Moerderische Familienbande
schrieb Meg, Richter und Trinity darunter. Vielleicht ist es die alte Lehrerin in mir, aber es hilft mir beim Denken, wenn ich etwas zu Papier bringe.
„Warum ist der Richter in der Mitte?“, fragte Mary Alice.
„Weil ich ihn dorthingesetzt habe. Jetzt pass auf.“ Ich zog eine Linie von Trinity zu Meg und schrieb „Schwester“ darüber. Dann zog ich eine Linie vom Richter zu Meg und notierte „verheiratet“.
„Schreib >vor langer Zeit' dazu.“
„Dafür habe ich keinen Platz.“ Ich blickte auf meine Zeichnung. „Jetzt lass uns über andere Beziehungen nachdenken. Frei von der Leber weg.“
Schwesterherz deutete auf den Zwischenraum zwischen den Trinity- und Richter-Strichmännchen: „Zeichne dort eine Linie ein und schreib >stinksauer< hin.“
Ich malte die Linie, sagte aber: „Sie war stinksauer, weil sie der Meinung war, dass er Meg umgebracht hat. Und sie dachte, der Grund dafür wären die Unterlagen, die die uneheliche Abstammung seines Ururgroßvaters belegen.“ Ich schrieb „uneheliches Kind“ auf die Linie.
„Aber er beschäftigte sich doch auch mit Ahnenfor-
schling, weshalb er die Unterlagen sicher bereits kannte und damit gar nicht mehr erpressbar war.“
„Ahnenforschung“, schrieb ich. Mir fiel etwas ein. „Hast du Megs Computer gefunden?“
„Nein. Er ist nicht im Haus. Ich schwöre dir, Maus, ich habe alles auf den Kopf gestellt. Ich habe mir sogar dabei von Tiffany helfen lassen.“
Schwesterherz ist der einzige Mensch, den ich kenne, der eine Haushaltshilfe namens Tiffany hat. Die Patente Putzfee. Sie verdient wesentlich mehr Geld, als ich das je mit Unterrichten getan habe. Darüber hinaus sieht sie wirklich aus wie eine Tiffany mit ihrem blondgesträhnten Haar und ihrer phantastischen Figur, die sie mit Saubermachen in Form hält, wie sie sagt. Es ist kaum zu glauben. Sie macht ihren Job jedenfalls großartig, weshalb, wenn sie den Computer nicht finden konnte, dieser auch bestimmt nicht da war.
„Das ist, denke ich, wichtig.“ Ich schrieb „Computer“ und zog zwei Linien-eine zu Megund eine zu dem Richter. „Könnte Richter Haskins Alarmanlage vielleicht der deinen so ähneln, dass er es geschafft hat, sie auszuhebeln? Sie irgendwie zu umgehen?“
„Das kann ich mir nicht vorstellen. Ich habe meinen eigenen Code.“
„Die ersten sechs Ziffern deiner Sozialversicherungsnummer!“
„Die kennt niemand außer dir und Debbie.“
„Das ist der zweithäufigste Code. Gleich nach den Geburtstagen.“
Mary Alice rutschte auf ihrem Stuhl vor. „Er könnte die Nummer aus jedem beliebigen Dokument haben, das es von mir im Gericht gibt, richtig?“
„Klar. Sogar aus Prozessprotokollen.“
Wir grinsten uns an.
„Aber er hatte nichts mit Megs Tod zu tun“, sagte ich.
„Woher weißt du das?“
„Weil er es gesagt hat, als er Megs Asche vorbeibrachte. Er sagte, ich solle es Trinity bestellen.“ Ich zuckte mit den Schultern. „Es war offensichtlich, dass er nicht log.“
„Okay“, gab sich Schwesterherz einverstanden, „lass uns zu der Liste zurückkehren.“
Aber wir kamen nicht weiter. Falls — was durchaus möglich war - Richter Haskins es geschafft hatte, in das Haus von Schwesterherz einzudringen und den Computer und die anderen Unterlagen mitzunehmen, dann waren wir nach wie vor mit der zentralen Frage konfrontiert: warum? Keine von uns kannte sich genügend mit Ahnenforschung aus, um eine Vorstellung davon zu haben, was die Unterlagen so interessant machte, dass jemand sie stehlen wollte. Oder einen Mord dafür begehen.
Das Telefon läutete, und ich ließ Mary Alice weiter die Strichmännchen studieren, während ich dranging.
„Carl und Malcolm sind in Augusta und spielen Golf“, sagte Fred. „Carl hat seinen Anrufbeantworter abgehört und die Nachricht, die ich gestern Abend hinterlassen habe.“
„Der Vorruhestand hat sie also nicht umgehauen?“
„Zum Teufel, nein. Sie haben gesagt, ich sollte mich ihnen doch anschließen.“
„Hättest du denn dazu Lust?“ Ich fand, dass seine Stimme ein wenig sehnsuchtsvoll klang.
„Ich habe ihnen gesagt, dass es für mich zu spät für den Vorruhestand ist.“
„Mit dreiundsechzig ist es nicht zu spät. Wir könnten uns die Welt ansehen.“
„Träum weiter. Wir sollten froh sein, wenn wir es gelegentlich mal in einen Nationalpark schaffen.“
„Alabama hat wundervolle Nationalparks.“
„Stimmt.“ Wir schwiegen beide einen Moment lang und hingen unseren Wünschen nach,
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