Moerderische Kuesse
er: »Und wie genau haben Sie es geschafft, sie zu verlieren?«
»Sie wurde von dem Augenblick an beschattet, in dem sie aus dem Flugzeug stieg«, antwortete die britische Stimme am Telefon. »Dann verschwand sie in einer Toilette und tauchte nicht wieder auf.«
»Haben Sie jemanden reingeschickt, um nach ihr zu sehen?«
»Nach einiger Zeit.«
»Nach wie viel Zeit genau?«
»Bis meine Männer wirklich Verdacht schöpften, vergingen vielleicht zwanzig Minuten, Sir. Dann mussten sie warten, bis eine Kollegin zugegen war, die die Damentoilette durchsuchen konnte.«
Rodrigo schloss die Augen und zwang sich zur Ruhe. Diese Kretins! Bestimmt hatten sich die Dumpfbacken, die Denise beschattet hatten, ablenken lassen, sodass sie unbemerkt aus der Toilette kommen konnte. Es gab dort keinen anderen Ausgang, keine Fenster, keine Müllschlucker oder sonst irgendwas. Sie konnte nur durch die Tür herausgekommen sein, durch die sie hineingegangen war, und trotzdem hatten diese Idioten sie übersehen.
Die Sache war nicht wirklich entscheidend, trotzdem fand er ein derart inkompetentes Verhalten ärgerlich. Bis er alle gewünschten Informationen über Denises Vergangenheit erhalten hatte, wollte er genau wissen, wo sie steckte und was sie tat. Eigentlich hätte er die angeforderten Informationen schon gestern bekommen sollen, aber die Bürokratie erwies sich wie üblich als träge und unfähig.
»Eines ist merkwürdig, Sir.«
»Und das wäre?«
»Sobald meine Männer sie verloren hatten, fragte ich bei der Fluglinie nach, aber dort war ihr Name unbekannt.«
Rodrigo setzte sich auf. Seine Brauen zogen sich blitzschnell zusammen. »Was soll das heißen?«
»Das heißt, dass sie wie vom Erdboden verschluckt ist.
Als ich die Passagierliste des ankommenden Fluges durchging, war dort keine Denise Morel aufgeführt. Wir sahen sie aus dem Flugzeug kommen, aber seither ist sie unauffindbar. Die einzig mögliche Erklärung wäre, dass sie einen Anschlussflug genommen hat, aber auch darüber haben wir keine Unterlagen.«
Die Alarmglocken in Rodrigos Kopf schrillten so laut, dass er Mühe hatte, den Anrufer zu verstehen. Ihn schauderte, wie ein Blitz durchzuckte ihn ein schrecklicher Verdacht.
»Überprüfen Sie die Daten noch mal, Mr. Murray. Sie muss ein anderes Flugzeug genommen haben.«
»Ich habe die Passagierlisten bereits mehrfach überprüft, Sir.
Nirgendwo ist eine Denise Morel verzeichnet, die in London angekommen oder abgeflogen wäre. Und ich bin sehr gründlich vorgegangen.«
»Danke«, sagte Rodrigo knapp und legte auf. Er war so aufgebracht, dass ihm unter der Wucht seiner Gefühle fast schwindlig wurde. Die kleine Schlampe hatte ihn nach Strich und Faden verarscht!
Nur um ganz sicherzugehen, rief er seinen Kontaktmann im Ministerium an. »Ich brauche die Informationen jetzt gleich«, raunzte er, ohne seinen Namen oder die gewünschte Information zu nennen. Das war auch nicht nötig.
»Ja, natürlich, nur gibt es da ein Problem.«
»Sie wissen nicht, ob diese Denise Morel überhaupt existiert?«, fragte Rodrigo sarkastisch.
»Woher wissen Sie das? Ich bin sicher, dass ich –«
»Sparen Sie sich die Mühe. Sie werden sie nicht finden.«
Rodrigo sah seine schlimmsten Befürchtungen bestätigt. Er knallte den Hörer auf den Apparat und versuchte, hinter seinem Schreibtisch sitzend, den Hass zu bezähmen, der ihn erfasste. Er musste klar denken, aber das war im Moment eindeutig zu viel verlangt.
Sie hatte seinen Vater vergiftet. Wie geschickt von ihr, das Gift ebenfalls zu nehmen, wenn auch nur so wenig, dass sie zwar einige Tage leiden, aber letztendlich überleben würde.
Eventuell hatte sie auch gar nicht vorgehabt, von dem Wein zu probieren, aber sein Vater hatte so lange insistiert, bis sie versehentlich einen größeren Schluck als beabsichtigt genommen hatte. Wie sich die Sache genau abgespielt hatte, tat nichts zur Sache; letzten Endes zählte nur, dass es ihr gelungen war, seinen Vater zu ermorden.
Er konnte nicht fassen, wie geschickt sie ihn und alle seine Leute an der Nase herumgeführt hatte. Ihre Papiere waren, soweit er das beurteilen konnte, perfekt gewesen. Jetzt, wo es zu spät war, durchschaute er ihr Spiel glasklar. Seinen Vater hatte sie eingelullt, indem sie sich seinen Avancen gegenüber gleichgültig gezeigt hatte, bis er unvorsichtig geworden war, und auch Rodrigo selbst hatte sich erlaubt, seine Wachsamkeit erlahmen zu lassen, nachdem die ersten Treffen zwischen Salvatore und ihr
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