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Moerderische Fracht

Titel: Moerderische Fracht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lukas Erler
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Norddeutschland. Oder denkst du, jemand anders hätte Geldorf umgebracht?«
    »Nein, aber warum hat er es getan?«
    »Geldorf wusste über ihn Bescheid. Er wusste, wer er war und was er getan hatte. Letztendlich ein Risikofaktor. Morisaitte hatte keinen Grund, sich an Geldorf zu rächen, aber er hinterlässt keine losen Enden. Warum hast du Winter nicht einfach seinen Namen genannt? Du hättest sagen können, dass Geldorf damals Morisaitte als Drahtzieher des Bahnhofsmordes in Verdacht hatte und seine letzten Worte möglicherweise ihm galten.«
    »Was ja auch stimmt! Ich war zweimal drauf und dran, genau das zu sagen. Der Gedanke, ihm die Polizei auf den Hals zu schicken, um ihn wenigstens ein bisschen auszubremsen, war sehr verlockend. Aber wahrscheinlich hätte die ihn gar nicht gefunden. Seine letzte bekannte Adresse ist die Klinik in Antwerpen, seitdem reist er herum. Er wird eine ganze Reihe falscher Pässe haben, und Morisaitte ist ja auch nicht sein richtiger Name. Wenn die Polizisten seinen Zustand sehen, werden sie ihn sofort als Täter ausschließen. Der ›Krankenpfleger‹, der für ihn den Mord begangen hat, ist wahrscheinlich längst wieder in Serbien. Somit gibt es gar keinen Zusammenhang mehr zwischen Geldorf und Morisaitte. Die Bullen werden nach einer höflich gemurmelten Entschuldigung wieder abziehen!«
    »Klasse«, sagte Anna, »du kannst einem echt Mut machen. Was für ein Scheißtag. Erst fliegen wir im Lagezentrum raus, dann die Nachricht von Geldorfs Tod, und zum guten Schluss müssen wir auch noch die Pistole wieder rausrücken. Pistolet besschumnyj. Ich hatte mir vorgestellt, wie ich Morisaitte damit ein schönes schallgedämpftes Loch in den Kopf schieße.«
    »Ja, wie schon der große Philosoph Mick Jagger …«
    »Touché«, sagte Anna mit einem müden Lächeln, »ich habe einfach nur Angst. Komm, lass uns wieder reingehen.«
    Elena, Meiners und Petersen hatten in der Zwischenzeit drei große Platten mit belegten Brötchen auf den Tisch gestellt. Es gab Lachs, Krabben, geräucherte Makrelen und Bier. Anna gab den erleichterten Seufzer eines Menschen von sich, der seit Tagen nichts in den Magen bekommen hat. Nach dem Essen ging Petersen vor die Tür, um seine berüchtigte Pfeife zu rauchen. Elena, die ihm von dem alten Sergej erzählen wollte, begleitete ihn. Als beide eine halbe Stunde später wieder hereinkamen, kochte ich eine Kanne Tee, und wir setzten uns noch einmal an den großen Esstisch im Wohnzimmer. Anna gab Meiners einen herzhaften Kuss und rückte dicht an ihn heran.
    »So«, sagte sie, »jetzt erzähl doch mal, wie es im WSA weiterging, nachdem wir raus waren.«
    »Du weißt genau, dass ich das nicht darf!«
    »Scheiß drauf!«
    »Mach ich!«, sagte Meiners, »ich bin schließlich kein Beamter, und ohne euch gäbe es jetzt gar keinen Havariestab. Allzu viel ist allerdings nicht mehr passiert. Grygoriew hat noch einmal lang und breit erklärt, warum er das Ganze für Quatsch hält. Trotzdem ist er nicht nach Berlin zurückgeflogen, sondern hat sich im Hotel Strandperle hier in Duhnen einquartiert. Natürlich besteht er darauf, dass das volle Programm gefahren wird. Das ist ja auch angelaufen. Das Bundesinnenministerium und die Landesregierung in Schwerin sind eingeschaltet, BND und Verfassungsschutz liefern sich das übliche Kompetenzgerangel, und die Polizei hat eine Fahndung nach dem Kaukasier aus dem Zug herausgegeben. Die Bundesmarine ist informiert, der Havariestab arbeitet auf Hochtouren. Bisher sind zwei russische Tankschiffe identifiziert, die vermutlich am 11. September die Kadetrinne passieren werden. Es sind die Kalinin und die Alexander Newski, zwei ziemlich große Tanker der VLCC-Klasse.«
    »Kein Fachchinesisch«, unterbrach Anna ungeduldig, »was bedeutet das?«
    »Die Abkürzung steht für ›very large crude carrier‹. Das bedeutet, dass beide auf jeden Fall mehr als zweihunderttausend Bruttoregistertonnen haben.«
    »Ist das viel?«, fragte Elena.
    »Ja«, erklärte Petersen, »natürlich gibt es noch deutlich größere Pötte, der Gigantomanie sind da keine Grenzen gesetzt. Heutzutage bauen sie Schiffe, die nicht einmal mehr durch den Suezkanal passen, aber VLCC-Klasse ist schon recht ordentlich.«
    »Vielleicht ist das eine dumme Frage«, meinte Elena, »aber wie unterscheidet sich denn ein Tanker von anderen Frachtschiffen, ich meine, abgesehen davon, dass die Ladung flüssig ist?«
    »Das ist überhaupt keine dumme Frage«, widersprach Meiners,

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