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Mörder und Marder

Mörder und Marder

Titel: Mörder und Marder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Spirituellen ergeben und in Mysterien versunken.« Er räusperte sich. »Übrigens ein netter Gedanke. Ich, der ich nicht an diese Dinge glaube, entnehme ihnen beruhigt, daß du, die du vorgibst, sie ernst zu nehmen, auch nicht daran glaubst. Nette Paradoxie.«
    Sie kicherte. »Aber du hast es mir fast abgenommen, oder?«
    »Eine Weile. Aber barfuß im Schnee auf der Veranda, das war mir zu stark. – Was hab ich denn? Ah, acht.«
    »Er ist ganz der diesseitigen Welt ergeben und hat Erfolg«, sagte sie. »Stimmt doch, oder? Und fällt dir nicht auf, wie gut die Zahlen zu den Tarock-Karten passen? Abgesehen von Susannes, die ich nicht mehr richtig berechnet habe?«
    Matzbach ließ das Blatt wieder auf den Nachttisch sinken. »Ja, ein weiterer schöner Zufall. Unser Mörder ist ein Zweier, das arme Kerlchen. Grundsätzlich eher passiv, kein Führer, sondern ein Folgender, schwächlich, aber mit einer düsteren Seite in der Seele, die sich in Grausamkeit oder Heimtücke äußern kann.«
    »Und«, sagte Jorinde mit belegter Stimme und theatralischem Augenaufschlag, »zwei ist die Zahl des Teufels. Des Bösen.«
    »So ist es.« Matzbach grinste schon wieder. »Es gibt einen bemerkenswerten Roman von Flann O’Brien,
At Swim-Two-Birds
. Darin kommt ein irischer Unterteufel vor, ein
pooka
namens McPhellimey. Der umgibt sich immer nur mit geraden Zahlen, weil Teufel das nun mal so tun, und er hat aus eben diesem Grund sogar zwei Schwänze.«
    Jorinde nickte.
»Apropos«
, sagte sie.
    Als die Schüsse durchs Haus krachten, rollte Baltasar aus dem Bett, warf einen verschlafenen Blick auf seine Uhr und zwinkerte. »Klock drei, drei Schüsse, paßt«, brummte er. Er lag auf dem Boden und suchte Socken.
    Jorinde trat auf ihn, hüpfte leichtfüßig weiter und streifte einen Bademantel über die Haut. »Mal sehen, ob die ägyptischen Unterweltfischer wie gebeten ihre Falle gestellt haben.« Auch sie hatte Vorkehrungen getroffen.
    Matzbach erhob sich schnaufend. »Hoffentlich hatte der Obergott diesmal sein Gesicht nicht nur hinten.«
    Er ließ sich Zeit und zog sich gemächlich an. Jorinde schleuderte eine Kußhand nach ihm und glitt aus dem Raum. Als sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, tauchten aus den anderen Zimmern verschlafene Gesichter auf.
    »Was war das denn?« Henry steckte in einem rosa Nachthemd, das ihm wie ein Minirock nur knapp unter die Lenden reichte und zweifellos fremder Besitz war.
    »Klang wie Schüsse«, knurrte Genenger. Er stand in einer dunkelblauen Pyjamahose auf dem Flur und kratzte die Haare auf seiner Brust. »Woher?«
    Jorinde deutete auf den kleinen Querflur. »Ich glaube, aus Baltasars Zimmer.«
    Evita und Susanne, beide in wirkungsvollen Nachtgewändern liefen bereits dorthin. Die Tür war nicht abgeschlossen.
    »Mach doch mal jemand Licht da«, rief Adelheid. Alle wollten gleichzeitig in Matzbachs Zimmer.
    Genenger wühlte sich durch und tastete nach dem Lichtschalter. Hinter ihm stieß Melcher einen Seufzer aus, als sich das Zimmer erhellte. Das Fenster war angelehnt; im Raum war es fast ebenso kalt wie zuvor in Schusters Gemach. Von der Tür aus war nicht mehr zu sehen als ein dunkler Kopf auf dem Kissen. Die Decken wölbten sich über dem dazugehörigen Körper.
    »Bewegt sich nicht«, hauchte Evita. Sie trug ein Babydoll und hatte die Augen weit aufgerissen.
    Henry drängte Genenger beiseite und lief zum Bett.
    Aus dem Flur drang Baltasars Baß. »Was macht ihr da in meinem Zimmer? Habt ihr alle kein Zuhause?«
    Jorinde bemühte sich vergebens, in dem Gedränge die einzelnen Gesichter zu lesen. Hoff, neben dem Bett und die Hand bereits nach den Decken ausgestreckt, drehte sich mit einem völlig fassungslosen Gesicht zur Tür. »Matzbach«, sagte er krächzend. »Du lebst ja. Aber wer ist das?« Er riß die Decke zurück, und da lag eines der Sofakissen aus dem Kaminzimmer.
    Baltasar stand im Korridor und schüttelte langsam den dicken Kopf. »Ach, ach, ach. Klein, aber mein, alle hinein. Ich meine dieses Zimmerlein. Los.« Er schob die anderen einfach vor sich her, indem er seinen Wanst einsetzte. Keiner protestierte.
    Hoff ließ sich aufs Bett fallen; langsam begann er zu grinsen. Genenger setzte sich neben ihn, stand dann wieder auf und lehnte sich an den Tisch, der wie in Schusters Zimmer zwischen Schrank und Fenster stand. Evita und Susanne setzten sich zu Hoff, Adelheid zwängte sich hinter die Tür auf das Öfchen. Melcher packte den wackligen Stuhl und setzte sich mitten ins

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