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Moerderische Idylle

Moerderische Idylle

Titel: Moerderische Idylle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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mein Lieblingspullover«, erzählte der Flugkapitän.
    Was daraus geworden sei? Eines Tages habe er ihn einfach vermisst, und daran habe sich bis heute nichts geändert.
     
    Habe er ihn möglicherweise dem damaligen Lebensgefährten seiner jüngeren Tochter geschenkt, wollte Anna Sandberg wissen. Absolut ausgeschlossen, meinte der Flugkapitän. Dem habe er bestenfalls einen ordentlichen Tritt in den Hintern verpassen wollen. Wenn er gewusst hätte, was er heute wusste, hätte er das auch getan. Was Bengt Mänssons übriges Handeln und Wandeln anging, verwies der Flugkapitän an seine Tochter, auch wenn er es zu schätzen wüsste, wenn sie noch einige Tage, bis sie sich von diesem Schock erholt hätte, in Ruhe gelassen werden würde. Damals jedoch habe er versucht, seinen Kontakt zu Mänsson auf das absolute Minimum, das die Höflichkeit verlangte, zu beschränken. Ein großes Rätsel war, so der Flugkapitän, dass gewisse Frauen, egal wie begabt, schön und bezaubernd sie auch sein mochten, wie zum Beispiel seine jüngere Tochter, bei gewissen Männern einfach gar nichts kapierten.
    »Kann Mänsson den Pullover vielleicht geliehen oder vielleicht … ja, ihn sogar gestohlen haben«, fragte Anna Sandberg, die sich schon darauf freute, sich mit der Tochter des Flugkapitäns zu einem richtig langen Gespräch über unbegreifliche Männer zusammenzusetzen. Und sei es nur unter Geschlechtsgenossinnen.
    »Kann ich mir sehr gut vorstellen«, schnaubte der Gefragte. »Ich habe ihm eigentlich immer schon alles zugetraut.«
    »Wie meinen Sie das«, fragte Anna Sandberg.
     
    Ja, Mord natürlich nicht. Als er und seine Familie am späten Abend des Vortags davon erfahren hatten, waren sie alle geschockt gewesen, und das waren sie immer noch. Abgesehen von dem rein praktischen Problem, dass seine Enkelin ja jetzt in die Schule kam und überhaupt. Er selber habe schon ziemlich früh durchschaut, was Mänsson für eine Figur war. »Denken Sie da an etwas Besonderes«, fragte Sandberg.
     
    Zum ersten Mal war ihm die Erkenntnis gekommen, als seine Tochter mit Mänsson zusammenlebte und im siebten Monat schwanger war. Damals hatten Mänssons Schwiegervater in spe und ein alter Kollege des Schwiegervaters Mänsson in einem Restaurant in Växjö mit einer anderen gesehen. Und Mänsson hatte noch die Frechheit besessen, diese Frau als Arbeitskollegin vorzustellen.
    »Er besaß nicht einmal den Anstand, die Sache nach Kalmar oder Jonköping zu verlegen«, erklärte der Flugkapitän.
     
    Total unzuverlässig, notorisch untreu, log über alles zwischen Himmel und Erde, warf das Geld aus dem Fenster, sah keinen Unterschied zwischen mein und dein, konnte sich nicht um sein Kind kümmern, zeigte nicht einmal die Bereitschaft dazu, schien die Kleine vor allem zu benutzen, um den alten Saab des Flugkapitäns leihen zu dürfen, und das große Rätsel war noch immer, wieso die Tochter des Flugkapitäns zwei Jahre gebraucht hatte, um zu erfassen, was der Flugkapitän schon am ersten Tag gewusst hatte.
    »Natürlich hat er meinen Pullover gestohlen«, sagte der Flugkapitän. »Den Verdacht hatte ich die ganze Zeit. Das war ja das Mindeste, was man von ihm erwarten konnte.«
     
    Die Durchsuchung von Bengt Mänssons Wohnung hatte keinen Pullover zutage gefördert. Wenn es einen gab oder gegeben hatte, dann wurde er jedenfalls nicht mehr in der Wohnung aufbewahrt. Sie hatten auch sonst nicht viel Interessantes gefunden. Mänssons Wohnung war überraschend gepflegt. Bedenken wir die einstimmige Aussage der Nachbarschaft über den Strom von jungen Frauen, die dort im Laufe der Jahre ein und aus gegangen waren, so waren überraschend wenige Spuren dieses Stroms entdeckt worden. Vor allem interessant war, was nicht vorhanden war. Einen Monat zuvor hatte Mänsson zum Beispiel seine alte Festplatte entsorgt und sich eine neue zugelegt.
    »Den Pullover hat er natürlich weggeworfen«, sagte Enoksson, als er mit Lewin sprach. »Wenn du mich fragst, glaube ich, dass er das gemacht hat, als er auch das Auto loswerden wollte.«
     
    Nach diesem Gespräch machte sich Lewin eine Notiz über das Prepaidhandy, das Mänsson an dem Morgen des Mordes angerufen hatte. »An wen ging das letzte Gespräch«, schrieb Lewin auf seinen Merkzettel im Computer.
     
    82
     
    »Erzählen Sie von Ihrer zweiten Begegnung mit Linda«, so begann Holt am nächsten Tag ihr zweites Verhör mit Mänsson. Als sie die Frage stellte, beugte sie sich vor und stützte die Ellbogen auf den

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