Mörderbrunnen (German Edition)
Geschichte von dem Brückenhahn erzählt. Im Dunkeln auf der Brücke über dem Wasser, das man kaum sieht, war spannend. Dann sind wir in die Altstadt gelaufen, in die Pestgasse. Da wars totenstill, plötzlich erklangen Glocken und ein paar Gestalten kamen angewankt, Pestkranke und Aussätzige. Die waren so gut geschminkt, das erste Mädel ist da schon leicht hysterisch geworden.
Aber dann ging’s erst richtig los. Ein Kleinbus hat uns in den Stadtwald gefahren. Mann, da isses ja nachts echt stockdunkel. Der Müller hatte eine Taschenlampe und hat uns durch den Wald zum Mörderbrünnchen gebracht. Zwei Mädels sind gleich wieder umgekehrt und haben im Auto gewartet. Am Mörderbrünnchen hat er die alte Sage erzählt und als es dazu kam, dass die Brunnenfee den Mörder tötet, da stieg ne weißgekleidete Gestalt aus dem Brunnen und würgte einen, der bis dahin zwischen den Zuschauern stand. Meine Güte, selbst ich hab mich zu Tode erschrocken und die anderen erst. Ich verstehs jetzt, dass da extra auf gesundheitliche Risiken hingewiesen wird. Da war son junger Typ, ich schwöre, dem haben die Knie geklappert.“
Jenny grinste. „Das hört sich ja echt toll an. Ich glaub , ich muss da mal mitmachen. Wie wärs Logo, sollen wir das für den nächsten Betriebsausflug vorschlagen?“
„ Hehe, ja, da würd ich den einen oder anderen gern mal sehen.“
„ Ihr hattet übrigens recht, der Müller hat tatsächlich ein Boot. Das liegt im Griesheimer Hafen. Und ich hab das Gefühl, dass er mit dem Grosse enger befreundet ist, als er zugeben möchte. Die haben nicht nur zusammen Führerschein gemacht, sondern nutzen auch das Boot beide.“
„ Soviel Bootsfahrer auf einem Haufen, das gibt’s doch gar nicht.“
Jenny tippte ein paar Anfragen in ihre Tastatur und zögerte über der Enter Taste. Schließlich siegte die Neugier. Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser. Sie klickte sich durch die Liste der Bootsführerscheinbesitzer, Gartner, Garrander, Gerke---kein Gascon. Erleichtert schloss sie die Datei. Natürlich konnte Herr Gascon, konnte Paul den Bootsführerschein auch woanders gemacht haben. Beim nächsten Treffen würde sie ihn danach fragen. Ob er heute anrufen würde?
Logo weckte sie aus ihren Träumereien, indem er ihr einen Stapel Papiere reichte. „Die Unterlagen für den Profiler. Willst du nochmal drüber schauen?“
„ Nein, aber ich überleg gerade, was wir damit machen. Die Profiler beim LKA sind immer hoffnungslos überlastet. Da liegt das erst mal ewig rum. Ich weiß aber, dass hier in Frankfurt an der Uni ein Psychologe mit entsprechender Ausbildung sitzt, den die Kollegen bei Mordfällen schon einige Male hinzugezogen haben.“
„ Fragen kostet ja nichts. Hast du seine Telefonnummer?“
„ Ja, die hab ich für solche Zwecke notiert. Ich ruf gleich an.“
Sie wählte die Nummer und wurde direkt mit dem Psych ologen verbunden, der obendrein Zeit für sie hatte.
„ Super, bei dem ist ein Seminar ausgefallen. Glaub, der hat sich richtig gefreut, dass ich ihn aufsuchen will. Ich fahr los. Bis dann.“
Eine halbe Stunde später traf sie im Hauptgebäude der Frankfurter Universität ein und suchte sich ihren Weg durch die verzweigten Gänge. Nach einigen Minuten stand sie vor der richtigen Tür und klopfte. Wenige Sekunden danach wurde sie aufgerissen und vor ihr stand der Psychologe Dr. Mendelssohn. Mit seinen Jeans, dem weißen kurzärmligen Hemd, der drahtlosen Brille und dem langen Pferdeschwanz kam er ihr viel jünger vor, als sie ihn sich vorgestellt hatte.
„ Sie müssen die Dame von der Polizei sein ? Bitte kommen Sie doch herein und setzen Sie sich. Möchten Sie einen Kaffee?“
Sofort stieg er auf Jennys Beliebtheitsskala steil empor. Ein Mann, der die elementarsten Bedürfnisse einer Frau kan nte.
„ Danke gerne“, lächelte sie ihn an und setzte sich an e inen großen Tisch, dessen eine Hälfte mit Akten beladen war, die wie Kraut und Rüben übereinander gestapelt waren.
„ Nett, dass Sie so kurzfristig Zeit für mich haben.“
„ Eine willkommene Abwechslung zum täglichen Uni-Einerlei. Sie glauben gar nicht, wie froh ich bin, dass ich über Kriminalistik promoviert habe und jetzt immer mal wieder von der Polizei hinzugezogen werde.“
„ Sie haben den Kollegen letztes Jahr bei der Brandstifterserie geholfen, wenn ich mich nicht irre.“
„ Stimmt. Und was haben Sie heute für mich?“
Jenny trank einen Sc hluck Kaffee, der unerwarteter Weise auch noch gut
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