Moerderische Idylle
widersprach von Essen mit Unschuldsmiene, da er zwei Monate zuvor auf demselben Betriebsfest gewesen war wie Adolfsson.
Enoksson hatte sich alle Mühe gegeben, und am Ende hatte eine seiner alten Bekannten im Labor sich geschlagen gegeben und ihre Hilfe zugesichert. Sie musste am Wochenende arbeiten und würde sich dann hoffentlich auch Enokssons Wunsch widmen können. Aber das mit den vierundzwanzig Stunden könne er gleich vergessen. Wenn sie das Untersuchungsmaterial innerhalb der nächsten Stunden erhielt, wenn es verwendbar war, wenn nichts Unvorhergesehenes dazwischenkam, dann könne er frühestens am Sonntagvormittag mit einer Antwort rechnen. Spätestens Sonntagnachmittag.
Nach weiteren Überredungsversuchen und Versprechungen von Überstundenzahlungen und zusätzlichen Urlaubsstunden hatte er einen jüngeren Kollegen gefunden, der die zweihundert Kilometer eine Richtung als Kurier zum Labor in Linköping auf sich nehmen würde, obwohl doch schon Freitagnachmittag war. Als Adolfssons Uniformjacke sich dann endlich auf dem Weg ins Labor befand, atmete Enoksson dreimal tief durch und rief Bäckström an. Damit wir den kleinen Fettsack endlich mal loswerden, dachte Enoksson, obwohl er aus guten Gründen als geduldiger Mann bekannt war.
»Sonntagvormittag«, stöhnte Bäckström. »Aber was treiben die da oben eigentlich? Bin ich der Einzige in dieser verdammten Bande, der arbeitet?«
»Frühestens Sonntagvormittag«, erklärte Enoksson.
»Ich bin nicht taub«, sagte Bäckström, und dann verriet das Freizeichen, dass er offenbar aufgelegt hatte.
Was ist denn an einem ganz normalen »Danke schön« auszusetzen, dachte Enoksson, als er den Kollegen Olsson anrief, um ihn von den neuesten Entwicklungen zu unterrichten. Schließlich leitete Olsson die Voruntersuchungen, aber wie schon so oft, musste Enoksson sich damit begnügen, eine Mitteilung auf dem Anrufbeantworter zu hinterlassen.
»Ja, hallo, Olsson. Hier spricht Kollege Enoksson«, sagte Enoksson. »Ich will eigentlich nichts Besonderes, wenn du willst, kannst du mich unter der normalen Nummer erreichen, und ansonsten wünsche ich ein angenehmes Wochenende«, endete Enoksson, der ehrlich gesagt von Adolfssons Uniformjacke nicht mehr hielt als von Bäckströms sonstigen Theorien und der sich vor allem nach seiner geliebten Gattin und dem häuslichen Frieden im smäländischen Dorf sehnte.
76
Adolfsson und von Essen hatten den Freitag damit verbracht, Mänsson zu beobachten, und wie schon so oft hatten sie vor allem herumgesessen und darauf gewartet, dass etwas passierte. Da sie beide leidenschaftliche Jäger waren, fanden sie das nicht weiter schlimm. Auch bei der Jagd musste man vor allem warten können. Die Tatsache, dass Mänsson ihnen drei Wochen zuvor über den Weg gelaufen war, bereitete ihnen kein großes Kopfzerbrechen. Es ging hier doch darum zu sehen, ohne gesehen zu werden, und die Gefahr, dass Mänsson sie entdeckte, ehe sie ihn entdeckten, kam ihnen vernachlässigenswert vor. Was immer das in einer Stadt wie Växjö, wo die meisten Leute sich immer wieder über den Weg liefen, überhaupt für eine Rolle spielen mochte.
Gegen vier Uhr nachmittags verließ Mänsson seinen Arbeitsplatz im Stadthaus in der Västergata oberhalb des Konzerthauses, zusammen mit einigen Personen, die von Kleidung, Aussehen und Auftreten her als Arbeitskollegen durchgehen konnten. Adolfsson machte aus sicherer Entfernung einige diskrete Bilder und notierte in ihrem Ermittlungsprotokoll Ort und Zeit. Ihr Objekt hatte sich zwar in Bewegung gesetzt, wirkte ansonsten aber durchaus nicht wie der Serienmörder, vor dem Bäckström sie gewarnt hatte.
Zuerst hatten Mänsson und die anderen sich in einem Straßencafe in der Storgata einige Blocks von seinem Arbeitsplatz entfernt niedergelassen. Dort hatten sie Bier getrunken, Chickenwings verzehrt und miteinander geplaudert. Dann hatte die Gesellschaft sich aufgelöst, alle waren in unterschiedliche Richtungen verschwunden und hatten sich vermutlich allesamt nach Hause begeben. Mänsson wandelte gen Osten, in Richtung seiner Wohnung im Fröväg, und da die Wohnung zwei Kilometer entfernt lag und er die Strecke offenbar zu Fuß zurücklegen wollte, befanden Adolfsson und von Essen es für angemessen, sich aufzuteilen. Von Essen folgte ihm zu Fuß, während Adolfsson sich mit dem Auto in der Nähe hielt.
Mänsson spazierte also nach Hause, und obwohl das Profil es anders wollte, wohnte er
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