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Mörder und Marder

Mörder und Marder

Titel: Mörder und Marder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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der Nachttischlampe, bricht zwei Beine vom Stuhl und wirft Schusters Klamotten auf die Trümmer.«
    Genenger ächzte. »Ziemlich herbe Sache. Aber wieso sind Sie so sicher, daß nicht tatsächlich ein Kampf stattgefunden hat?«
    »Bei aller Wertschätzung für Sie und die Festigkeit Ihres wie auch meines Schlafs – glauben Sie nicht, daß ein heftiges Handgemenge, bei dem Stühle zerbrechen und Nachttische umgeworfen werden, jemanden geweckt hätte? Außerdem war Schuster sicher nicht so schwach, daß er, wenn er sich noch irgendwie hätte wehren können, den Eiszapfen ins Auge bekommen hätte. Nein, unwahrscheinlich. Ich glaube, der Mörder hat sich ausgerechnet, je mehr Unsinn er anrichtet, je mehr scheinbar unvereinbare Einzelheiten sich später im Zimmer finden, um so größer sind seine Chancen, daß niemand auf den wahren Hergang stößt. – Aber weiter. Wir sind noch nicht fertig. Die anderen Objekte auf dem Boden sind eher unwichtig. Der Seestern aus Stoff, dieses Kinderspielzeug, weist Zahnabdrücke auf. Ich nehme an, Schuster hat ihn diesem netten kleinen Kerl hier zum Spielen und Beißen gegeben.« Er hielt Vespasian hoch; der Marder bleckte die kleinen, spitzen Zähne. »Der Hammer – vielleicht hat der Mörder ihn mitgebracht, um für alle Notfälle noch etwas zu haben, womit er den Eiszapfen tiefer hineintreiben kann. Vielleicht gehörte der Hammer aber auch Schuster – vergessen Sie nicht, der Transportkäfig für den Marder ist defekt, er hat zwei zerbrochene Stäbe. Möglicherweise wollte Schuster ihn reparieren. Oder er reist immer mit Hammer. Dieses kleine Stück mehrbahniger Strickleiter aus Gummi ...«
    Er überlegte einen Moment. Schließlich zuckte er mit den Achseln. »Na ja, auch das ist simpel. Wahrscheinlich stammt es von einer Teppichunterlage – diese Gummistücke, die man unter einen Teppich legt, damit er nicht verrutscht. Als Junge habe ich von solchen Unterlagen Stücke abgeschnitten und sie als Wanten für die Holzschiffe genommen, die ich gebastelt habe. Ich glaube, Schuster hat das Zeug einfach als Notbehelf eingesetzt beziehungsweise gespannt, um die zerbrochenen Stäbe des Käfigs vorübergehend zu ersetzen, so, daß Vespasian nicht ausbrechen kann, wenn er transportiert wird.«
    »Hilfe«, sagte Evita schwach. »Mir wird ganz schwindlig von all den Einzelheiten.«
    Matzbach klemmte sich den Marder unter den linken Arm und zog eine Skizze des Mordzimmers aus der Innentasche. Mit gerunzelter Stirn studierte er sie. »Haben wir alles? Draht. Handtuch. Gummihandschuh. Pflaster. Hammer. Kerze. Küchenmesser. Seestern. Gummigewebe. Ballon. Ja. Gut. Also, im Zimmer herrscht gröbliche Unordnung. Nun zieht der Mörder mit Hilfe seiner Zähne den Gummihandschuh aus und läßt ihn einfach fallen. Dann wickelt er die Pflaster von seiner Hand und sengt sie mit der Kerze an, um ganz sicher zu sein, daß an den Klebestellen keine Abdrücke zurückbleiben. Übrigens weiß ich nicht, ob die feine Kriminalistik da nicht doch noch was findet. Er läßt einfach alles fallen und liegen, bläst die Kerze aus und geht. Bei all den Dingen ist nichts, was als sein Eigentum identifizierbar wäre.«
    Nach einer langen Pause sagte Hoff seufzend: »Matzbach, Matzbach, das klingt teuflisch. Aber irgendwie überzeugend. Bloß eines verstehe ich nicht. Du hast gesagt, der Mörder war nackt. Wieso?«
    »Eine Frage der Logik«, sagte Baltasar. »Er hat ja offenbar mit allem gerechnet. Also auch damit, daß es zu einem Kampf kommt, bei dem Schuster ihm das Hemd zerreißt oder mit Blut besudelt. Das müßte er dann hinterher erklären oder beseitigen. Wenn er nackt ist, braucht er sich nur zu waschen, und alles ist erledigt.«
    »Moment mal«, sagte Adelheid.
    »Ja, eben.« Susanne schloß sich an. »Er muß doch dann auch damit rechnen, daß er zum Beispiel Kratzer auf der nackten Haut davonträgt. Wenn er nackt ist und es einen Kampf gibt.«
    Jorinde blickte sie scheel an. »Meinst du, nach unserem gestrigen Turnier ist einer von uns ohne Kratz- und Beißspuren auf der Haut?«
    »Aber«, sagte Susanne störrisch, »wie kann ein nackter Mann all diese Dinger tragen? Kerze, Draht und so weiter. Er hat doch keine Taschen. Auch keinen Gürtel, in den er was stecken könnte.«
    »Er hat es vermutlich in das Handtuch gewickelt«, sagte Baltasar. »Das er dann nicht, wie ich behauptet habe, in der Hand, sondern unterm Arm trug. Kein Problem.«
    Nach längerem Schweigen sagte Evita plötzlich: »Ich finde das

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