Moerderische Fracht
persönlich. Meinetwegen lassen Sie sie eine entsprechende Erklärung unterschreiben.«
Monk nickte.
»Das ist absolut unprofessionell und gegen alle Regeln«, sagte Maybauer kalt.
»Blödsinn«, antwortete Ole Bengtson, »externe Berater aus allen möglichen Berufsgruppen werden sogar bei polizeilichen Ermittlungen hinzugezogen, wie Sie wissen. Außerdem geht es hier nicht nur um die Belange der Bundesrepublik, sondern ebenfalls um dänische Interessen. Wir wollen, dass die drei dabei sind!«
»Ich muss telefonieren«, sagte Maybauer.
»Ja«, erwiderte Bengtson, »tun Sie das. Und vergessen Sie nicht, auch in Kopenhagen anzurufen!«
Siebzehn
W
ir traten mit Meiners zusammen hinaus in den Nieselregen. Anna hängte sich ohne große Umstände bei ihm ein und funkelte ihn fröhlich an.
»Danke«, sagte sie, »das hast du gut hingekriegt!«
»Jederzeit«, sagte Meiners, »so ein blödes Arschloch!«
»Nein«, sagte Elena, und wir schauten sie überrascht an, »der macht auch einfach seine Arbeit. Er ist eben ein professioneller Geheimniskrämer. Wenn ihr ein richtiges Arschloch kennenlernen wollt, wartet, bis ihr Grygoriew seht.«
»Du kennst den?«, fragte ich verblüfft.
»Nicht persönlich, und vielleicht handelt es sich um eine zufällige Namensgleichheit, aber wenn er der Anatol Grygoriew ist, den ich meine, ist er ein ziemlich übler Bursche. Von wegen Handelsattaché .«
»Wie meinst du das?«
»Wenn ich recht habe, ist das kein Diplomat, sondern ein Geheimdienstler, was keinesfalls ungewöhnlich ist. Wisst ihr, was GRU bedeutet? Die Abkürzung steht für ›Glawnoje raswedywatelnoje uprawlenije‹. Hauptverwaltung Aufklärung des Generalstabes. Das ist der militärische Nachrichtendienst, der direkt dem höchsten Militärkommando der Armee unterstellt war. Zuständig für Spionage im Ausland. Bei denen war Grygoriew ein großes Tier, und vielleicht ist er es immer noch.«
»Wie kommt es, dass du solche Dinge weißt?«
»So geheim ist das gar nicht. Der frühere Präsident Wladimir Putin leitete den Inlandsgeheimdienst FSB in der Zeit zwischen den beiden Tschetschenienkriegen, und das weiß in Russland jedes Kind. Angeblich spricht er besser Deutsch als ich!«
»Nein«, sagte ich, »tut er nicht, ich habe ihn mal im Fernsehen gehört«, und Elena lächelte zufrieden. Anna schaute nach oben in den regenschwangeren Himmel.
»Ich weiß ja nicht, was ihr vorhabt, aber Volker und ich wollten noch einen Spaziergang machen, bevor es richtig anfängt zu schütten.«
Meiners schien genauso überrascht zu sein, wie ich.
»Wann haben wir das denn beschlossen?«
»Blindes Verstehen!«, sagte Anna, nahm Meiners bei der Hand und zog ihn einfach hinter sich her.
»Wir treffen uns an der Alten Liebe!«, rief Meiners, der einen ausgesprochen zufriedenen Gesichtsausdruck zeigte. Elena sah den beiden nach und lächelte amüsiert.
»Wieso hat sie keinen Hunger?«, fragte sie.
»Hat sie!«
Elena quittierte meine Bemerkung mit einem hellen Lachen, sagte etwas Russisches, das ich nicht verstand, und fuhr auf Deutsch fort.
»Also, ich gebe mich mit einer warmen Mahlzeit zufrieden. Komm, lass uns die Stadt anschauen, ich glaube, hier gefällt es mir. Erinnert mich ein bisschen an Ventspils.«
In diesem Moment hörten wir eine Stimme hinter uns rufen, und als wir uns umdrehten, sahen wir Hannes Monk auf uns zukommen.
»Darf ich mich Ihnen anschließen?«, fragte er, »Sie wollen doch bestimmt auch irgendetwas essen?«
»Wir wollten vorher noch ein bisschen herumspazieren. Wissen Sie, wo die Alte Liebe ist?«
»Zeig ich Ihnen. Ich bin hier geboren.«
Als ich die Alte Liebe sah, wusste ich, dass ich sie schon auf zahlreichen Postkarten gesehen hatte, ohne mir allerdings den Namen zu merken. Es handelt sich um die stromseitige Begrenzung des Hafens von Cuxhaven am Elbfahrwasser. Auf einer fest verankerten Steinkonstruktion wurde ein zweistöckiger Pfahlbau errichtet, von dessen Galerie aus Besucher den Schiffsverkehr auf der Elbe beobachten können. Wir stiegen hinauf, lehnten uns über das in schmuckem Weiß gehaltene Geländer und genossen die Aussicht.
»Alte Liebe ist ein komischer Name für eine Aussichtsplattform«, sagte Elena und zeigte dabei beeindruckt auf ein riesiges Containerschiff, das stromaufwärts Richtung Hamburg fuhr.
»Ja«, sagte Monk und grinste, »ein kleiner plattdeutscher Witz. Das erste Strombauwerk, das die Hafeneinfahrt von der Elbe abgrenzte, entstand an dieser Stelle durch die
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