    »Welche großen Jungs?«, fragte Uplegger.
    »Da kommen manchmal welche. Vom Strand oder so. Die rauchen da. Haben wir schon ein paar Mal gesehen.« Ein kurzes Schniefen. »Die haben unsere Hütte auch mal kaputtgemacht.«
     
    Vermutlich war es eine Schnapsidee, Dominic Brauer ausgerechnet an einem frühen Samstagnachmittag in seinem Hotel aufzusuchen. Soeben hatte Uplegger angerufen, aber Barbara hatte keine Lust auf Knaben, die Waldhütten bauten und Namen trugen, die man als seelische Grausamkeit bezeichnen musste. Kinder waren etwas für ihren Kollegen, der im Übrigen jegliche Anrede vermieden hatte.
    Barbara grummelte. Sie grummelte wegen der vielen Leute am Alten Strom, und sie grummelte, um zu grummeln. Obwohl sie sich mit Rücksicht auf ihre Körperfülle nie schnell bewegte, ärgerte sie sich nun, dass sie nur langsam vorankam. Sie war wütend auf die Jugendlichen, die Bierflaschen spazieren führten, sie beneidete alle, die unter Sonnenschirmen saßen und ein Glas vor sich hatten, Bier, Wein oder Cocktails, sie spürte die Galle aufsteigen, weil sie von herumtollenden Kindern angestoßen wurde – alles in allem störten sie die Menschen. Sie verkehrte mit ihnen, wenn es Kollegen, Zeugen, Tatverdächtige oder Beschuldigte waren, ansonsten konnten sie ihr gestohlen bleiben. Außerdem war es viel zu heiß.
    Das Apartmenthaus Stephan Jantzen befand sich am Alten Strom, dicht bei Leuchtturm und Westmole, und Barbara versuchte sich zu erinnern, was es vor der Wende gewesen war: ein Ferienhaus des Gewerkschaftsbundes FDGB? Ihr schien es so, doch wusste sie nicht mehr, ob es auch damals schon seinen jetzigen Namen getragen hatte. Jedenfalls hatte man es renoviert und der Fassade einen ockerfarbenen Anstrich und neue Balkons verpasst.
    Es hatte zu tröpfeln begonnen. Barbara schaute zum Himmel hinauf. Der war grau in grau. Sie wünschte sich Schnee.
    Dann hörte sie eine Polizeisirene und wenig später eine zweite. Das Heulen kam näher, und sie erhaschte einen Blick auf einen Streifenwagen, der aus der Alexandrinenstraße kam und schnell geradeaus weiterfuhr. Natürlich weckte das ihre Neugierde, und sie folgte dem Wagen durch die Straße Am Leuchtturm, vorbei an der Bodega , dem Kartoffelhaus und dem Al Faro, das einen neuen Betreiber hatte. Von hier konnte sie den Himmel im Westen und über dem Meer sehen. Dass wieder ein Gewitter bevorstand, unterlag keinem Zweifel.
    Ein weiterer Streifenwagen mit eingeschaltetem Blaulicht überholte sie und bog nach

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