Mörderisch verliebt: Roman (German Edition)
bringen Sie mich hin?« Das waren meine ersten Worte. Keine Ahnung, warum ich genau das wissen wollte. Rückblickend war es doch eher egal, wohin sie mit mir wollten. Ich bezweifle, dass sie sich vorgenommen hatten, einen Abend mit mir im Streichelzoo zu verbringen.
»Durchsuch ihre Handtasche!«
Knoblauchfahne riss mir die Handtasche von der Schulter und durchwühlte sie.
»Was gefunden?«, fragte der Fahrer. Ich war wie gelähmt bei der Erinnerung an die Waffe in seiner Hand, als er mich über den Zaun der Georges verfolgt hatte.
»Das hier!«
Steif drehte ich mich zu dem zweiten Kerl um. Er war gelenkig und ziemlich dürr. Vielleicht durch Drogenkonsum, vielleicht aber einfach durch Vererbung. Er hielt einen Tampon hoch und gluckste.
Mein Magen verkrampfte sich.
»Du bist echt ein Schwachkopf! Pack ihn weg!«
Kichernd gehorchte er.
»Wo will er hin?«
Ich wandte mich wieder dem Fahrer zu. »Wie bitte?« Meine Stimme klang komisch, irgendwie belegt und zittrig.
»Der Computerfuzzi. Wo ist er hin?«
Mir schnürte sich der Hals zu. »Solberg?«
»Da guck sich einer mal die an!«, sagte der Fahrer. »Sie ist ja ’n ganz helles Köpfchen, was? Hat bestimmt ’ne 1a-Bildung. Typisch Solberg!«
Ich schüttelte den Kopf. Ich fühlte mich matt und atemlos. »Ich weiß es nicht! Woher soll ich das wissen?«
»Weil er dich eben angerufen hat.«
»Woher …«
»Wir haben unsere Methoden.« Der Gestank von Knoblauch umwaberte mich, aber ich drehte mich nicht zu dem Redner um. Stattdessen schluckte ich und gab mir Mühe, mich nicht zu übergeben. Wahrscheinlich würden die durchdrehen, wenn ich ihnen das Auto vollkotzte, einen alten Cadillac. Mein Bruder James würde es liebevoll »ein älteres Modell« nennen und mir PS-Zahl und ein Dutzend weiterer Informationen über den Motor liefern, was mir aber im Moment vollkommen egal war. Meine Brust fühlte sich hohl an, als sei mein Herz geschrumpft und die Lunge kollabiert. Irgendein unverständliches, quakendes Geräusch kam mir über die Lippen.
»Was ist los mit dir?«, fragte Knoblauchfahne.
Ich konnte nichts sagen. Konnte nicht atmen. Ich riss an meiner Jacke.
»Was ist los mit ihr?«
Mir kam es vor, als würde das Auto auf mich einstürzen.
»Jed!« rief Knoblauchfahne. »Was ist mit ihr?«
Am Rande bekam ich irgendwie mit, dass das Auto anhielt. Es war verdammt dunkel, aber vielleicht kollabierte auch gerade nur mein Kreislauf. Trotzdem merkte ich, wie sich der Fahrer zu mir umdrehte. Und dann flog mein Kopf gegen den Sitz in meinem Rücken.
Meine Wange schmerzte höllisch, wo er mich getroffen hatte, aber meine Lungen öffneten sich. Meine Hände fielen mir wie schlappe Nudeln in den Schoß.
»So ist’s besser«, erklärte Jed.
»Was war los?«, fragte Knoblauchfahne. Weit hinten in meinem benommenen Kopf informierte mich in nüchternem Tonfall der Pragmatiker in mir, dass er das schwache Bindeglied in der Kette war. Aber gerade in diesem Moment war mein Interesse für schwache Bindeglieder genauso groß wie das für Automotoren.
»Nichts, was ein paar gute Ohrfeigen nicht beheben könnten. Jetzt …« Der Fahrer grinste mich höhnisch an. Er hatte breite Schultern. Nein, Moment mal. Sie waren fett. Einfach nur verdammt fett. »Jetzt wirst du uns eine kleine Geschichte erzählen.«
Ich versuchte, eine Frage zu formulieren, aber kein Wort kam mir über die Lippen.
Er ohrfeigte mich wieder, und irgendwie schaffte es meine Hand, in die Jackentasche zu gelangen.
Die Flasche Pfefferspray fühlte sich kalt an. Meine Konzentration auf das fleischige Gesicht ließ nicht einen Moment lang nach. Ich hob die Hand. Mein Finger bewegte sich. Ein zischendes Geräusch ertönte.
Jed kreischte los wie eine Hyäne und hielt sich verzweifelt die Augen zu.
Ich erlebte alles wie in Zeitlupe.
»Was ist los?«, schrie Knoblauchfahne.
Ich drehte mich zu ihm um und verpasste auch ihm eine ordentliche Ladung.
Ein Schrei ertönte. Verzweifelt klammerte er sich am Türgriff fest. Ein kalter Strom frischer Luft blies herein. Er fing an zu würgen, stützte sich an der Tür ab und lehnte sich nach draußen.
Vielleicht lag es an der frischen Luft, die hereinströmte. Vielleicht an der Freiheit, die ich witterte – was auch immer es war, mein Hirn kam endlich auf Touren.
»Du Miststück!« Jed sprach zwar undeutlich, doch er drehte sich schon wieder zu mir um. Seine Nase lief, und er hatte die Zähne gefletscht.
Adrenalin und Angst durchströmten mich wie Wasser
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