Moerderische Idylle
Sie davon, wenn ich stattdessen eine kleine Skizze anfertige und Sie mir sagen, was ich zeichnen soll?«
»Genau so«, befand die Zeugin fünf Minuten später und nickte zu Thorens Skizze hinüber. »Sie haben noch nie mit dem Gedanken gespielt, Künstler zu werden statt Polizist?«
»Nein, wirklich nicht«, sagte Thoren und lächelte. »Aber ich habe schon immer gern gezeichnet. Also, eine horizontale Schramme von ungefähr einem Dezimeter Länge, einen Dezimeter über seinem Nabel, dazu Schürfspuren in Richtung Brust. Hat es so ausgesehen?«
Ganz bestimmt, meinte die Zeugin, und wenn das hier im Raum bleibe, dann wisse sie es ganz sicher, da sie die Schrammen mehrmals geküsst habe. Ein bisschen Desinfektionsmittel und ein paar Küsse, hatte sie vorgeschlagen. Mänsson hatte das Desinfektionsmittel abgelehnt, die Küsse aber trotzdem bekommen.
»Was für eine einzigartig attraktive Frau«, seufzte Thoren, als sie auf der Rückfahrt nach Växjö im Auto saßen.
»Aber warum hast du ihr dann nicht dein Waschbrett gezeigt«, fragte Knutsson und hörte sich plötzlich ziemlich sauer an.
»Aus Angst, dir könnte das peinlich sein«, antwortete Thoren und seufzte glücklich.
»Der kleine Mänsson hat ja offenbar ganz schön viel geschafft«, sagte Knutsson, obwohl er eigentlich lieber das Thema gewechselt hätte.
»Sein Glück, dass er nicht zu Zorns Zeiten gelebt hat«, sagte Thoren, der zwar Polizist war, aber trotzdem ein großes und echtes Interesse an Kunst besaß.
»Trotz dieses kleinen Missgeschicks mit der Mülltonne glaube ich, dass wir sehr zufrieden sein können«, stimmte Lewin zwei Stunden später zu, nachdem er erfahren hatte, was ihre Zeugin berichten konnte. »Aber das mit Zorn verstehe ich nicht«, fügte er hinzu und sah Thoren an.
Mänssons Fraueninteresse, erklärte Thoren. Er schien es doch offenbar mit allen Mädels aus Smäland getrieben zu haben. Oder jedenfalls fast. Genau wie Anders Zorn, der sich der Überlieferung zufolge in den Malpausen fünfundfünfzig von ihm anerkannte uneheliche Kinder zugelegt hatte.
»Fünfundfünfzig allein in den Kirchspielen Orsa und Gagnef. Ein Glück für Mänsson, dass es heute die Pille gibt. Sieht aus, als wäre ihm nur ein Kind gelungen«, erklärte Thoren.
83
»Und die dritte Begegnung«, sagte Holt. Ebenso neugierig, ebenso freundlich interessiert wie zu Beginn des Verhörs eine Stunde zuvor. »Erzählen Sie. Wie verlief die?«
Mänsson zufolge hatte Linda ihn angerufen, und ehrlich gesagt, hatte ihn das sehr überrascht. Es war am Tag nach ihrem Geburtstag gewesen. Sie war achtzehn geworden, und ihr Vater hatte ein großes Fest veranstaltet und alle ihre Freunde auf das Gut eingeladen. Und jetzt hatte sie vor, unter vier Augen mit Bengt Mänsson ein wenig nachzufeiern.
»Und was haben Sie da gedacht«, fragte Holt.
»Ehrlich gesagt, war ich total überrascht«, sagte Mänsson. »Ich hätte nie daran gedacht, sie anzurufen, und dass sie sich meldete, kam wirklich ganz unerwartet.«
»Und was hat sie gesagt?«
»Das war fast das Allerseltsamste. Sie hat gefragt, ob sie mich zum Essen einladen dürfe. Um zu feiern, dass sie jetzt eine erwachsene und mündige Frau sei.«
»Wie haben Sie reagiert?«
»Ja, ich habe natürlich vorgeschlagen, dass wir uns die Rechnung teilen«, sagte Mänsson. »Was hat sie dazu gesagt?«
»Dass ich daran nicht einmal denken solle, denn ich ginge ja nicht mit ihrer Mutter aus. So war sie eben. Immer geradeheraus.«
»Und Sie waren überrascht«, sagte Holt.
»Das war ja wirklich offen gesprochen, wenn ich das mal so sagen darf«, stimmte Mänsson zu. »Aber das mit ihrem Vater und dem vielen Geld wusste ich ja. Das hatte Lindas… Lotta, meine ich… mir schon erzählt. Das wusste ich also. Ich war ja auch bei ihm zu Hause und hätte es spätestens da kapiert.«
Dann hatten sie sich getroffen. Hatten in einem Restaurant in Växjö gegessen, geredet, sich amüsiert.
»Und wer hat die Rechnung bezahlt«, fragte Holt mit ihrer üblichen neugierigen Miene, obwohl die ihr immer mehr Anstrengung abverlangte.
»Ja, sie natürlich«, sagte Mänsson und sah noch immer überrascht aus. »Ich habe wirklich angeboten zu teilen, aber sie war fest entschlossen. Es war sozusagen ihr Abend, wo sie doch jetzt eine erwachsene, selbstständige Frau war und durchaus einen wie mich ins Restaurant einladen konnte, wenn sie Lust dazu hatte. Außerdem hat sie gesagt, dass sie sicher viel mehr Geld habe
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