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Mörder Quote

Mörder Quote

Titel: Mörder Quote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T Hermanns
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und schob sie zur Tür, hinter der das Team wartete.
    Wie in Trance ließ sich Tanya durch das Backstage tragen, gestützt auf die Schultern von zwei Securitymännern. Während zwei Maskenfrauen sie überpuderten, flößte ihr der Aufnahmeleiter Espresso ein, und ein Garderobier zog ihr die hohen Schuhe an. Neben ihr tauchte auf einmal Sascha in vollem Michael-Jackson-Outfit auf, der ihr sorgenvoll die Hand drückte. »Du schaffst das!«, flüsterte er ihr zu. »Tu’s bitte für uns! Für mich!«
    In diesem Moment brach das Studiopublikum hinter dem Vorhang in einen riesigen Applaus aus, und Tanya hörte noch die letzten Worte des Warm-Uppers: »Und trotz dieser schweren Grippe ist sie heute hier! Und deshalb brauche ich jetzt euren Alarm!« Die kleine Tanja Becker jaulte in ihr auf, die große Tanya Beck straffte sich und ging langsam raus ins Licht.
    Noch Tage danach ging Sascha die Show immer wieder im Kopf durch. Er sah Tanya, die wie hypnotisiert an ihrem Tisch saß und ihre üblichen Texte aufsagte wie eine mechanische Puppe. Er sah, wie Pitterchen und Marco Tanyas Schwäche auffingen und sich richtig ins Zeug legten, sodass das Publikum nur noch johlte und tobte. Es war bis jetzt diejenige Show gewesen, die die beste Stimmung im Studio hatte. Er sah die Securityleute, die überall im Studio verteilt waren, hinter den Kameras, alle als Fans der Sendung mit bunten T-Shirts verkleidet, alle heimlich bewaffnet. Und er sah sich, wie er als Erster gleich mit »Man in the Mirror« total abräumte und sogar von Marco großes Lob bekam. Er sah Chantal, die für »This is my life« auf einem Wagen mit römischen Legionären hereingezogen wurde und in einem blutroten Paillettenkleid und einer roten Perücke aussah wie Messalina in Flammen. Er sah Mike D, der sich durch »Staying Alive« kämpfte, aber von seiner inzwischen wohl zwanzigköpfigen Gang im Publikum laut, aber ungewöhnlich zivilisiert unterstützt wurde, weil die wahrscheinlich die Einzigen waren, die all die verkleideten Securityleute und Polizisten erkannt hatten. Und er sah Lilly vor sich mit dem langsamen Anfang von »Don’t leave me this way«. In einem ganz schlichten weißen Kleid im Studio-54-Halston-Look sang sie voller Soul und voller Inbrunst die ersten Zeilen des Liedes:
    Don’t leave me this way
    I can’t survive
    I can’t stay alive
    Without your love
    Don’t leave me this way
    Ihre Lichtstimmung war extrem dunkel, nur ein weißer Followspot tauchte Lilly ins Licht wie eine himmlische Erscheinung. Sascha saß zehn Meter hinter ihr auf dem Kandidatensofa und beobachtete, wie jedes Mal, wenn sie anmutig den Arm zur Seite nahm, Lichtstrahlen um sie herumfielen und ihre Silhouette nachzeichneten. Der ganze Publikumsbereich lag im Dunkeln, sie streckte die Mikrofonhand zu einer letzten Gesangspose, bevor gleich zur nächsten Zeile die ganze Bühne wieder im Licht explodieren würde, wie Sascha das in der Probe schon bewundert hatte. Ein super Effekt. Lilly drehte sich noch einmal um, sie schien Sascha direkt anzusehen, als hinter ihr aus dem Publikumsraum plötzlich ein länglicher Gegenstand ins Spotlicht gereckt wurde. Im Gegenlicht erkannte Sascha etwas langes Dünnes, das sich auf Lilly richtete und ihr immer näher kam. Sie konnte es nicht erkennen, denn sie stand mit dem Rücken dazu, und das starke Licht blendete sie. Mit einem schnellen Schwung drehte sie sich um und sang:
    Baby, my heart is full of love and desire for you
    So come on down and do what you got to do
    You started this fire down in my soul
    So can’t you see it’s burning out of control
    So come on down and satisfy the need in me
    ’cause only your good loving can set me free
    In diesem Moment fiel der Schuss. Der längliche Gegenstand knickte weg, und im Studio brach Panik aus. Das Publikum schrie, flüchtete aus dem Saal, Stühle stürzten auf den Boden.
    Diese Szene brachte Sascha einfach nicht aus seinem Kopf. Wie Tanya weinend über dem Pult zusammenbrach, während Marco wie ein Blitz über die Bühne direkt aus dem Studio spurtete. Wie Pitterchen Tanya tröstete und Chantal, die neben Sascha saß, panisch seine Hand nahm und sie mit harter männlicher Kraft umklammerte. Wie Mike D aufsprang und zu seinen Kumpels rannte und sie sich den Weg durch die Stuhlreihen freischlugen wie Rambo durch den Dschungel, raus aus der Halle. Wie schließlich endlich das Saallicht anging und man im kalten Neonlicht das Bild sehen konnte, das Sascha nie mehr im Leben würde

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