Moerderische Idylle
etwas zu erledigen gehabt. Linda hatte also allein in der Wohnung gehaust. Insgesamt drei Wochen am Stück, mit allen Möglichkeiten zu Begegnungen, Kontakten und einfachen zufälligen Treffen.
»Du willst nur ganz sicher sein, dass die Mama mit der Sache nichts zu tun hat«, sagte Eva Svanström, und aus irgendeinem Grund lächelte sie ihn genauso an wie seine Mama früher manchmal, wenn er als kleiner Junge Trost gebraucht hatte.
»Ja«, sagte Lewin. »Das wäre wirklich sehr nett.«
»Na gut«, sagte Eva. »Dann ist die Sache so.«
Gut zehn Jahre zuvor, nach der Scheidung der Eltern, hatten Linda und ihre Mutter die USA verlassen und waren nach Växjö zurückgekehrt. Lindas Mutter war in Växjö geboren und aufgewachsen, und mit Ausnahme der vier Jahre in den USA hatte sie ihr ganzes Leben dort verbracht. Bei ihrer Tochter verhielt es sich ähnlich. Geboren in Växjö. Als sie sechs Jahre alt war, gingen die Eltern mit ihr in die USA. Vier Jahre später und gerade rechtzeitig zum Schulstart im Herbst kehrte sie mit ihrer Mutter nach Växjö zurück und zog in das Haus im Pär Lagerkvists väg, das der Mutter bei der Scheidung zugefallen war.
Und seither war Lindas Mutter unter dieser Adresse gemeldet. Es gab auch keinerlei Hinweise darauf, dass sie anderswo gewohnt hätte. Natürlich mit Ausnahme von Besuchen in ihrem Sommerhaus draußen auf Sirkön, das sie ein Jahr nach ihrer Rückkehr nach Schweden gekauft hatte und wo sie Sommerferien, Wochenenden und andere freie Tage verbrachte.
Unter der Adresse der Mutter war auch Linda gemeldet gewesen, bis sie mit siebzehn Jahren aufs Gymnasium von Växjö übergewechselt war. Inzwischen war auch ihr Vater nach Schweden zurückgekehrt, hatte sich im Süden von Växjö ein Gut gekauft und nach einigen Monaten dort von seiner einzigen Tochter Gesellschaft erhalten. Im ersten Jahr schien Linda hin und her gependelt zu sein, schien bei ihrer Mutter in der Stadt und bei ihrem Vater auf dem Land, wo sie nunmehr gemeldet war, jeweils ein Zimmer gehabt zu haben. Nach Abitur, Führerschein und eigenem Auto, das ihr von Papa geschenkt worden war, hatte sie das Land der Stadt offenbar vorgezogen und nur noch selten bei ihrer Mutter übernachtet.
Irgendeine Spur von »Kerlen« hatte Svanström im Zusammenhang mit dieser Wohnsituation nicht finden können, zumindest nicht in irgendeinem Melderegister. An der aktuellen Adresse waren nur Linda und ihre Mutter offiziell gemeldet gewesen.
»Aha«, seufzte Lewin.
»Du machst noch immer keinen zufriedenen Eindruck«, stellte Svanström fest. »Es wäre nett, wenn du mir sagen könntest, warum nicht. Das würde mir die Sache erleichtern. Wenn ich wüsste, wonach ich suchen soll, meine ich.«
»Das weiß ich ja eben nicht«, sagte Lewin. »Was ist mit den anderen, die in dem Haus wohnen? Mit deren Wohnverhältnissen, meine ich.«
Svanström zufolge schienen, mit einer Ausnahme, alle schon ebenso lange oder noch länger als Lindas Mutter dort zu wohnen. Der Einzige, der während der letzten zehn Jahre dazugekommen war, war der Bibliothekar Marian Gross, der sich bei der Umwandlung zur Wohnungsgenossenschaft einige Jahre zuvor eine Wohnung gekauft hatte.
»Aber den habt ihr inzwischen ja wohl ausgiebig auf den Kopf gestellt«, sagte Svanström. »Außerdem hat ja seine DANN nicht gepasst, also ist er aus der Sache raus.«
»Wenn Gross sich eine Wohnung gekauft hat, muss irgendwer die doch verkauft haben«, sagte Lewin. »Und dort ausgezogen sein.«
»Diesmal nicht«, sagte Eva Svanström. »Ob du’s glaubst oder nicht, auch das habe ich überprüft, obwohl das ziemlich lange gedauert hat. Er hat die Wohnung von einer anderen Bewohnerin gekauft, die schon dort gewohnt hat, als Linda und ihre Mutter eingezogen sind, und die noch immer dort wohnt. Die einfache Erklärung ist, dass sie zwei Wohnungen gemietet oder gekauft hatte, wie auch immer. Ich habe nämlich gesehen, dass sie eine Buchprüfungsfirma hatte, und ich vermute, dass sie die Wohnung von Gross als Büro genutzt hat. Rein juristisch gesehen ist es wohl nicht astrein, eine Wohnung nur als Büro zu nutzen. Vor allem bei solchen kleinen Hausgemeinschaften. Und sie hat sicher einen Haufen Geld dafür bekommen.«
»Margareta Eriksson«, sagte Lewin plötzlich.
»So heißt sie«, sagte Svanström. »Was du alles weißt, Janne. Ich wüsste ja gern, wozu du mich brauchst! Das ist übrigens die Margareta Eriksson, die von der Zeitung interviewt wurde. Mit dieser
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