Moerderische Familienbande
möchte aber wissen, was drauf ist.“ Mary Alice machte eine Pause. „Wahrscheinlich ein Haufen genealogisches Zeug, aus dem wir nicht schlau werden.“ Mary Alice machte eine neuerliche Pause. „Wir sollten uns Computerkenntnisse aneignen. Wir könnten an der Uni so einen Kurs für alte Leute belegen. Kostet keinen Cent. Wir könnten uns jetzt gleich fürs Sommersemester einschreiben, und im Herbst wären wir online, weißt du? Würden E-Mails empfangen.“
Während sie so daherquasselte, dachte ich nach. „Hör zu“, sagte ich. „Ich habe eine Idee. Haley kommt heute Abend zusammen mit Philip Nachman vorbei. Sie hat erzählt, dass er irgendwelche Familienrecherchen gemacht und dafür einen Computer benutzt hat. Vielleicht könnte uns das helfen.“
„Was gibt's denn zum Abendessen?“
„Sie holen was vom Chinesen. Lass mich mal bei Haley nachfragen, ob es in Ordnung ist, wenn er seinen Computer mitbringt. Vielleicht haben sie ja andere Pläne. Ich
ruf dich zurück.“ Ich wollte schon auflegen. „Schwesterherz r“
„Was?“
„Lass niemanden wissen, dass du diese Disketten hast.“
„Guter Gott, Maus!“
„Ich mein es ernst.“
„Okay! Und sag Haley, dass ich Hühnchen mit Mandeln will.“
Ich legte auf und rief Haley an. Sie ging bereits nach dem ersten Läuten dran, und ich erklärte ihr die Sache mit den Disketten.
„Klar, Mama“, sagte sie. „Er hilft sicher gern. Lass mich ihn aber dennoch erst fragen.“
Kurz darauf rief sie zurück. „Er sagt ja. Sind das IBM-oder Apple-Disketten?“
„Sie sind von Sony.“ Ich freute mich, dass ich dieses Informationshäppchen behalten hatte.
„Ich meine, für welches Betriebssystem sind sie formatiert?“
„Macht das einen Unterschied?“
„Ich werde Philip sagen, dass du es nicht weißt. Ich glaube er arbeitet mit Macintosh. Mein kleiner Computer hier ist ein IBM. Wir bringen sie beide mit.“
Ich dankte ihr und legte auf. Schwesterherz hatte recht. Wir sollten uns in Computerdingen schlaumachen.
Woofer wartete auf mich. Ich steckte mehrere Hundekuchen in meine Tasche und holte ihn zu seinem Spaziergang ab. Als wir zurückkamen, bog Fred gerade in die Einfahrt ein. Ich konnte seinem Grinsen ablesen, dass er gute Neuigkeiten hatte.
„Die Mädels in Atlanta sind mit einer dicken Bestellung rübergekommen“, verkündete er, tätschelte Woofer und beugte sich mit einem Kuss zu mir herüber. „Sie sagten,
>Onkelchen, nur, weil wir dich wahnsinnig süß finden. Erzähl das deiner Frau<.“
„Das haben sie nicht gesagt.“ Ich erwiderte glücklich seinen Kuss. „Aber sicher haben sie es gedacht.“
Er langte auf den Rücksitz und zog eine Schachtel Godiva-Pralinen hervor.
„Potir toi.“
„Pralinen! Und französisch mit Südstaatenakzent! Da kann ich nicht widerstehen!“
„Ich weiß. Schaff deinen Hund weg, Frau. Ich warte.“
Ich tat es. Und er auch.
Wir waren jedoch ein Inbild von Anstand und Sittlichkeit, als Haley und Philip auftauchten.
„Mama!“, rief Haley querdurch den Flur. „Wir sind da.“
„Komm nach hinten.“ Ich war dabei, den Tisch in der Frühstücksecke zu decken, und Fred war draußen, um die Vogelhäuschen aufzufüllen.
Sie kamen in die Küche, und ein wunderbarer Duft von chinesischem Essen wehte ihnen aus der großen Tüte, die Haley trug, voraus.
„Hallo, Mrs. Hollowell.“ Philip Nachman hielt in jeder Hand einen Laptop.
„Hallo, Philip. Stellen Sie doch die Dinger auf den Couchtisch im Wohnzimmer.“
„Mach ich.“
Philip trug khakifarbene Hosen und ein marineblau-khaki-gestreiftes Strickhemd. Die Freizeitkleidung ließ ihn jünger aussehen als auf der Hochzeit. Aber in seinem Haar war mehr Salz als Pfeffer, und das Strickhemd zeigte einen Bauchansatz.
Haley stellte die Tüte mit dem Essen auf den Küchentresen, klopfte ans Fenster und winkte ihrem Vater zu. Sie trug einen roten Overall, der ihre Taille unglaublich schmal aussehen ließ.
„Im Kühlschrank stehen Bier und Wein“, sagte ich.
„Philip, möchtest du ein Bier?“, rief sie.
„Furchtbar gern.“
„Es gibt auch Wein, wenn du den lieber willst.“
„Bier.“
Haley holte Gläser aus dem Schrank und goss Bier ein. Ich beobachtete sie voller Verwunderung. Das sollte meine Tochter sein, die trotz meiner Proteste ein Leben lang aus der Dose getrunken hatte? Sie legte Brezeln auf einen Teller (Kommt nicht in Frage, dass Philip aus der Tüte isst!), stellte die Gläser und den Teller auf ein Tablett und trug
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