Mörderische Kaiser Route
zusammen’, ging es mir durch den Kopf. Da wurde ein Priesterseminarist verdächtigt, seine von ihm geschwängerte Freundin mit einer Drahtschlinge ermordet zu haben und begeht Selbstmord. Da findet man das Mordwerkzeug bei ihrem Bruder, der nach einem Fenstersturz auf der Wewelsburg gestorben ist und der zur Tatzeit nicht in Deutschland war.
„Blickst du etwa durch?“, fragte ich Dieter voller Skepsis. „Ich nicht mehr.“ Immer noch verzichtete er auf eine Diskussion?
„Eine weitere Tatsache hat mir der Kommissar noch mitgeteilt, die auch sehr aufschlussreich sein könnte. Die Eltern von Roswitha glauben, in der Nacht, in der ihre Tochter ermordet wurde, gehört zu haben, dass jemand im Haus oder davor herumgeschlichen ist. Als sie sich bemerkbar machten, ist der Unbekannte abgehauen. Dietrich vermutet jetzt, dass der
Einbrecher die Drahtschlinge absichtlich im Zimmer des Jungen deponiert hat.“
„Wobei sich dann sofort die Frage stellt, ob der Bruder diesen Unbekannten kannte, was, wenn wir es bejahen, der Grund dafür gewesen sein kann, dass dieser Unbekannte oder jemand aus seinem Dunstkreis den Bruder auf der Wewelsburg aus dem Fenster gestoßen hat“, folgerte ich.
Die Gedanken schwirrten mir nur so durch den Kopf. „Gab es vielleicht Familienstreit bei Thieles oder so etwas Ähnliches?“, wollte ich wissen.
„Der Kommissar wusste nichts davon“, antwortete Dieter. „Aber er will sich darum kümmern. Auch die von dir gewünschte Liste will er morgen fertig stellen. Das hat er mir noch einmal versprochen.“
Alle diese Erkenntnisse seien schön und gut, meinte ich nach längerer Überlegung. „Aber kannst du mir verraten, was wir damit zu tun haben oder warum wir deswegen in Stacheldraht eingewickelt werden sollten?“
„Das kann Zufall sein. Vielleicht war der Draht nicht für uns bestimmt und außerdem haben wir insofern etwas damit zu tun, als ich jetzt wissen will, warum Franz Schlingenhagen sich selbst getötet hat. Er hatte doch keinen plausiblen Grund dafür.“
Mir gefiel die Situation nicht. Es gab so viele Fragen und so wenige plausible Antworten. Ehe Dieter und ich uns versahen, verrannten wir uns dann doch noch in eine Diskussion, und es war schon weit nach Mitternacht, bevor wir mit vielen denkbaren Varianten und Kombinationen im Kopf
einschliefen.
Ich hatte mir weitere Notizzettel gemacht, die mir später vielleicht hilfreich sein konnten. Meine Zettelwirtschaft hatte schon mehrfach zur Lösung kniffliger Fälle beigetragen. Wenn es diesmal wieder ein Verbrechen gegeben haben sollte, würde ich es bestimmt lösen.
Und wenn es kein Verbrechen war, dem ich hinterherjagte, so hatte ich dennoch eine Aufgabe: Ich wollte das Schwein finden, das uns den Weg versperrt hatte.
Liste ohne Wert
Bauern
Kneipenbummel
Liste ohne Wert
Trotz der nur kurzen Nachtruhe brachen wir am nächsten Morgen frühzeitig auf. Mein Fahrrad stand schon
funktionsbereit vor unserem Hotel, als wir gefrühstückt hatten.
„Wie fühlst du dich?“, hatte Dieter fürsorglich gefragt und ich konnte ihn beruhigen.
Es sei alles in Ordnung, hatte ich ihm versichert. Schnell Richtung Heimat!, das war die Devise, die ich ausgegeben hatte und die mein Freund uneingeschränkt unterstützte.
„In den Armen unserer Liebsten sind wir halt immer noch am besten aufgehoben“, sagte er sinnierend. „Da passiert wenigstens nichts Lebensgefährliches.“
Der Gedanke an Sabine machte mich vollends munter. Ich schlug ein sehr hohes Tempo ein, das Dieter bereitwillig mitfuhr. Wir bekamen herzlich wenig von der Ruhr und den Orten, die wir durchführen, zu sehen.
Wenn wir uns selbst gegenüber ehrlich sein wollten, mussten wir eingestehen, dass wir uns unsere Kaiser-Route anders vorgestellt hatten.
Nicht, wegen der überraschenden und tragischen Zwischenfälle, sondern vielmehr wegen unserer Art der Durchführung. Offenbar waren Dieter und ich nicht dafür geboren, auf uns allein gestellt ohne unsere Frauen tagelang unterwegs zu sein. So eine mehrtägige Etappenfahrt war doch etwas anderes als mehrere ganztägige Touren von Aachen aus in die Region, in die Eifel, ins Hohe Venn, in die limburgische Schweiz oder in den flacheren Norden.
Aber diese Erfahrung mussten wir auch einmal machen, trösteten wir uns.
Immer die Ruhr entlang, an Herbede und Hattingen vorbei, fuhren wir bis Heisingen, wo der Fluss sich zum Baldeneysee vergrößerte. Die rund zwölf Kilometer lange Fahrt um den See schenkten wir
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