Mörder Quote
sicher einiges tun, oder? Aus purer Mutterliebe? Zum Beispiel im Parkhaus eines Einkaufscenters das Motorrad einer anderen Kandidatin manipulieren?«
Immer noch bewegte sich nichts im Gesicht von Tanyas Gegenüber. Sie müsste noch härter angreifen. »Vor allem einer Kandidatin, die viel besser singen kann als Ihr kleines blondes Püppchen, viel ausdrucksstärker, viel eigenständiger und nicht gedrillt von einer doofen Eislaufmutti, die sich ihren eigenen Traum erfüllen will? Darum geht es doch, Frau Helm, oder? Was wollen Sie denn werden – Mutti-Star 3000?«
Das hatte gesessen. Tanya beobachtete, wie es plötzlich um den Mund der Mutter zu zucken begann und sich die gefalteten Hände im Schoß stark verkrampften. Die Frau schien sich nur noch unter Kontrolle zu haben, weil sie ihre Fingernägel so in ihre Handballen rammte, dass es wehtun musste.
Tanya spürte, dass sie nahe dran war. »Und auch andere Kandidaten waren besser in der Show, nicht wahr?«, sagte sie schnell. »Der arme Mephisto zum Beispiel – der war auch ein guter Sänger.«
»Es geht hier nicht ums Singen!«, knirschte die Mutter zwischen ihren Zähnen. »Das sind doch alles nur Tricks und Schliche! Ihr manipuliert das Publikum, wer gewinnt! Das ist nicht fair!«
»Natürlich ist es nicht fair!« Tanya beugte sich vor und ging so nahe ran an das Gesicht ihrer Kontrahentin, wie sie sich es traute. »Das ist hier alles abgekartet, oder? Make-up-Leute schminken Lilly falsch, Fotografen fotografieren immer nur andere Teilnehmerinnen, PR -Männer bringen den Falschen in die Presse – ist es nicht so?« In diesem Moment stieg Tanya ein Duft in die Nase, den sie schon einmal gerochen hatte. Der ganz schwache Duft von Veilchen gemischt mit Schweiß. Ein Geruch, den sie vom Schiff kannte.
Jetzt wurde ihr plötzlich flau im Magen, aber sie blieb dran: »Diese anderen – die machen alles falsch, oder? Die müssen weg!«
Jetzt war es so weit: Mit einem Aufheulen sprang Lillys Mutter hoch und starrte Tanya so hasserfüllt an wie auf dem Foto aus dem Einkaufscenter. »Du bist nichts als eine kleine Fernseh-Nutte«, brüllte sie los. »Du wirst meiner Tochter nicht im Weg stehen! Niemand wird das, verstehst du? Niemand!«
Tanya wich zurück. Einen Moment lang sah es so aus, als ob Lillys Mutter sie anspringen würde. Doch dann schien sie es sich anders zu überlegen. Mit einem weiteren Wutschrei hechtete sie in Richtung Tür und riss sie auf. Der Securitymann stand breitschultrig mit dem Rücken zur Tür.
»Festhalten!«, schrie Tanya, und der Mann drehte sich herum, doch in diesem Moment war Lillys Mutter auch schon mit einer einzigen blitzschnellen Bewegung unter seinem Arm durchgetaucht und rannte den Studiokorridor entlang.
»Hinterher, sie ist die Mörderin!« Tanya fiel in diesem Moment noch ein entscheidendes Detail aus den Briefingunterlagen über Lilly ein: »Mutter: Roberta Helm, früher Leistungssportlerin, Leichtathletik.«
Der wuchtige, aber nicht ganz so schnelle Securityschrank spurtete hinter Frau Helm her, aber die Mutter hatte schon die schwere Eisentür zum Hauptstudio erreicht, bevor er halb den Gang runter war. Tanya schlug ihre Garderobentür zu, schloss ab und atmete plötzlich sehr schwer. Gleich würde sie die Produktion informieren. Gleich. Aber erst einmal fühlte sie, wie ihr Kreislauf wegsackte und ihre Beine nachgaben.
KAPITEL 28
Als sie wieder zu sich kam, sah sie die Decke ihrer Garderobe und davor Marcos aufgeregtes Gesicht. Sie wusste sofort, dass Lillys Mutter entkommen war.
»Sie ist es, Marco«, stammelte Tanya noch benommen. »Lillys Mutter ist die Mörderin! Sie hat mir alles gestanden!«
»Trink das. Für die Nerven.« Marco flößte ihr eine schaumige Flüssigkeit ein, die Tanya aber nicht wach, sondern noch benebelter machte. »Dein Securitymann hat Alarm gegeben. Wir suchen sie schon überall!«
Sie fühlte, wie eine weiche rosa Welle aus ihrem Magen in ihr Hirn zog. »Marco, wir müssen die Show absagen!«
Marco sah sie streng an, und da wusste Tanya genau, was er gleich sagen würde. »Pass auf, Tanya, die Tante versteckt sich irgendwo im Gebäude, aber wir kriegen sie. Wir haben die Security total hochgefahren, die Jungs sind voll alarmiert, es kann nichts passieren. Die Show muss laufen! Wenn du jetzt schlappmachst, mach ich dich regresspflichtig. Dann zahlst du persönlich dem Sender den Ausfall der Werbeeinnahmen, ist das klar? Und jetzt los! Wir bringen dich zur Bühne!« Er hob sie hoch
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