Mörderische Aussichten
ist aber erst jetzt eingefallen, wer es war.«
»Wer denn?« Schwesterherz drehte die Klimaanlage höher. »Gott, ist es heiß in diesem Auto.«
»Das war dieser Kerl von der Antiquitätenhandlung.«
»Welcher Kerl?«
»Als du die Kleider anprobiert hast und ich Sunshine gesehen habe. Ich hab doch die Geschäfte bis zur Ecke hin abgeklappert,
um herauszufinden, wo sie gewesen war, erinnerst du dich? Eines davon war ein Antiquitätenladen. Und dieser Typ ist der Besitzer.«
»Ja und?«
Ich hasse es, wenn Leute in dieser Art und Weise »Ja und?« sagen.
»Nichts ja und, außer dass er vielleicht einen weißen Lieferwagen besitzt und Kerrigan aufgesammelt hat.«
»Vielleicht hat er ja nur einen kranken Verwandten im Krankenhaus besucht.«
»Wahrscheinlich.«
»Oder er ist einer von Kerrigans Lovern. Das wäre doch denkbar, nach allem, was wir wissen. Reich mir mal das Telefon. Ich
rufe Ray an.«
Ich gab es ihr nur widerstrebend. Für mich sind Fahrenund Telefonieren zwei Dinge, die man am besten nicht gleichzeitig tut. Mary Alice ist da anderer Ansicht.
»Hallo, mein Schatz«, sagte sie, während sie, hätte ich nicht gekreischt, um ein Haar eine rote Ampel überfuhr. »Deine Schwester
kommt wieder in Ordnung. Sie behalten sie über Nacht da, aber sie zeigt keine Anzeichen für Wehen.« Sie schwieg. »Tatsächlich?«
Sie sah mich an. »Will er das?« Sie drückte den Hörer an ihre Brust und sagte: »Der Sheriff ist bei mir zu Hause und will
mit uns reden.«
»Mit mir?«
»Ray sagt, mit uns beiden.«
Ich blickte auf meine Uhr.
»Himmel Arsch und Zwirn, Patricia Anne«, entfuhr es Schwesterherz. »Fred ist noch satt von dem Lachs. Wahrscheinlich schläft
er oder sieht sich Baseball im Fernsehen an.«
Ich wusste, dass sie recht hatte.
»Okay«, pflichtete ich ihr bei.
»Es wird deine Gedanken von Haley ablenken. Außerdem musst du auch was von der Hochzeitstorte mitnehmen und in die Gefriertruhe
tun.«
Tatsächlich hatte ich gar nicht an Haley gedacht, bis sie mich jetzt wieder an sie erinnerte.
Ein paar von den Sprinklern waren bereits angegangen, als wir durch Mary Alices Viertel fuhren. Vom Berg oben konnten wir
Gewitterwolken aus dem Westen heraufziehen sehen. Das war es, was wir brauchten, um der Hitze wenigstens kurzzeitig ein Ende
zu setzen.
Sheriff Reuse stand vor der Tür, als wir am Haus meiner Schwester vorfuhren.
»Ich war draußen, um meine Autofenster hochzukurbeln«, sagte er. »Es wird in Kürze ein Gewitter geben.«
Er sah gut aus heute. Er trug leichte graue Baumwollhosen, ein verwaschenes Chambray-Hemd und Docksider ohne Strümpfe. Wie
frisch aus einem Lands’-End-Katalog. Nicht schlecht. Überhaupt nicht schlecht.
»Sie sehen schick aus«, bescheinigte ihm Mary Alice.
»Ich habe eine Verabredung. Als Ray mich jedoch anrief und mir erzählte, was passiert ist, dachte ich, ich sollte besser erst
einmal hier vorbeikommen.«
»Ist Ray auf der Veranda?«
Der Sheriff nickte und hielt uns die Tür auf.
»Hat er Ihnen von den Perlen erzählt?«, fragte ich.
»Natürlich. Schmuggeln ist zwar ein Bundesdelikt, aber ich möchte erst alle Fakten klargestellt haben, bevor ich die Behörden
verständige. Ich muss wissen, dass wir es hier wirklich mit Schmuggel zu tun haben.«
Wir gingen den Flur entlang in Richtung Glasveranda. Ray streckte den Kopf aus der Küche und fragte, ob wir gern etwas zu
trinken hätten. Wir wollten beide ein großes Glas Wasser.
»Okay«, sagte Sheriff Reuse, »lassen Sie uns am Tisch Platz nehmen. Da kann ich besser schreiben.«
Ray brachte uns das Wasser, und wir setzten uns. Ich saß auf dem Stuhl mit Blick nach Westen. Die Gewitterwolken hatten sich
plötzlich vor die Sonne geschoben.
Der Sheriff zog seinen Notizblock und einen Stift heraus. »Was würden Sie sagen, wie viele Perlen haben Sie beide gesehen?«
»Ich habe gar keine gesehen«, sagte Mary Alice.
Ich versuchte mir das Halma-Spielbrett ins Gedächtnis zu rufen. »Acht. Vielleicht neun.«
»Auf dem Tisch in Meemaws Wohnwagen.«
»Ja. In dem ganzen Durcheinander landete eine davonin meiner Hosentasche. Ich dachte, es sei bloß ein Kieselstein.«
»Es kann eigentlich nicht anders sein, als dass Sunshine sie von Bora Bora mitgebracht hat«, sagte Ray. »Aber möglicherweise
hat man sie ihr untergeschoben.«
»Ich wette, dass es Buck Owens war«, meinte Mary Alice. »Was weißt du über ihn, Ray?«
»Ich glaube nicht, dass Buck so etwas tun würde,
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