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Moerder Im Gespensterwald

Moerder Im Gespensterwald

Titel: Moerder Im Gespensterwald Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Goyke
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haben.«
    »Was wollen Sie?«
    »Ihre Erinnerungen.«
    » Was wollen Sie? Sie spinnen doch. Meine Erinnerungen!« Er blies über seinen Kaffee und belauerte sie. »Von Geburt an?«
    »Nein, ich bin bescheiden. Vorgestern genügt mir.«
    »Ja, ja, kapiere. Diese verblödeten Schweden mit ihren noch verblödeteren Bälgern! Es redet ja ganz Nienhagen über nix anderes.«
    »Ihre Nachbarn haben eben ein neues Thema gefunden, über das sie längere Zeit sprechen können. Normalerweise redet man ja über Sie.«
    »Quatsch!« Jähnicke knallte den Pott mit einer wilden Geste auf den Tisch. Kaffee schwappte über, lief ihm über die Pranke. Er ignorierte es.
    »Also, erzählen Sie mir, was Sie vorgestern gemacht haben?«
    »Keine Zeit. Muss verkaufen.«
    »Das schaffen Ihre Söhne auch allein.«
    »Allein schaffen die gar nix«, sagte er mit einem sehr langen A im Wörtchen gar .
    »Herr Jähnicke, wenn Sie so wenig Zeit haben, wäre es klug, mich eins, zwei, fix zufrieden zu stellen, denn dann sind Sie mich schnell wieder los.«
    »Ich sage Ihnen was!«
    »Bitte.«
    »Wir sind freie Bürger in einem freien Land. Was ich vorgestern gemacht habe, geht Sie überhaupt nichts an.« Jähnicke schob den Tisch ein paar Zentimeter von sich, was dazu führte, dass sich die Tischkante in Barbaras Magen presste. Das Sitzen auf der harten Bank mit der niedrigen Lehne war schon qualvoll für einen Menschen ihres Umfanges, aber nun war sie regelrecht eingeklemmt.
    »Oh, da irren Sie sich aber.« Barbara versuchte, sich ein wenig zu bewegen, aber das war nicht möglich. »Sie haben gestern die verblödeten Schweden – Ihre Worte! – bedroht, und ein bis anderthalb Stunden später waren sie tot. Das, Herr Jähnicke, geht mich sehr viel an. Und ich, Herr Jähnicke, habe die Mittel, die Freiheit eines freien Bürger unseres freien Landes erheblich einzuschränken.«
    »Dazu brauchen Sie so ’n Ding … einen Haftbefehl.«
    »Unter bestimmten Umständen benötige ich keinen.« Barbara vermied es, diese Umstände anzuführen, denn in Bezug auf Jähnicke waren sie nicht gegeben. »Also: Ich höre.«
    »Mich kriegen Sie nicht klein.«
    »Ich bin nicht hier, um Sie kleinzukriegen! Ich will nur die Wahrheit wissen.«
    Jähnicke schwieg. Er drehte die Tasse in den Händen, hob sie dann zum Mund und nahm einen Schluck. Barbara wusste, dass er ihr soeben ungewollt einen wunden Punkt offenbart hatte, aber noch war nicht der richtige Zeitpunkt, ihr Wissen zu benutzen.
    »Dann sage ich Ihnen eben, was passiert ist. Sie wollten in Ruhe einen Kaffee trinken und Zeitung lesen, und dann tauchten diese Schweden beim China-Imbiss auf. Ein Familie mit zwei Kindern, und das jüngste davon auch noch furchtbar lebhaft. Sie fühlten sich gestört, wurden wütend … flippten aus! Der Familienvater wiederum fühlte sich angegriffen und gab Widerworte, es entstand ein Streit, Sie drohten, Ihr Jagdgewehr zu holen und allen die Rübe wegzupusten. Dann gingen Sie. Soweit richtig?«
    Schweigen. Barbara fuhr unbeeindruckt fort: »Zeugen sahen Sie dann, wie Sie mit Ihrem Geländewagen dem Mercedes der Schweden gefolgt sind. Haben Sie wirklich Ihre Waffe geholt?«
    Schweigen. Und ein Schluck Kaffee. Sein Blick war auf Barbaras Brust gerichtet, und das irritierte sie etwas.
    »Warum sind Sie den Schweden gefolgt? Was hatten sie vor? Sie können es mir ruhig sagen, ich weiß ja, wie sie getötet wurden und dass Sie allein es nicht getan haben können.«
    Anhaltendes Schweigen. Barbara beschloss, eine Breitseite abzufeuern.
    »Herr Jähnicke, warum haben Sie eine so große Angst davor, dass man Sie kleinkriegen will?«
    Er schwieg, aber es begann, in ihm zu arbeiten. Er war ein kräftiger, zu Wutausbrüchen neigender und gewalttätiger Mann, der beruflich auf eigenen Füßen stand, und solche Männer fürchteten nichts mehr, als mit ihren Ängsten konfrontiert zu werden, denn in ihrem Selbstbild war kein Platz für Angst. Barbara hatte ihn im Netz, nur wusste er es noch nicht.
    Sie zog das Netz zu, indem sie ihre Frage Wort für Wort wiederholte. Jetzt reagierte er.
    Jähnicke schüttete Barbara den Kaffee ins Gesicht.
     
    Frau Albrecht stand das Entsetzen ins Gesicht geschrieben. Sie hatte alles in ihren Kräften Stehende getan, um ihren Kleinen fit zu machen für den Arbeitsmarkt, hatte einen Kindergarten und eine Schule mit gutem Ruf ausgesucht, hatte seinen Wunsch nach Kriegsspielzeug abgeschlagen und stattdessen zweifellos etwas pädagogisch Wertvolles angeschafft

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