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Mörder und Marder

Mörder und Marder

Titel: Mörder und Marder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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sich vorstellt. Daß Sie bei Ihrem Gewicht auf keinen Besen passen, wird hinlänglich dadurch aufgewogen, daß Ihre Haare fast rot sind.«
    Hoff lehnte sich gegen die Kante des Eßtischs und kicherte in sich hinein. Jorinde schüttelte lächelnd den Kopf. »Müssen Sie ein gewundenes Gehirn haben. Tut das nicht weh?«
    Der Mann auf dem Sofa ließ sich wieder zwischen Kissen und Decken fallen. Dabei stieß er prustende Geräusche aus und reckte einen Arm hoch. Wie ein Periskop. Die Nägel waren schmutzig und brüchig.
    »Nein, tut es nicht«, sagte Baltasar. »Im Gegenteil. Bei schneller Fahrt durch die Windungen erzeugen vor allem ausgebeulte Ideen, infolge mangelnder Schlüpfigkeit, eine angenehme Reibungshitze.«
    »Sagtest du Schlüpfigkeit oder Schlüpfrigkeit?« erkundigte Henry sich unschuldig. »Sie sind sicher nicht sehr behende, aber schlüpfrig allemal.«
    Aus den Kissen kamen glucksende Geräusche, unter die sich ein müdes Fauchen mischte. Die Periskop-Hand wurde eingezogen, tat im Schutz der Verhüllungen etwas und tauchte wieder auf. Ein nicht ganz ausgewachsener Marder zappelte in den schmierigen Klauen und funkelte Matzbach an. »Schau ihn dir gut an, Vespasian«, sagte die Stimme von unterhalb. »So was siehst du nicht alle Tage.«
    »Die Unverschämtheiten wie Kokotte und Gewicht mal beiseite«, sagte die Hexe. »Für die Große Mutter bedanke ich mich ganz artig. Das ist ein Ehrentitel, glaube ich. Nicht, wenn ein Missionar es sagt, natürlich, aber ich denke mir, daß Sie ein positives Bild damit verbinden.«
    Der Marder glotzte zwischen Henry, Jorinde und Baltasar hin und her, spreizte die Hinterbeine, ließ etwas fallen und stieß quäkende Geräusche aus.
    Der Wuschelkopf bohrte sich aus den Kissen, wie das zur Hand gehörige U-Boot durch eine Wasseroberfläche. Das Gesicht war farblich angereichert, aber nicht böse. Der Mann hielt den Marder weiterhin mit der Rechten hoch und wischte sich mit einem Hemdsärmel die jähe Kosmetik aus dem Antlitz. »Pfui, du kleiner Kerl. Ich muß mich doch sehr wundern. Wenn du das bei deiner Mieterin auch machst, wirst du schwere Zeiten haben, Vespasian.«
    »Ein Königreich«, sagte Matzbach, »für einen Iltis. Obwohl man bei diesem Namen auch ein Königreich für einen Kaiser sagen könnte. Aber ein Iltisschiß ist intensiver; er hätte Ihre Visage verätzt, und das wäre kein Fehler.«
    »Keine Sorge, Junge«, sagte der Mann auf dem Sofa. »Ich kann Sie und Ihr Gesicht auch nicht leiden.« Er wedelte mit dem Marder, der immer verärgerter fauchte.
    »Haben die nicht irgendwelche Afterdrüsen?« sagte Baltasar.
    »Ja, aber der ist noch klein. Noch nicht voll ausgebildet. Die Dame in Königstein möchte einen
jungen
Marder.«
    Hoff stieß sich von der Tischkante ab. Wo er gestanden hatte, bildete sich ein dunkler Fleck auf dem zerschlissenen Teppich. »Es reicht«, sagte er. Er schälte sich aus seiner klammen, schweren Lederjacke und warf sie auf einen Stuhl, der protestierend ächzte. »Wo sind die anderen?«
    Jorinde Seyß deutete mit einem Daumen aufwärts. »Wo schon? Oben. Keine drei Minuten im Haus, schon geht die Turnerei los.«
    Henry nickte. »Tja, hm, das ist einer der Reize dieser Wochenenden.«
    »Zugegeben. Ich werde mich auch gleich verabschieden. Aber einer mußte unten bleiben und euch in Empfang nehmen.«
    Das Sofa griff wieder ein. »Ich bin doch sowieso unten.«
    Jorinde warf ihm einen Blick zu, den Baltasar insgeheim »gröblich« nannte. »Du zählst nicht«, sagte sie.
    Der Marder rülpste leise.
    »Netten Umgangston haben Sie hier», stellte Matzbach fest. Er zog seinen Trenchcoat aus und warf ihn in einen Sessel.
    »Das ist nun mal so«, sagte Henry. »Die reine Nostalgie, daß wir jedes Jahr wieder herkommen. Erinnerung, du holde. Im Prinzip kann kaum einer von uns noch einen der anderen ausstehen. Viel zu sagen haben wir uns eh nicht. Also was bleibt? Man geht ins Bett.«
    Die Hexe hob zur Abwechslung beide Brauen. »Na, ganz so schlimm ist es nicht. Aber auch nicht viel besser.«
    »Wieso bist du eigentlich unten, Gaspard?« sagte Hoff.
    Das Sofa knirschte.
    »Wie letztes Jahr«, antwortete Jorinde stellvertretend. »Mit Leuten durch die Federn huschen, weil man sich nichts zu erzählen hat, das ist schon okay. Aber sie sollten wenigstens gewaschen sein und nicht nach Schakalen, Steppenwölfen und Skunks riechen.«
    »Ich glaube, das geht Sie an, Sie Skunk«, sagte Baltasar. Der Tierverleiher gab eine Serie undefinierbarer

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