Moerderische Kuesse
knapp. »Ich denke, das genügt. Wenn die Herrschaften uns jetzt entschuldigen würden. Ich würde gern die Punkte überprüfen, die ich mit Charles besprochen habe, und dann werden wir kurz durchs Haus schleichen, um unsere Päckchen zu verstecken. Alles in allem dauert das wahrscheinlich … eine gute Stunde. Danach werden wir Ihre Angestellten hochscheuchen und sie hoffentlich so weit beeindrucken, dass sie in Zukunft wachsamer sein werden, und zum Abschluss kommt dann noch der Probealarm.«
»Natürlich«, sagte Damone mit einer sehr französischen kleinen Verbeugung. »Ich danke Ihnen beiden für Ihr Kommen.
Wenn Sie gestatten, werde ich mich jetzt verabschieden. Dr.
Giordano weiß weitaus mehr über diese Anlage als ich, und er kann Ihnen auch über alle Forschungsprojekte Auskunft geben, die hier vorgenommen werden. Es war mir ein Vergnügen, Sie kennen zu lernen.« Er gab Swain die Hand und streckte sie anschließend Lily entgegen, der nichts anderes übrig blieb, als sie zu ergreifen. Sie versuchte, seine Hand so fest wie möglich zu drücken, schüttelte sie kurz und ließ sie gleich wieder los, um die Finger in die Overalltaschen zu schieben.
Damone bedachte sie mit einem nachdenklichen, nicht zu deutenden Blick, sagte aber nichts und verschwand. Sobald er weg war, entspannte sich etwas in ihr. Er war nur höflich gewesen, trotzdem hatte sie allzu oft seinen bohrenden Blick bemerkt, so als spüre er, dass etwas mit ihr nicht stimmte, ohne dass er genau sagen konnte, was es war.
Nachdem Damone gegangen war, kehrten Lily und Swain zu ihrem Lieferwagen zurück und teilten die Sprengsätze untereinander auf. In ihren Unterlagen stand genau, wo welche Ladungen deponiert werden sollten. Swain hatte ihr gezeigt, wie die Zünder angebracht werden mussten; das war kinderleicht. Etwas kaputtzumachen war immer viel einfacher, als etwas aufzubauen.
»Wir haben es bald geschafft«, sagte Swain. »Alles okay? Im ersten Moment warst du fast am Anschlag.«
Er hatte also gemerkt, dass ihre Gefühle um ein Haar mit ihr durchgegangen wären. »Ja«, sagte sie. Ihre Augen waren trocken und ihre Hände ruhig. »Ich bin so weit.«
»Dann legen wir los. Ich würde dich ja küssen, aber deine Oberlippe ist mir zu haarig.«
»Dann werde ich allein deswegen den Schnurrbart heute Nacht im Bett dranlassen.«
In Anbetracht dessen, was sie vorhatten, war es ein merkwürdiges Gefühl, Witze zu reißen, aber irgendwie half es ihr, am Boden zu bleiben. Sie hoffte nur, dass sie heute Nacht noch beide am Leben und zusammen sein würden.
»Eine grässliche Vorstellung.« Er rollte die Schultern, als wären sie verspannt. Dann sahen seine blauen Augen sie todernst an. »Pass auf dich auf. Ich will nicht, dass dir was zustößt.«
»Du auch.«
Er sah kurz auf die Uhr. »Na, dann los. In einer Stunde will ich diese Dinger gepflanzt haben.«
Sie kehrten ins Gebäude zurück und schlugen dort nach einem letzten Abschiedsblick verschiedene Richtungen ein.
Keiner von beiden drehte sich noch einmal um.
31
Da Swain auf der Grundrisszeichnung alle Räume durchnummeriert und die Sprengladungen entsprechend gekennzeichnet hatte, wusste Lily genau, welche Ladung wohin gehörte. Er hatte ihr gezeigt, wie sie angebracht werden mussten, damit sie möglichst wirksam und gleichzeitig so unauffällig waren, dass sie unentdeckt blieben, bis alle Gebäude evakuiert waren.
Es ist fast geschafft. Der Gedanke hielt sie aufrecht, während sie durch die Gänge des Gebäudekomplexes eilte, ohne dass sie sich
besonders
bemüht
hätte,
möglichst
wenig
Aufmerksamkeit zu erregen. Fast niemand achtete auf sie, und niemand erkundigte sich danach, was sie hier tat. Es war so, als hätte sie durch ihre bloße Anwesenheit in dem Laborkomplex bewiesen, dass sie rechtmäßig hier war. Die Nervis und Dr.
Giordano hatten nach dem ersten Anschlag die äußeren Sicherheitsmaßnahmen deutlich verstärkt, aber für ihre Angestellten schien sich nichts geändert zu haben. Außerdem war am Wochenende nur ein kleiner Teil der Belegschaft da.
Und wer samstags arbeitete, war entweder so ehrgeizig, dass er nur Augen für seine Arbeit hatte, oder müde und schlecht gelaunt, weil er arbeiten musste, während alle anderen freihatten. Und schließlich war es kurz vor Feierabend, weswegen viele der Anwesenden nur die Zeit totschlugen.
Bald ist es geschafft. Vier lange Monate hatte sie nur ein einziges Ziel vor Augen gehabt: Vergeltung. Doch dann hatte sich etwas
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