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Mörderische Aussichten

Mörderische Aussichten

Titel: Mörderische Aussichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A George
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Mary Alice blickte
     auf ihr Sandwich. »Habe ich nicht zum Mittagessen auch schon Putensandwich gegessen?«
    Ich blickte auf mein eigenes Brot. Bislang hatte ich es erst einmal geschafft, hineinzubeißen. »Ich erinnere mich nicht. Ich
     weiß nur noch, dass die Kellnerin Blenda hieß.«
    »Blenda. Das ist ein hübscher Name.« Mary Alice wandte sich an Haley. »Und du bist ganz sicher nicht schwanger, mein Schatz?«
    Haley grinste. »Noch nicht, Tante Schwesterherz.«
    »Die überstürzte Hochzeit findet also nur aus praktischen Gründen statt?«
    Wenn ich das gesagt hätte, wäre Haley mir an die Gurgel gesprungen. Aus dem Mund meiner Schwester machte es ihr nichts aus.
    »Nun, wir wollten es irgendwann sowieso tun. Und als jetzt Philip die Einladung bekam, ein Semester an der medizinischen Fakultät
     in Warschau zu unterrichten, dachten wir, das könnten doch wundervolle Flitterwochen werden.«
    Ich hatte bereits mindestens ein Dutzend Mal »Aber das kommt so plötzlich« gesagt. Diesmal schwieg ich, dafür sprach Mary
     Alice es aus.
    »Ich weiß, Tante Schwesterherz. Wir feiern noch ganz groß, wenn wir wieder zurück sind; vielleicht heiraten wir dann auch
     noch kirchlich. Aber diesen Samstag treffen wir uns mit Richter Bennett um zehn Uhr in seinen Amtsräumen. Nur Philip und ich,
     du, Papa und Mama und Philips Kinder, falls sie es ermöglichen können.«
    Dr.   Philip Nachmans erwachsene Kinder. Ich hatte das bereits seit mehreren Monaten kommen sehen, aber der Altersunterschied von
     mehr als zwanzig Jahren machte mir noch immer zu schaffen. Nicht so Mary Alice, deren sämtliche Ehemänner achtundzwanzig Jahre
     älter gewesen waren als sie. Und
so
reich.
    »Ich finde das großartig. Meine Nichte und mein Neffe heiraten.« Mary Alice mampfte ungerührt ihr Sandwich. »Ich hoffe, sie
     haben bis dahin Sunshine gefunden.«
    »Das hoffe ich auch«, pflichtete ihr Haley bei. »Vielleicht ist Ray bis dahin ja wieder zu Hause, und sie können beide zu
     der Hochzeit kommen.«
    Ich aß mit zwei Wahnsinnigen zu Abend. Wie viel Verstand brauchte man, um eine Leiche, ein vermisstes Mädchen und ein blutiges
     Nachthemd zusammenzuzählen und sich darüber im klarzuwerden, dass bei der Hochzeit am Samstag ein Gast fehlen würde?
    »Meine Nichte und mein Neffe ein Ehepaar. Das gefällt mir. Ich wette, dass es das nicht häufig gibt«, sagte Schwesterherz.
    »Das hängt davon ab, in welchem Bundesstaat du lebst.« Ich stand auf und schenkte uns allen Tee nach. Tatsächlich war Dr.   Philip Nachman, ein Hals-Nasen-Ohren-Spezialist, der Neffe von Mary Alices zweitem Ehemann, Philip Nachman Nummer 1.   Er und Haley hatten sich auf Debbies Hochzeit kennengelernt, auf der Dr.   Philip (der Neffe; der Onkel war schon lange tot) den Brautführer gespielt hatte. »Ich finde das einfach grandios«, sagt Mary
     Alice immer. Die meisten Leute finden es eher verwirrend.
    Das Telefon klingelte, und ich ging dran.
    »Hallo, Tante Pat. Hast du meine Sunshine schon kennengelernt?« Ray klang, als stünde er im Nebenzimmer.
    »Das habe ich, und sie ist ein Schatz. Hier ist deine Mutter, mein Guter.« Ich ließ den Hörer wie eine heiße Kartoffel in
     Mary Alices Hand fallen und ging in mein Schlafzimmer. Ich wollte diese Unterhaltung nicht mit anhören. Eine Sekunde später
     folgte mir Haley.
    »Du hast einen gottserbärmlichen Tag hinter dir, oder, Mama?«
    »Es war ziemlich schlimm.«
    Wir saßen auf dem Bett und sahen einander an.
    »Vielleicht könnt ihr beide, Papa und du, ja an Weihnachten rüberfliegen. Wäre das nicht wundervoll? Ich glaube, es schneit
     viel in Warschau.«
    Ich schluckte schwer. »Was ziehst du am Samstag an?«
    »Mein pfirsichfarbenes Leinenkostüm, denke ich.«
    Sie würde es nicht bis ins Rathaus schaffen, ohne dass es so zerknittert aussähe, als habe sie darin geschlafen. Aber ich
     nickte nur. Ob Mary Alice Ray wohl alles erzählen würde, was passiert war, oder ersparte sie ihm das eine oder andere Detail?
    »Haley«, sagte ich, »ich glaube, Sunshine ist tot.«
    »Ich weiß«, erwiderte sie leise.
    Wir saßen auf dem Bett und hielten uns an der Hand, als Mary Alice an die Tür kam. »Der Flug dauert vierundzwanzig Stunden«,
     sagte sie. »Er wird morgen hier sein.« Sie setzte sich neben uns aufs Bett. »Er hörte sich mitgenommen an.«
    »Hast du etwa das blutige Nachthemd erwähnt?«
    Schwesterherz nickte.
    »Das dürfte ihm den Rest gegeben haben.«
    »Wahrscheinlich.« Mary Alice ergriff

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