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Mörder Quote

Mörder Quote

Titel: Mörder Quote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hermanns
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Tanya …«, noch nie hatte sie sie so direkt angeredet, »sie war kein schlechter Mensch. Sie ist nur wegen dieser Sendung … meinetwegen …« Das Glas entglitt Lilly und fiel auf den Boden, wo es zersplitterte. Ein tiefer Schluchzer brach aus ihr heraus, und plötzlich schossen die Tränen über ihr müdes Gesicht wie ein Sturm über einen Gletscher. Tanya gab ihr ein Taschentuch und sammelte die Scherben auf, während Lilly völlig haltlos vor sich hin schluchzte. Die ganze Last der letzten Wochen schien aus ihr herauszubrechen, und ein Tränenstrom floss an ihren schönen Wangen herunter, der nicht enden zu wollen schien. »Wein nur, kleine Lilly. Weine nur!« Tanya nahm Lillys nasse Hände und hielt sie beide fest umklammert. »Es ist alles vorbei. Alles ist jetzt vorbei.«
    Diese beiden kleinen Sätze wiederholte Tanya eine halbe Stunde lang, bis Lilly endlich erschöpft eingeschlafen war. Selbst als Tanya auf dem Weg nach Hause wieder in ihrem Auto saß, sagte sie dieses Mantra weiter auf, auch für sich. Es war jetzt alles vorbei.

KAPITEL 30
    Die Pressekonferenz am nächsten Tag nach dem Begräbnis von Lillys Mutter hatte die meisten Akkreditierungen aller Pressekonferenzen des laufenden Jahres in Deutschland. Mehr als die Presseerklärung des Außenministers zum Iran. Die Geschichte der mordenden Casting-Mutter, die die scheinbaren Hindernisse ihrer Tochter aus dem Weg räumt, hatte erstmals die Politik aus der ersten Meldung in der Tagesschau vertrieben. Mehrere Angebote für die Filmrechte waren schon beim Sender eingetroffen. Lilly selber würde das Cover der nächsten Woche von Spiegel , Stern UND Bunte sein – das hatte es noch nie gegeben. Sascha oder Chantal waren auf dieser PK zum ersten Mal nur Statisten statt Akteure. Während die Journalisten den Pressesprecher der Sendung, Marco, Tanya und sogar das Pitterchen mit Fragen bombardierten, kümmerte sich heute niemand um die restlichen Kandidaten und die üblichen Fragen nach ihren Lieblingsfarben und Popvorbildern. Lilly war nicht anwesend – sie war nach dem Auflauf der Beerdigung gleich wieder ins Krankenhaus gebracht worden. Aber so oder so – der Fokus richtete sich heute ausschließlich auf die echte Serienmörderin und die Leute der Show, die näheren Umgang mit ihr gehabt hatten. Und die diesen Umgang überlebt hatten.
    Und das war allen voran Tanya. Nachdem die Polizei die Mephistomaske und die Quittung über die Bestellung bei »mastersandbeasts.com« im Haus von Roberta Helm gefunden hatte, war endgültig klar, dass Tanya auf Marcos Jacht knapp einem Mordversuch von Lillys Mutter entgangen war. Das Motiv war vermutlich ihr Rauswurf durch Tanya bei den Proben gewesen, den Lillys Mutter als Angriff auf sich und ihre Tochter begriffen hatte.
    Die Journalisten befragten Tanya endlos über den Abend der Party, aber auch zu allen anderen Details des Falles, als ob Tanya selber bei der Polizei arbeiten würde. Gott sei Dank sprang ihr der nette Herr Köhler bei. Er erläuterte den Journalisten überraschend geduldig jedes Detail – die Drogen in Mausis Glas, die genaue Voltzahl des Starkstromgeräts, das den Fotografen erledigt hatte, Peter de Bruyns tödliche Koksbeimischung, das manipulierte Motorrad von Xena und die neuen Zeugenaussagen der Gäste der Weinstube »Bacchus«, die Lillys Mutter an jenem Abend dort gesehen hatten, an dem »Mephisto« Schmidtke die Treppe heruntergestoßen worden war.
    Der zweite Akteur im Zentrum der medialen Aufmerksamkeit war natürlich der Securitymann, der den tödlichen Schuss abgefeuert hatte. Er war immer noch in psychologischer Betreuung und ließ sein Statement durch seinen Anwalt verlesen: Er war auf die höchste Alarmstufe und die damit verbundene Schusserlaubnis von seinem Chef gebrieft worden, allerdings sollten sie im Notfall nur auf Beine oder Arme möglicher Aggressoren zielen. Durch die schlechten Lichtverhältnisse im Studio habe er aber nur einen länglichen Gegenstand gesehen, der sich in Lillys Spotlight schob, und musste schnell reagieren. Durch das Licht geblendet, konnte er nicht so genau zielen, wie er es beim Training gewohnt war. Dadurch hatte er zu tief angesetzt und den Körper der scheinbaren Angreiferin getroffen. Erst zu spät war ihm klar geworden, dass Lillys Mutter gar keine Pistole in der Hand gehalten hatte, sondern eine Lilie. Der Mann stand immer noch unter Schock, war aber von der Polizei und allen Behörden von jeder Schuld freigesprochen worden.
    Anschließend

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