Moerderische Familienbande
streng an und wählte die Nummer.
„Trinity?“, sagte sie einen Augenblick später. „Ach? Jo? Sie klingen ganz wie Trinity. Hier ist Mary Alice Crane aus Birmingham. Kann ich bitte Trinity sprechen?“
Der Ausdruck auf dem Gesicht meiner Schwester wechselte sichtbar, während sie aufmerksam lauschte.
„Nicht?“ Pause. „Nein, wir haben das sicher missverstanden.“ Lange Pause. „Nein. Machen Siesich keine Sorgen.“ Erneute Pause. „Ja, ich rufe Sie an, wenn ich sie sehe. Und bestellen Sie ihr bitte, dass sie sich bei mir meldet, wenn sie zu Haus auftaucht. Danke.“
Mary Alice legte auf und sah mich an. „Sie ist gestern nicht nach Hause gekommen.“
Ich hatte mir das schon zusammengereimt, und mein Magen verkrampfte sich. „Du hast sie an der Garage abgesetzt, oder?“
„Nein, ich habe gewartet, bis sie ihr das Auto gebracht haben. Ich habe sie noch gesehen, wie sie den Weg zur Autobahn nahm.“
Wir waren beide einen Moment lang ruhig und dachten nach. Dann sagte ich: „Das heißt nicht, dass sie irgendwas mit dem Tod des Richters zu tun hat.“
„Natürlich nicht.“ Mary Alice musterte den Ärmel ihres Rollkragen-T-Shirts. „Ich brauche Klebeband. Kater Bubba verliert wie blöd Haare.“
Ich zog die Krimskramsschublade in der Küche auf und reichte ihr eine Rolle. „Die Polizei wird aber dennoch auf der Suche nach ihr sein, um sie zu befragen.“
„Vielleicht hat sie sich verfahren.“ Mary Alice riss ein Stück Klebeband ab und presste es auf ihr T-Shirt. „Sie kam mir ohnehin ein wenig seltsam vor.“
„Auf einmal?-
„Na ja, du weißt doch, was ich meine. Erst sollte ich ihr dabei helfen, sich hier zurechtzufinden, und dann ist sie einfach so verschwunden. Und ständig wollte sie wissen, wie groß jemand ist.“
„Vielleicht sind all ihre Schwestern klein, und es hilft ihr, den existenziellen Stress zu verarbeiten.“
Mary Alice hob den Kopf. „Mein Gott, was sind wir heute tiefgründig!“
„Trinitys Fragerei nach der Körpergröße ist nur eine persönliche Macke, Schwesterherz. Wir haben alle welche.“
„Ich nicht.“ Schwesterherz riss ein weiteres Stück Klebeband von der Rolle.
Ich ließ den Satz unkommentiert. „Also, sie kann sich nicht verirrt haben. Auf der Autobahn? Ausgeschlossen.“
„Natürlich kann sie. Erinnerst du dich noch an den Mann, der letztes Jahr zum Zahnarzt nach Pell City wollte, auf der Autobahn die Einfahrt Richtung Norden statt Richtung Süden erwischt hat und am Ende in Cincinnati oder so gelandet ist? Der Zahnarzt hat ihn umsonst behandelt, als sie ihn gefunden haben. Ich fand das damals nett.“ Sie hielt mir das Klebeband unter die Nase. „Ich denke, Bubba braucht ein paar Hormone. Was meinst du?“
Ich schüttelte den Kopf. „Er wirft nur sein Winterfell ab. Und Trinity streift irgendwo oben in Ohio umher.“ Ich setzte mich in den Sessel gegenüber meiner Schwester. „Weißt du, es ist auch möglich, dass die Polizei uns befragen will.“
„Uns? Das ist doch lächerlich.“
„Nun, wir waren diejenigen, die Trinity im Gefängnis abgeholt haben.“
„Ich nicht.“ Mary Alice hörte auf, Klebeband von ihrem T-Shirt zu rupfen. „Du.“
„Aber die sind doch nicht blöd. Sie wissen, dass Meg Bryan Richter Haskins' Ex-Frau war. Und bei dir zu Cast.“
Mary Alice blickte mir gerade in die Augen und hatte tatsächlich die Nerven, mir zu sagen: „In was hast du uns da wieder hineingeritten, Patricia Anne?“
Ich beschloss, sie zu ignorieren. Das machte ich im Grunde ziemlich oft. Tatsächlich war mir über dem schwesterlichen Disput aber gerade ein Gedanke gekommen. Was, wenn Trinity Leichnam Nummer drei war?
„Mit Sicherheit nicht!“, sagte Schwesterherz, als ich diese Überlegung äußerte.
„Warum nicht? Sie könnten alle drei etwas gewusst oder in der Handgehabt haben, worauf der Mörder scharf war.“
„Himmel, Maus! Da gehr dir aber die Phantasie durch. Meg hat Selbstmord begangen, der Richter wurde wegen Jenny Louise von seiner Frau erschossen, und Trinity hat sich einfach verfahren.“
„Zu viele Zufälle. Ich hole mal ein Blatt Papier.“
„Wofür?“
„Um aufzuschreiben, was wir wissen.“
„Ich weiß gar nichts.“ Schwesterherz drückte sich ein Stück Klebeband an ihren üppigen Busen.
„Sei nicht albern.“ Ich kam mit einem gelben Schreibblock und einem Schreibstift zurück und setzte mich neben sie aufs Sofa. „Hier“, sagte ich, „schau her.“ Ich zeichnete drei Figuren und
Weitere Kostenlose Bücher