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Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat

Titel: Mörderische Ärzte: der hippokratische Verrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Pfeiffer
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erschienenem Buch über Pfeilgifte. Lewin berichtete darin über Beobachtungen, die er in Afrika an Menschen gemacht hatte, welche durch strophantinvergiftete Pfeile verwundet worden waren. Eine solche Verletzung gleiche einer überstarken intravenösen Injektion. Einer der tödlich Verwundeten, so schrieb er, starb folgendermaßen: »Einige Minuten nach dem Einschuss des Giftes legt sich der Getroffene hin. Kalter Schweiß bedeckt ihn.
    Die Atmung wird selten und unterbrochen, der Puls schwach, sehr schnell, dann stark vermindert. Sobald dieses Stadium eingetreten ist, steht das Herz plötzlich still. Dem Tod geht oft eine Zuckung voraus. Es sind dies die Symptome des Herztodes.«
    Dr. Richter nahm seine Vorbereitung sehr genau. Er legte sich eine Art Mordakte an, in der er auch die zulässige und die tödliche Strophantin-Dosis vermerkte. Er notierte, dass die übliche Einzelgabe nicht mehr als ein bis fünf Milligramm beträgt und dass dreißig Milligramm, auf einmal verabreicht, absolut tödlich seien.
    Damit war Richter bei der entscheidenden Frage angelangt: Wie sollte er seinem Opfer die tödliche Giftmenge beibringen?
    Er könnte das Gift in Pralinen injizieren.
    Er könnte kristallinisches Strophantin in ein Getränk mischen.
    Beide Methoden wären unsicher, da die Magensäure das Strophantin zu rasch zersetzen und unwirksam machen würde.
    Oder er überredet das Opfer, einer Injektion zuzustimmen. Das wäre möglich, da er auf Käthes Wunsch nach ihrer Operation eine Nachbehandlung durchführte. Aber da jede Ampulle nur die zulässige Einzelgabe enthält, müsste er eine zu große Menge injizieren. Käthe könnte misstrauisch werden.
    Schließlich, nach tagelangem Grübeln, hatte er den todsicheren Einfall...
    Am 16. November suchte er eine Binger Apotheke auf und verlangte G-Strophantin. Der Apotheker hatte es zwar vorrätig, aber nur in Ampullen. Richter wünschte es jedoch in Form von Pulver. Der Apotheker fragte erstaunt, ob es unbedingt als Pulver gebraucht werde. Das sei noch nie verlangt worden, weil es sehr gefährlich sei. Richter antwortete, als HNO-Arzt wolle er damit einen Versuch zur Ätzung der Nasenschleimhaut machen. Der Apotheker versprach, pulverisiertes Strophantin gleich zu bestellen. Es werde allerdings einige Tage dauern.
    Richter nutzte die Wartezeit, um Käthe anzukündigen, er werde recht bald nach Bonn kommen, um mit ihr über die Heirat zu sprechen.
    Nach dieser Nachricht war sich Käthe ziemlich sicher, dass sich Richter ihrer Forderung gefügt habe und einer Eheschließung nichts mehr im Wege stand. Glücklich berichtete sie ihrer Mutter, sie werde jetzt den Staatsanwaltsrat aufgeben, Dr. Richter sei ihr viel lieber. »Und außerdem«, schloss sie, »habe ich schließlich auch ein Recht auf ihn. Er hat eine tadellose Praxis. Ich kann nicht einsehen, wofür ich das alles gelitten haben soll.«
    Die Mutter war skeptisch. »Seit Jahren verspricht er, dich zu heiraten, ich traue ihm nicht. Der Staatsanwaltschaftsrat liebt dich wirklich, er meint es ernst. Du solltest endlich mit Dr. Richter Schluss machen und dafür sorgen, dass er nicht mehr mein Haus betritt.«
    Käthe fügte sich scheinbar dem Wunsch der Mutter und versprach, ihm abzusagen und ihn nicht zu empfangen. Da die Mutter in den nächsten Tagen ihre Schwester in Dortmund besuchen wollte, fügte Käthe hinzu: »Du kannst also beruhigt zu deiner Schwester fahren.«
    Die Mutter reiste ab. Das Wochenende kam heran. Käthe wollte es allein mit Dr. Richter verbringen. Seit Peter nach Bingen verzogen war, hatte Käthes Mutter die Zimmer an drei Studenten vermietet. Käthe hätte es gern gesehen, wenn sie am Samstag mit Richter allein in der Wohnung gewesen wäre. Sie befragte die Studenten, was sie am Samstag vorhätten. Einer wollte nach Hause fahren, die beiden andern ins Theater gehen. Käthe war zufrieden. Zumindest am Abend war sie ungestört mit Richter zusammen. Sie schrieb ihm sofort: »Komme am Samstag Abend. Meine Mutter ist in Dortmund. Wir sind allein.«
    Richter hatte inzwischen schon zweimal vergeblich in der Binger Apotheke nach dem bestellten Strophantin gefragt. Es wurde erst am Freitag, dem 30. November, geliefert, für Richters Planung also im letzten Augenblick, denn am nächsten Tag sollte der Mord geschehen. Käthe war allein, die Gelegenheit also günstig.
    Käthe verbrachte den Samstag bis abends in heiterster Stimmung. Sie beaufsichtigte das Kind einer Bekannten, das so alt war wie ihre Tochter

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