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Mörderische Aussichten

Mörderische Aussichten

Titel: Mörderische Aussichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A George
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mein Verhalten als kleine geistige Ausflüge. Vermutlich
     ist es genau das, was ich mache. Nachdem ich die Suppe in den Kühlschrank gestellt hatte, setzte ich mich an einen Klapptisch
     an der Wand, wo Meemaw und Sunshine offenbar auf einem abgenutzten Brett Halma gespielt hatten. Ein paar der Spielfiguren
     waren verloren gegangen, und sie hatten sie durch Maiskörner und kleine Kieselsteinchen ersetzt. Ich wandte meinen Blick ab
     von dem traurigen unvollendeten Spiel und dachte an die »Weißen Wochen«, die das Kaufhaus Sears veranstaltete, und wie seltsam
     der Zeitpunkt dafür war, weil die »Weißen Wochen« normalerweise im Januar stattfanden. August war eigentlich der Monat für
     spezielle Verkaufsaktionen zum Schulbeginn. Aber vielleicht brauchten ja die Kinder, die eingeschult wurden, Handtücher und
     andere Dinge.
    »Sunshine?«, rief Meemaw mit schwacher Stimme.
    Ich setzte meinen Gedankenausflug fort. Ein paar Daunenkissen wären gut. Sie kosten ein Vermögen, weshalb man sie im Sonderangebot
     kaufen sollte. Es wäreeine nette Überraschung für Fred. Und vielleicht eine neue Tagesdecke für das mittlere Schlafzimmer. Eine geblümte?
    Schwesterherz setzte sich auf. »Ich muss zur Toilette.«
    Meemaw deutete auf etwas, das ich für eine kleine Speisekammer gehalten hatte. »Aber vielleicht ist ja Sunshine da drin.«
    »Mach die Tür auf, Maus, und schau nach. Du bist dichter dran.«
    Meine Vision von den »Weißen Wochen« bei Sears löste sich in Luft auf. Ich würde diese Toilettentür auf keinen Fall öffnen.
     »Mach du sie auf!«
    »Ich schwör’s«, sagte Meemaw, während sie um sich blickte, »ich war nicht länger als fünfzehn, vielleicht zwanzig Minuten
     weg.« Sie rappelte sich hoch und öffnete die Tür zur Toilette. »Sie ist leer.«
    Schwesterherz stand auf und quetschte sich hinein. Jahrelange Flugerfahrung war dabei hilfreich, da bin ich mir sicher.
    »Vielleicht schläft Sunshine ja«, sagte Meemaw und lief nach hinten in den Schlafbereich. Die Aussicht, dass jemand einen
     Mord oder unser Gekreische verpennt hatte, war ausgesprochen gering. Ich hielt den Atem an, bis sie sich herumdrehte und sagte:
     »Nein, hier ist sie auch nicht.« Gut.
Eine
Leiche in diesem Wohnwagen war schon eine zu viel.
    Ich zwang mich, zu dem Mann hinabzublicken. Er war überdurchschnittlich klein und hatte dunkles Haar und eine olivfarbene
     Haut. Er war ordentlich gekleidet – dunkelgrauer Anzug, weißes Hemd, rot-grau gestreifte Krawatte   –, wenn auch eher zu warm für einen solch heißen Tag. Polierte Ziegenlederschuhe waren zur Seite weggestreckt und ließen das
     obere Ende von schwarzenSeidensocken hervorblitzen. Auf dem weißen Hemd war überraschend wenig Blut zu sehen. Offenbar war das Schweineschlachtmesser
     glatt eingedrungen und versiegelte mehr oder weniger die Wunde. Oder – o Gott – war es möglich, dass das Messer den Körper
     des Mannes komplett durchdrungen hatte? Dass er auf dem Boden aufgespießt war?
    Dieser Gedanke schaffte mich. Nicht einmal Sears’ »Weiße Wochen« konnten mich noch retten.
    »Ich muss auf der Stelle hier raus«, sagte ich und stürzte zur Tür.
    »Nimm einen Stock«, sagte Meemaw.
    »Diese Hunde wagen sich besser nicht in meine Nähe.«
    »Ich komm mit dir mit«, sagte Schwesterherz und trat aus der Toilette, ihre zerdrückte weiße Leinenhose noch nicht ganz hochgezogen.
    »Schaut mal, ob ihr Sunny seht«, rief uns Meemaw nach, als wir auf das Auto zuhechteten. Kein einziger Hund hob auch nur den
     Kopf.
    Das Auto war glühend heiß, aber Schwesterherz und ich zitterten beide so sehr, dass uns die Hitze guttat. Wir schmiegten uns
     an das warme Leder der Vordersitze, und unsere Zähne klapperten wie Kastagnetten.
    »Wer, zum Teufel, ist das? Was glaubst du?«, fragte Schwesterherz.
    »Keine Ahnung.«
    »Und wo, denkst du, ist Sunny?«
    »Keine Ahnung.« Ich sah, wie Meemaw ihren Wohnwagen verließ und zu dem von Kerrigan ging. »Vielleicht ist sie ja da drin,
     in dem Wohnwagen ihrer Mutter.«
    »Tot.«
    »Natürlich nicht. Sie hat den toten Mann kommen hören – wer auch immer er ist und in welchem Wagen erauch immer hierherfuhr   –, und sie wusste, was er vorhatte, und konnte sich gerade noch irgendwo verstecken.«
    »Glaubst du das wirklich?«
    »Absolut. Wenn wir jetzt also eine Ahnung hätten, wer er ist, wie er hierherkam und was er im Schilde führte, dann wüssten
     wir auch, wo Sunshine ist.« Ich faselte nur so daher, aber Mary Alice

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