Mörderische Aussichten
einen anschaut, als wolle er sagen:
Bist du dir sicher, dass das nötig ist?
Ich spritzte Palmolive auf Woofer und schäumte ihn ein. Er saß friedlich und gehorsam in dem Planschbecken und sah dabei halb
so groß aus wie sonst, wenn er nicht nass war.
»Wir hatten Besuch um drei Uhr heute früh«, erzählte ich ihm. »Du hast nicht gebellt. Ist alles in Ordnung mit dir?«
Woofer hielt seine Schnauze hoch, damit ich seinen Hals waschen konnte.
Um drei Uhr früh? Brave Hunde liegen da in ihrem Bett und schlafen.
»Das stimmt. Und du bist ein braver, guter Hund.« Ich machte mit dem Einschäumen Schluss und spülte ihn mit dem warmen Wasser
aus einem der Krüge ab.
»Das Wasser im Gartenschlauch ist bestimmt warm«, sagte Fred. Er war auf die Veranda hinausgetreten und schaute uns zu. »Ich
hol ihn dir.«
»Diese Katze war schon wieder auf dem Küchentisch«, meinte er, als wir mit dem Abspülen von Woofer fertig waren. Er hob ihn
aus dem Planschbecken und reichte ihn mir, damit ich ihn trocken rubbeln konnte. »Können wir irgendetwas dagegen machen? Ich
habe diese blöde Zeitung gelesen, und er kam in voller Lebensgröße hochgesprungen.«
»Überhaupt nichts.« Ich frottierte Woofers Kopf, dasgraue Fell zwischen seinen Ohren. »Und die Katze ist eine Sie.«
»Nun, sie muss jedenfalls lernen, sich zu benehmen.« Fred kippte das Planschbecken um, damit das Wasser abfließen konnte.
Das Augustgras würde dankbar dafür sein, selbst mit dem Palmolive-Zusatz. »Mary Alice hat angerufen.«
»Hast du ihr das mit Sunshine erzählt?« Ich drückte Woofer einen Kuss auf die Nase und ließ ihn kleine Regenbogen in die Luft
schütteln, um sich dann in jedem Dreck, den er finden konnte, zu wälzen.
»Ich hatte keine Gelegenheit dazu. Sie war völlig aufgelöst, weil Haley heute Morgen zum Friedhof gehen wollte.«
»Was?«
»Ich weiß nicht. Ich habe ihr gesagt, du würdest sie anrufen.«
»Und du hast sie nicht gefragt, was sie da eigentlich erzählt?«
»Liebling, du weißt, dass ich in die Worte deiner Schwester selten viel Sinn hineinbekomme.«
»Mein Gott, Fred,
so
schlimm ist sie nun auch wieder nicht.« Ich trocknete meine Hände seitlich an meinen Shorts ab und lief zum Telefon. Haley
wollte zum Friedhof?
»Es ist die Wahrheit, bei Gott«, sagte Schwesterherz, als ich sie erreichte. »Sie und Neffe gehen vor der Kirche raus zu Toms
Grab. Sie nehmen Blumen mit und wollen mit ihm eine Unterhaltung führen.« Schwesterherz machte eine Pause. »Die wird sehr
einseitig, wenn du mich fragst.«
»Eine Unterhaltung?«
»Ich weiß nicht, Maus. So hat es jedenfalls Neffe genannt.Ich nehme an, er will Tom sagen, dass er gut auf Haley aufpassen wird, oder etwas in der Art. Du solltest sie wirklich anrufen
und ihr sagen, dass sie das nicht tun soll.«
»Aber ich finde es irgendwie süß, Tom wissen zu lassen, dass man ihn nicht ausschließt.«
»Hör zu, Maus. Tom
ist
ausgeschlossen. Und zwar seit der Minute, in der ihn dieser Vierzigtonner erwischt hat.«
»Nein. Er wird nie aus Haleys Herz ausgeschlossen sein und auch nicht aus unserem.«
»Nun, wie dem auch sei: Ruf sie an und sag ihr, sie soll da nicht hingehen.«
»Warum? Nur weil du nicht die Gräber deiner toten Ehemänner besuchst, heißt das noch lange nicht, dass Haley das auch nicht
tun sollte.«
»Ich besuche sie immer an ihrem jeweiligen Geburtstag, Miss Klugscheißerin, und bringe jedem von ihnen Blumen mit. Das ist
nicht der Punkt. Um wie viel Uhr ist die Hochzeit?«
Ich war leicht verwirrt. »Um elf.«
»Und wie heiß ist es?«
»Sehr heiß.«
»Und sie gehen vor der Hochzeit zum Friedhof? Sie werden verschwitzt und schlapp sein. Haleys Haar wird sich entsetzlich kräuseln
auf allen Hochzeitsfotos. Zufällig habe ich nämlich einen Fotografen angeheuert. Und darüber hinaus wird sie womöglich weinen
und ihr Gesicht wird rot und verquollen sein.« Schwesterherz machte eine kurze Pause, um Luft zu holen. »Du solltest sie wirklich
anrufen, Patricia Anne.«
»Ich denke darüber nach.« Ich wusste, dass ich es nicht tun würde. Wenn Haley Tom ein letztes Mal als seine Frau besuchen
wollte, dann war das ihre Angelegenheit.Ich wechselte das Thema. »Sunshine war heute früh um drei hier.«
»Du machst Witze. Und wo ist sie jetzt?«
»Keine Ahnung.«
»Was wollte sie denn?«
»Sie wollte wissen, wie es Meemaw geht. Ich habe ihr gesagt, was ich wusste. Weißt du irgendetwas Neues über ihren Zustand?«
»Ich
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