Mörderische Aussichten
Mittel, um die Wehen aufzuhalten.«
»Ich hoffe es, Maus.«
Ich hoffte es ebenfalls. Von ganzem Herzen.
Henry saß im Wartezimmer. Er sprang auf, als er uns sah. »Sie machen gerade eine Sonografie. Sie sagte, siewisse, dass ihr kommen würdet, deshalb sollte ich hier auf euch warten.« Tränen traten ihm in die Augen. »Sie hält sich wirklich
tapfer. Sie hatte bereits den Arzt angerufen, als ich nach Hause kam, und der versicherte ihr, dass dies nicht so ungewöhnlich
sei. Sie hat keine sehr starken Blutungen.«
»Ich hatte dasselbe, als ich mit Freddie schwanger war, stimmt’s, Schwesterherz? Und dann kam er sogar eine Woche über den
Termin zur Welt und wog mehr als dreitausendsechshundert Gramm. Debbie kommt wieder in Ordnung, Henry.«
Henry setzte sich wieder, und wir nahmen rechts und links von ihm Platz. »Wisst ihr«, sagte er, »den ganzen Weg hierher musste
ich darüber nachdenken, wie kompliziert doch die weiblichen Reproduktionsorgane sind. So leicht, wie da was schiefgehen kann,
ist es ein Wunder, dass überhaupt mal ein Kind geboren wird.«
Schwesterherz tätschelte tröstend seine Hand. »Männliche Organe sind auch kompliziert.« Sie hielt einen Moment inne. »Bei
all meinen Ehemännern lief hin und wieder mal was nicht rund. Und du hast recht. Es gehört nicht viel dazu.«
Ich hoffte, Henry würde diese Unterhaltung vergessen.
»Wie lang ist sie da schon drin?«, fragte ich ihn.
»Erst ein paar Minuten. Sie sagten, es würde etwa eine halbe Stunde dauern.«
»Weißt du, was ich dann so lange mache? Ich denke, ich schau mal nach Meemaw Turkett.«
»Wenn du sie siehst, kannst du vielleicht das Thema Halmasteine anschneiden«, sagte Schwesterherz.
»Diese Halmasteine gehen mich nichts an.«
»Aber selbstverständlich. Speziell jetzt, da wir wissen, dass Elizabeth Taylor etwas mit ihnen zu tun hat.«
Henry war so sehr mit seinen eigenen Sorgen beschäftigt, dass ihm diese Konversation nicht seltsam vorzukommen schien. Vielleicht
war es auch so, dass er schon seltsamere Dinge aus unserem Mund gehört hatte.
»Ich werde mal einen Blick auf das Spielbrett werfen.« Zu einer weiterreichenden Zusage würde ich mich nicht bewegen lassen.
Zurück am Informationstresen erfuhr ich, dass Meemaw in ein Privatzimmer im sechsten Stock verlegt worden war. Selbstverständlich
könne man sie da besuchen. Ich fuhr nach oben zur Nummer 611, wo die Tür nur angelehnt war, klopfte und öffnete sie vorsichtig.
»Kommen Sie rein«, sagte Meemaw. »Ich bin wach.« Sie saß mit hochgestelltem Kopfteil im Bett und sah sich einen alten Film
im Fernsehen an. Sie hing noch am Tropf, hatte aber eine gesunde Gesichtsfarbe und lächelte, als sie mich sah. »Setzen Sie
sich.« Sie zeigte auf den braunen Lehnstuhl am Fenster. »Howard ist eben erst weg.«
»Sie sehen aus, als würde es Ihnen viel besser gehen.«
»Schätzchen, ein toter Hund hätte sich gestern besser gefühlt als ich. Ich hätte fast den Löffel abgegeben.«
»Es tut mir so leid. Ich hätte Sie nicht in die Hitze hinausgehen lassen dürfen.«
»Ich hätte vernünftiger sein müssen. Es ist nicht Ihre Schuld.«
»Danke. Ich möchte, dass Sie wissen, dass Sunshine heute Morgen oder besser gesagt mitten in der Nacht bei mir war. Sie hatte
von Ihrem kritischen Zustand gehört und wollte wissen, wie es Ihnen geht.«
Meemaw sah erfreut aus. »Erzählen Sie mir von ihr. Ist alles in Ordnung mit meinem kleinen Liebling?«
»Es geht ihr gut. Sie sagt, sie wohne bei einer Freundin von Dwayne Parker.«
»Dieser Dwayne. Sie hat nicht das Recht, sich mit diesem Typen abzugeben.«
Ich hatte dazu nichts zu sagen, weshalb ich ihr von Haleys Hochzeit und dem Mittagessen erzählte. Was ich wirklich tun wollte,
war, den Vorschlag meiner Schwester befolgen und sie fragen, ob sie wisse, was für Steine das waren, mit denen sie und Sunshine
Halma gespielt hatten. Als ich mir gerade ein Herz gefasst hatte, kam Kerrigan hereinspaziert – wundervoll anzusehen in ihren
blasslila Bermudas und der weißen ärmellosen Bluse.
»Stell dir vor, Kerrigan«, sagte Meemaw. »Sunshine war heute Nacht bei Patricia Anne.«
»Sie machen Witze. Erzählen Sie«, sagte Kerrigan.
Das tat ich dann auch, mit dem Resultat, dass Henry und Mary Alice die Notaufnahme bereits verlassen hatten, als ich zurückkehrte.
»Sie sind oben im fünften Stock auf der Entbindungsstation.«
»O Gott, sie hat doch nicht...«
»Es geht ihr gut. Sie ist nur zur
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