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Moerderische Idylle

Moerderische Idylle

Titel: Moerderische Idylle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leif GW Persson
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Und außerdem zu alt, so Gross.
    »Ich sehe hier in unseren Unterlagen«, schaltete Rogersson sich ein, »dass sie ein Jahr jünger ist als du. Sie ist fünfundvierzig, und du bist sechsundvierzig.«
    »Ich ziehe jüngere Frauen vor«, sagte Gross. »Was immer das mit dem Fall zu tun hat.«
    »Hast du Lotta in ihrer Wohnung besucht?«, fragte Rogersson.
     
    Gross war nicht oft in ihrer Wohnung gewesen. Zweimal zusammen mit anderen Nachbarn, als Hausangelegenheiten besprochen wurden, und dann noch einige Male allein. Der letzte Besuch lag erst zwei Wochen zurück.
    »Sie hat mich immer wieder eingeladen, obwohl ich versucht habe, keine diesbezüglichen Signale auszusenden«, sagte Gross. »Wie gesagt, sie ist ziemlich zudringlich.«
    Wo in der Wohnung er gewesen sei. Diele, Wohnzimmer, Küche, die üblichen Stellen, die man betritt, wenn man zu einer Tasse Kaffee eingeladen wird. Möglicherweise habe er auch ihre Toilette benutzt.
    »Die neben dem Schlafzimmer«, fragte Salomonson.
    »Ich verstehe schon, worauf ihr hinauswollt«, sagte Gross. »Nur um allen Missverständnissen vorzubeugen. Ich habe nie einen Fuß in ihr Schlafzimmer gesetzt. Vielleicht habe ich die Toilette in der Diele benutzt, und da unsere Wohnungen identische Grundrisse haben, war es wirklich nicht schwer, den Weg dahin zu finden. Wenn ihr also irgendwo meine Fingerabdrücke entdeckt habt, dieselben Fingerabdrücke, die ihr euch mit kriminellen Methoden besorgt habt, dann gibt es dafür eine ganz natürliche Erklärung.«
    Der ist wirklich kein Dummkopf, dachte Rogersson. In der Mordwohnung hatten sie tatsächlich Grossens Finger gefunden, aber deren Wert war im Hinblick darauf, was Gross eben gesagt hatte, doch sehr begrenzt. Deshalb wechselten sie das Thema und sprachen lieber über die Tochter der Nachbarin, über das Mordopfer.
    »Ich habe kaum je mit ihr gesprochen«, sagte Gross. »Wie soll ich da irgendeinen Eindruck von ihr haben? Kam mir ebenso egozentrisch, verwöhnt und unerzogen vor wie alle jungen Damen in dem Alter.«
    »Egozentrisch, verwöhnt, unerzogen. Wie meinst du das«, fragte Salomonson.
    Dass sie ihn kaum gegrüßt habe, wenn sie sich ein seltenes Mal begegnet seien. Dass sie ihm nicht in die Augen geschaut habe und ihre Gleichgültigkeit fast demonstrativ gewesen sei, bei ihrem einzigen Gespräch, an das er sich überhaupt erinnern könne. Und da sei übrigens ihre Mutter dabei gewesen.
     
    Erst gegen zwei Uhr wurde eine Mittagspause eingelegt. Für diesen späten Zeitpunkt war Gross verantwortlich, vermutlich, weil er der Polizei so viel Ärger wie möglich machen wollte. Während Salomonson sich um die Essensbeschaffung kümmerte, stürzte Rogersson zur Toilette, um seine Blase vom Druck zu befreien. Als er von dort wieder zum Vorschein kam, lief ihm als Erster Bäckström über den Weg.
    »Wie läuft’s denn mit unserem polnischen Hummer«, fragte Bäckström.
    »Musste erst mal Druck ablassen«, sagte Rogersson. »Im Moment stürz ich da dauernd hin. Ich bin fertig als Vernehmungsleiter. Die einzige Zeit, in der ich nicht dauernd pissen muss, ist dann, wenn ich mich mit Bier vollschütte. Dann denk ich nicht ein einziges Mal ans Pissen. Wirklich komisch.«
    »Ja«, sagte Bäckström und grinste. »Ich pisse einmal, wenn ich aufwache, und einmal, ehe ich einschlafe. Zweimal am Tag, egal, ob ich muss oder nicht.«
    »Was deine Frage angeht, es läuft wie erwartet«, sagte Rogersson, und den anderen Blödsinn wollte er sich gar nicht erst anhören.’
    »Hat er schon DANN abgeliefert«, fragte Bäckström.
    »Dazu sind wir noch nicht gekommen«, sagte Rogersson und seufzte. »Wir haben uns damit amüsiert, uns anzuhören, wie schlecht wir ihn behandeln, und wenn dich das interessiert, kann ich dir jetzt schon sagen, wie das alles enden wird.«
    »Und wie wird das alles enden?«, fragte Bäckström.
    »Wir werden uns sein Gequengel noch drei Stunden anhören. Dann kommt Olsson und beschließt, dass wir uns das Gequengel noch weitere sechs Stunden anzuhören haben. Dann wird Gross sich weigern, freiwillig DANN abzugeben, und dann kommt Olsson und gibt nach, weil er einfach keine Eier hat, und erklärt ihn für verdächtig und bittet die Staatsanwaltschaft, ihn in den Knast zu stecken, damit wir auch ohne Grossens Zustimmung zugreifen können. Dann werden Gross, der Kollege und ich nach Hause fahren. Jeder für sich natürlich.«
    »Dann kannst du danach immerhin ein paar Bierchen zischen«, sagte Bäckström tröstend.

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