Mörderbrunnen (German Edition)
schmeckte.
„ Ich bräuchte Ihre Hilfe bei einer Mordserie, genauer gesagt bei drei Morden. Zunächst vermuteten wir gar keinen Zusammenhang, die Opfer stammen aus verschiedenen Gesellschaftsschichten, wurden an völlig unterschiedlichen Orten und unter absolut verschiedenen Umständen gefunden. Dann haben wir jedoch herausgefunden, dass alle Fälle mit alten Frankfurter Sagen und Geschichten oder auch historischen Begebenheiten zusammenhängen. Und alle Opfer stehen in Verbindung zu diesen Stadtführungen, die neuerdings stattfinden. Entweder haben sie daran teilgenommen oder sogar mitgearbeitet.“
„ Klingt interessant. Eher nach einem amerikanischen Krimi als nach der Frankfurter Verbrechensszene. Und ich sehe, Sie haben mir eine Menge Unterlagen mitgebracht?“
„ Kopien von allem, was wir an Informationen haben über die Opfer und alle Beteiligten. Ich lasse Ihnen die Unterlagen gerne hier, aber vielleicht können Sie schon einmal kurz drüberlesen und mir Ihre ersten Eindrücke schildern?“
„ Gerne, Zeit habe ich, allerdings wird es ein bisschen dauern. Und für wissenschaftlich fundierte Aussagen brauche ich sowieso länger.“
„ Verstehe, ich erwarte nicht viel. Ein Hinweis, eine Beobachtung, was Täter und Motiv angeht. Jeder kleine Tipp könnte helfen.“
„ Gut, nehmen Sie sich ruhig noch Kaffee, da drüben liegen Zeitschriften. Ich schau mir das an.”
Er lehnte sich bequem zurück und begann zu lesen, während Jenny Kaffee trank und ihn beobachtete. Angeblich verstand er eine Menge von seinem Fach. Aber er sah noch so jung aus. Oder machten das die langen Haare? Ab und zu kratzte er sich am Kopf und blickte sie über seinen Brillenrand kurz an. Nach etwa zwanzig Minuten runzelte er nachdenklich die Stirn.
„ Merkwürdige Geschichte. So viele Morde in so kurzer Zeit. Entweder ist da jemand sehr wütend oder er inszeniert sehr geschickt und zu einem bestimmten Zweck. So gut, wie das alles geplant ist, glaube ich nicht an die Wut, eher an die Inszenierung. Aber wozu? Die Frage ist, sind die Opfer zufällig ausgewählt und dienen ihm nur zur Darstellung der Szenen oder hat er für jeden einzelnen Mord ein Motiv und macht eine Art Spiel daraus?“
„ Ein Spiel?“
„ Ja, ein Spiel! Mit Ihnen vermute ich, also der Polizei. Er möchte herausfinden, ob die Polizei klüger ist als er und seine Rätsel löst. Es hat doch sicher gedauert, bis sie überhaupt auf die Sache mit den Sagen und den Frankfurt-Happenings kamen?“
„ Ja, hätte mein Kollege nicht die Eintrittskarte in der Schublade eines der Mordopfer gefunden, würden wir diesbezüglich immer noch im Dunkeln tappen.“
„ Sehn Sie, diese Herausforderung sucht er. Vielleicht beobachtet er sogar von irgendwoher jeden ihrer Schritte.“
„ Das ist irgendwie…beängstigend.“
„ Ja, ein Täter, der Angst verbreiten will und dies auch kann. Sicher ist er sehr intelligent und auch gebildet. Ich kön nte mir vorstellen, dass er sich gut verstellen kann. Jeder von Ihren Verdächtigen könnte es sein, auch dieser unbeherrschte Herr Grosse, vergessen Sie nicht, er ist Schauspieler.“
Jenny seufzte. „Irgendwie kommen wir da nicht weiter. Keinem von ihnen konnte eine Verbindung zu einem der Opfer nachgewiesen werden, zumindest keine, die irgendein Motiv erahnen ließe.“
„ Was ist denn mit diesem Privatdozenten, der das erste Opfer gemalt hat? In solch einer Beziehung können sich durchaus Motive verbergen.“
Jenny guckte ihn entgeistert an. „ Herr Gascon, der steht eigentlich gar nicht auf unserer Verdächtigenliste.“
„ Jeder im Umfeld ist verdächtig. Können Sie eigentlich die Verdächtigen beobachten lassen?“
„ Das dürfte personell nicht hinhauen. Gibt es Ihrer Meinung nach Hinweise, dass die Mordserie vorbei ist?“
„ Definitiv nein, ich denke, das läuft alles auf einen Höh epunkt hinaus. Natürlich habe ich nicht viele Informationen, aber ich glaube, besser gesagt, ich fürchte, dass bald der nächste Mord passieren wird.“
„ Hoffentlich haben Sie damit nicht recht, aber gedacht habe ich das auch schon. Wir müssen einen Zahn zulegen. Vielleicht begeht er einen Fehler.“
Der Psychologe nickte. „In Kriminalromanen liest man immer, dass die Täter irgendwie außer Kontrolle geraten, immer schneller morden und Fehler machen. In der Realität ist das leider ganz anders. Es gibt Serienmörder, die planen Morde über Jahre, begehen sie dann und kehren wieder für Jahre zu einem völlig normalen
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