Mörderische Kaiser Route
sollte.
Der Kommissar wartete nicht allein in seinem Büro auf mich, einer seiner Kollegen saß bereits in der Besucherecke in der Nähe eines Fernsehgeräts.
„Sie sind doch der Vetter des AZ-Reporters?“, fragte ich den jungen Beamten, während ich ihm freundlich die Hand zur Begrüßung schüttelte. Der Mann verlor etwas von seiner Gesichtsfarbe.
„Damit ist dennoch nicht garantiert, dass morgen unsere Unterhaltung brühwarm in der AZ wiedergegeben wird“, fiel mir Böhnke bestimmend ins Wort, als sein Kollege verstört schwieg. Stumm schauten wir uns das Video an.
Böhnke ließ das Band zurücklaufen und startete den zweiten Durchlauf.
„Ich lasse noch eine Kopie machen, die ich nach Paderborn schicke“, sagte er. „Warum?“
„Die Kollegen sollen sich einmal um den rothaarigen Typen mit der Wulstlippe kümmern“, erklärte mir der Kommissar. „Nach den Bildern müsste er leicht zu identifizieren sein, wenn er in der Kartei verzeichnet ist.“ Mit dieser Antwort konnte ich mich nicht zufrieden geben.
„Warum interessiert Sie die Dicklippe?“, fragte ich und Böhnke lächelte.
„Weil er mit Schlingenhagen zusammen ist und ich mich für Schlingenhagen interessiere.“
Wieder fragte ich: „Warum?“
„Weil Schlingenhagen uns viele Antworten auf viele Fragen geben könnte. Immerhin gibt es ein Ermittlungsverfahren in Düren wegen eines Toten. Dazu möchte ich Schlingenhagen befragen.“ Böhnke gab sich entschlossen. „Das Früchtchen schnappe ich mir.“
Ich grinste vor mich hin. Meine abfälligen Äußerungen über Karl den Großen hatten offensichtlich Wirkung gezeigt. Oder wusste der Kommissar etwa mehr als ich? Ich musterte ihn kritisch, doch er blickte ungerührt auf den Bildschirm. Mehrmals stoppte Böhnke den Film, vergrößerte das Bild, bis er einzelne Köpfe herausgezogen hatte. Für einige Momente beließ er die Köpfe als Standbilder, dann ließ er das Videoband weiterlaufen.
„Die Bilder kommen gleich als farbige Fotoabzüge aus dem Drucker“, erklärte Böhnke mir zufrieden. „Dank moderner Technik ist das heutzutage alles möglich.“ Diese Bilder werde er an die Kollegen in Düren und Paderborn schicken. „Vielleicht kennen die den einen oder anderen.“
Wir diskutierten noch über den Film, als das Telefon klingelte. Böhnkes Assistent nahm ab und reichte den Hörer nach kurzer Zeit kopfschüttelnd an mich weiter. Erstaunt meldete ich mich und vernahm die Stimme von Bahn, der sich aufgeregt meldete. Er müsse unbedingt mit mir sprechen, sagte er hastig und hätte über die Kanzlei die Nummer der Polizei erhalten.
Dann musste es wirklich dringend sein, sonst hätte Sabine nicht so großmütig gehandelt.
„Was gibt’s denn?“, fragte ich ruhig, während Bahn immer noch heftig schnaufte.
„Ich bin auf eine merkwürdige Sache gestoßen“, antwortete der Redakteur aufgeregt. „Ich habe mir natürlich noch einmal das Video angesehen und dabei einen Typen aus Düren entdeckt, den ich vom Aussehen her kenne. Ich habe recherchiert und den Namen herausbekommen. Und wissen Sie was?“ Bahn konnte einen gewissen Stolz nur schwer verheimlichen. „Der Name befindet sich auf der Liste, die Sie von der Wewelsburg haben. Das ist einer der Teilnehmer aus Düren an dem Treffen oder was es dort gegeben hat.“
„Wie heißt er?“
„Anton Köhnen aus Derichsweiler.“
„Haben Sie schon mit dem Mann gesprochen?“, fragte ich interessiert. Die Information hörte sich durchaus Erfolg versprechend an.
„Hätte ich gerne getan, aber Köhnen ist nicht zu Hause“, antwortete Bahn bedauernd. „Wie mir seine Eltern erzählt haben, ist er seit ein paar Tagen bei Freunden in der Nähe von Paderborn zu Besuch.“
Ich wollte gar nicht wissen, woher Bahn sein Wissen hatte, für mich kam es auf das Ergebnis an und das konnte sich sehen lassen. Wahrscheinlich hatte Bahn ebenso seine privaten Beziehungen zur Polizei wie unsereins auch. Immerhin war er Journalist und hatte, wie Böhnke einmal voller Bewunderung berichtet hatte, schon mehrere Mordfälle in Düren in Zusammenarbeit mit Kommissar Küpper aufgeklärt.
Böhnke reagierte unverzüglich, nachdem ich ihn informiert hatte. Er rief sofort bei der Kripo in Düren und anschließend seine Kollegen in Paderborn an und bat sie, gemeinsam mit ihm nach Anton Köhnen aus Düren-Derichsweiler zu fahnden.
Meinhard Lüttgen
Die Zusammenarbeit der Ermittlungsbehörden funktionierte reibungslos und führte schnell zu einem Ergebnis, das
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