Moerderische Kuesse
arbeitete.
Wenigstens brauchte sie nicht viel zu reden. Swain war der Chef; sie spielte den Assistenten. Sie konnte ihre Stimme tief klingen lassen, aber das war zu anstrengend, als dass sie es lange durchhalten konnte. Um ihre Stimme heiserer klingen zu lassen, falls sie doch etwas sagen musste, hatte sie so lange gehüstelt, bis ihre Kehle künstlich gereizt war.
Swain fand, wie konnte es anders sein, die heisere Stimme höchst sexy. Allmählich glaubte sie, dass er es sexy finden würde, wenn sie nur nieste. Fast hatte sie den Verdacht, dass er sie angelogen hatte, als sie ihn nach seinem Alter gefragt hatte.
Vielleicht war er in Wirklichkeit ein früh ergrauter Zweiundzwanzigjähriger, so oft hatte er sie in den letzten zehn Tagen geliebt. Nicht dass ihr sein Interesse nicht geschmeichelt hätte; im Gegenteil, sie saugte seine Aufmerksamkeit auf wie eine welke Blume den Regen.
Trotzdem war es nicht so, dass sie die Tage ausschließlich wie rammelnde Karnickel zugebracht hatten. Entweder hatte Swain ein ausgesprochenes Talent, in jeder Stadt die übelsten Gestalten aufzuspüren, oder er hatte ein paar äußerst fragwürdige Bekannte. Während Lily – immer verkleidet – die benötigten Requisiten auftrieb, einen passenden Lieferwagen beschaffte und zwei Magnetschilder anfertigen ließ, die Visitenkarten sowie höchst offiziell wirkende Formulare mit technischen Checklisten und dem »SSC«‐Logo drucken ließ und Klemmbretter, Werkzeuge, Overalls und Arbeitsstiefel kaufte, hatte sich Swain mit einigen reichlich anrüchigen Figuren zusammengetan, um die benötigten Zünder zu besorgen.
Ursprünglich
hatte
er
die
Fernzündung
selbst
zusammenbauen wollen, die sich, wie er behauptet hatte, aus jedem beliebigen Spielzeugfernbedienungssatz herstellen ließ, ganz egal, ob er nun ein Auto oder Flugzeug lenkte, aber dann hatte er doch beschlossen, dass ein gekauftes Gerät professioneller wirkte, und widerwillig das nötige Geld rausgerückt, nur um anschließend tagelang über den verlangten Wucherpreis zu meckern.
Danach hatte er anhand der Grundrisse errechnet, wo die Sprengladungen zu platzieren waren und wie stark sie sein mussten. Vom mathematischen Standpunkt aus hatte Lily ein Sprengstoffattentat noch nie betrachtet, auch wenn sie mitbekommen hatte, dass Averill besonders stolz darauf gewesen war, eine Sprengladung auf das absolut notwendige Minimum berechnen zu können. Swain hatte ihr alle Faktoren erläutert und endlose Zahlenkolonnen abgespult, als müsste die jedes Kind wissen: soundso viel Semtex würde diesen und jenen Schaden anrichten. Er verwendete abwechselnd die Begriffe Plastik und Semtex, musste aber auf ihre Nachfrage hin eingestehen, dass sie nicht genau identisch waren. Der C‐4‐Plastiksprengstoff und Semtex gehörten zwar zur gleichen Gruppe von Sprengstoffen, aber Plastik war der allgemeinere Begriff und, da er sämtliche Arten von Sprengstoff einschloss, ungenauer. Lily konnte Schludereien nicht ausstehen; ihr Leben hatte zu oft davon abgehangen, dass alle Details stimmten, darum beharrte sie darauf, dass er Semtex sagte, wenn er Semtex meinte. Er hatte die Augen verdreht, sich aber daran gehalten.
Stundenlang hatte er mit ihr geübt, wo und wie sie eine Sprengladung anbringen und den Zünder montieren musste.
Der Zünder war kein Problem, aber Swain legte größten Wert darauf, dass die Ladungen genau platziert wurden. Er hatte alle Stellen durchnummeriert und auf jeder Sprengladung einen Aufkleber mit der entsprechenden Nummer angebracht.
Dann hatten sie die Liste auswendig gelernt, bis sie auf Kommando jede Nummer und die entsprechende Stelle runterrasseln konnten, und sich die Grundrisse eingeprägt, bevor sie zu guter Letzt aufs Land gefahren waren, wo er auf einem freien Feld die entsprechenden Distanzen abgesteckt hatte, damit sie ein Gefühl für die Größe der Anlage bekamen und besser einschätzen konnten, wie lange sie zum Anbringen der Sprengsätze brauchen würden.
Von Vorteil war, dass sie einen glaubwürdigen Vorwand für ihre Anwesenheit hatten. Nachteilig war, dass es mehrere Stunden dauern konnte, bis sie alle Sprengladungen angebracht hatten. Der Zeitrahmen hing allein davon ab, was sie bei ihrem Besuch im Labor entdecken würden. Je länger sie sich dort aufhalten mussten, desto wahrscheinlicher war es, dass sie auffliegen würden. Swain war kaum gefährdet; Lily dagegen sehr, vor allem, wenn aus irgendeinem Grund Rodrigo auftauchen sollte. Damone würde
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