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Mörderische Aussichten

Mörderische Aussichten

Titel: Mörderische Aussichten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A George
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plötzlich ein, wie meine Mutter immer gesagt hatte:
»Denk dran, Patricia Anne, deine Schwester meint es immer gut.«
Was das
»immer«
angeht, war ich mir nicht sicher, aber in diesem Fall war es so. Ich ließ meinen Groll verrauchen und fragte, was für einen
     Hochzeitskuchen Schwesterherz denn geplant habe. Ich konnte dem Drang nicht widerstehen.
    Haley, die Gute, begann zu lachen. »Sie hat irgendwie die Regie übernommen, stimmt’s?«
    »Dabei aber einen guten Job gemacht, wie es klingt. Du solltest nur nicht vergessen, dass es die Hochzeit von dir und Philip
     ist.«
    »Ich werd dran denken.« Haley lehnte sich nach vorn und tätschelte Woofer. »Die Hochzeit von mir und Philip.« Sie genoss die
     Worte.
    Es herrschte einen Moment lang Schweigen, bis Haley mit einem Mal aufsprang. »Das Kleid wird gerade geändert, aber die Schuhe
     liegen im Auto. Ich muss sie dir zeigen, Mama.«
    Ich griff nach einem frischen Papiertaschentuch und wischte ein paar neue Tränen ab, während sie zum Auto lief. Das Telefon
     klingelte, und ich ging dran.
    »Du hast schon wieder geweint«, stellte Schwesterherz fest.
    »Nein, habe ich nicht. Ich bin gerade erst aufgewacht. Haley ist hier.«
    »Hat sie dir von der Hochzeit berichtet?«
    »Jede kleinste Änderung.«
    »So ist es doch viel netter, oder? Wer heiratet schon gerne im Rathaus?«
    »Eine Menge Leute. Du und Roger, habt ihr nicht auch im Rathaus geheiratet?«
    »Ja, aber das hätten wir nicht tun sollen. Das war bei Weitem die am wenigsten denkwürdige meiner Hochzeiten. Am meisten erinnere
     ich mich an den Richter, der seine schätzungsweise drei Haare von einem Ohr zum anderen gekämmt hatte. Ich weiß wirklich nicht,
     warum Ehefrauen ihre Männer mit solch einer Frisur vor die Tür gehen lassen. Ich habe Roger gleich nach der Feier gesagt,
     es sei mir egal, wie kahlköpfig er würde, Hauptsache, er legt sich nicht die Resthaare über die Platte.«
    »Er wusste das sicher sehr zu schätzen.«
    »Es schien so. Ich hoffe, Ray bekommt nicht frühzeitig eine Glatze wie sein Vater.«
    »Frühzeitig? Roger war sechzig, Mary Alice.«
    »Er hatte schon lange keine Haare mehr. Hat Haley die Sachen dabei, die sie anziehen wird?«
    »Sie ist gerade zum Auto gegangen, um die Schuhe zu holen; das Kleid muss noch geändert werden.«
    »Hör zu, ich komm gegen Viertel nach sechs bei dir vorbei.«
    »Weshalb?«
    »Um Ray vom Flughafen abzuholen.«
    »Du willst, dass ich mitkomme?«
    »Ray will, dass du dabei bist. Als ich ihn anrief, um ihm von Sunshines Nachricht zu erzählen, sagte er, ich solle dich unbedingt
     zum Flughafen mitbringen.«
    »Wann hast du denn mit Ray gesprochen?«
    Haley kam mit einem Schuhkarton zurück, setzte sich und zog ihre Segeltuchschuhe aus.
    »Heute Morgen.«
    »Wie konntest du heute früh mit ihm sprechen? Er war zwölftausend Meter über dem Pazifischen Ozean.«
    »Ich habe das Telefon in die Hand genommen und ihn angerufen, Maus. Ganz einfach. Aber egal, ich hol dich jedenfalls gegen
     Viertel nach sechs ab. Sag Haley, dass ich ihr Outfit sehen möchte.« Dann war die Leitung tot.
    Haley streckte mir einen perlenbesetzten Schuh entgegen, den ich bewundern sollte.
    »Sehr schön«, sagte ich nickend. »Weißt du was? Deine Tante Schwesterherz sagt, sie habe Ray auf halbem Weg über den Pazifik
     im Flugzeug angerufen. Ist das nicht unglaublich? Zwölftausend Meter in der Luft, und dann klingelt da das Telefon?«
    »Das geht einfach über Satellit.«
    Natürlich. Einfach über Satellit. Haley hatte hier eine Frau vor sich, die noch immer nicht kapiert hatte, wie man all die
     Stimmen in die Telefondrähte presste.
    »Sind die nicht hübsch?« Haley stand auf und spazierte umher. Sogar Woofer blickte bewundernd auf.
    »Sie sind fantastisch.« Sie waren es wirklich.
    »Morgen früh bringe ich das gesamte Outfit mit und zeige es dir. Oder noch heute Abend. Ich hole das Kleid so gegen fünf Uhr
     ab.«
    »Ruf vorher an. Wie es aussieht, fahre ich zusammen mit Schwesterherz zum Flughafen, um Ray abzuholen. Sie sagte, er wolle,
     dass ich dabei sei. Ich kann mir nicht vorstellen, warum. Aber ich freue mich darauf, ihn zu sehen.«
    »Ray kennt seine Mama. Er will dich dahaben, damit er gleich weiß, was mit Sunshine los ist.«
    Die Antwort gefiel mir, aber ich hatte doch das Gefühl, für Mary Alice Partei ergreifen zu müssen, ganz so wie unsere Mutter
     es immer getan hatte. »Sie meint es gut, Haley.«
    »Ich weiß, Mama. Aber du machst die Sache rund.

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